Winternacht
»Mit mir?«
»Ja, mit dir. Ich glaube, das könnte mir gefallen. Du von Kopf bis Fuß gekleidet in knallenges PVC und mit diesem ach so angstvollen Gesichtsausdruck …« Lannan grinste mich an. Dieser Mistkerl. Er gab alles, um mir heimzuzahlen, was immer ich in seinen Augen an mangelndem Respekt an den Tag gelegt hatte.
Mir lief ein Schauer den Rücken herab. »Ach, ich glaube, wir denken uns lieber etwas anderes aus.«
»Falls ich mich dafür entscheiden würde, wärst du verpflichtet, mit mir zu gehen. Dein Vertrag gehört mir.« Mit leuchtenden Augen lehnte er sich zurück. Katz und Maus. Natürlich war ich die Maus. »Fragt sich, ob du als Schauspielerin gut genug wärst, um den Part überzeugend zu bringen. Nun, ich könnte dich natürlich unter einen Bann stellen …« Seine Stimme glitt um seine Worte, und ich taumelte unwillkürlich zurück.
»Nein!« Ich konnte spüren, wie Grieve zu kochen begann. Panisch suchte ich nach einer Möglichkeit, die Situation zu entschärfen. Beide Männer unter einem Dach zu haben bedeutete, dass wir auf einem Pulverfass saßen.
Doch Lannan schlug sich auf den Oberschenkel und begann zu lachen. Ich wusste nicht, was mich mehr irritierte: sein plötzlicher Heiterkeitsausbruch oder die Anzüglichkeiten zuvor. »Nein? Oje. Aber ich dachte mir schon, dass deine Antwort so lauten würde. Dabei war es so amüsant, dein Gesicht zu beobachten. Aber gut, wir werden es anders angehen müssen. Trotzdem werdet ihr alle morgen mit mir in Geoffreys Villa umziehen – denn sie gehört jetzt mir. Und das ist ein Befehl!«
»Bist du verrückt?« Kaylin sprang auf die Füße. »Hier sind wir sicher!«
»Ach ja? Wer ist denn heute Morgen fast von Tagesboten mit bösen, bösen Handgranaten in die Luft gejagt worden, hm? Nein, ihr könntet nirgendwo sicherer sein als auf einem Anwesen voller Vampire.«
Ich wollte protestieren, aber er hatte nicht unrecht. Sein Argument war gut, und sich zu zanken sinnlos. Ich wandte mich an die anderen. »Es gefällt mir nicht, aber es ist wahrscheinlich wirklich das Beste. Dennoch müssen wir das auf übermorgen verschieben. Morgen gehen wir in den Wald.« Ich straffte meine Schultern. Vielleicht mussten wir uns anschließend nicht mehr ausschließlich auf Lannan verlassen. Wenn wir den Herzstein fanden, konnte Lainule sich erholen und uns wieder beistehen.
Lannan hielt meinen Blick fest, dann neigte er den Kopf. »Wie du willst. Aber ihr werdet definitiv bei mir einziehen. Ihr alle, selbst dein räudiger Köter von Freund.«
Grieve verschränkte die Arme. »Altos, ich warne dich. Cicely gehört zu mir. Ich kämpfe gegen meine Natur an, aber wenn du mich weiterhin provozierst, dann lasse ich den Schattenjäger in mir heraus. Bisher habe ich mich zurückgehalten, aber jetzt wirst du mir zuhören. Ich kann nicht verhindern, dass du sie quälst – noch nicht –, aber wenn du ihr Gewalt antust, dann lasse ich mir dein Herz zum Frühstück servieren.«
Lannans Nasenflügel blähten sich, und einen Moment lang glaubte ich, dass er in Gelächter ausbrechen würde, aber stattdessen verhärtete seine Miene sich. »Verwundet, gebrochen, und doch forderst du mich heraus. Wie edel von dir. Und wie gefährlich für dich.«
»Gebrochen vielleicht, aber ich bin immer noch in der Lage, zu kämpfen und zu töten, und mehr als willig, beides zu tun, falls sich die Notwendigkeit ergibt. Du weißt, was ich bin – und wenn ich dem Wesen in mir nachgebe, hast du keine Chance! Glaub mir, Altos, du bist derjenige, der hier in Gefahr ist. Ich habe mich bisher im Hintergrund gehalten, da mir bewusst ist, wie leicht ich in einen Rausch der Gewalt geraten kann. Aber wenn du eine der Frauen hier nur einmal berührst, obwohl sie Nein sagen, dann reiße ich dir dein Herz heraus, und das mit Wonne!«
Ich starrte Grieve an, während mein Puls an Tempo zunahm. Er schien größer als sonst, stärker, und ich hatte das Gefühl, als würde sich etwas in ihm verändern. Nun wandte er sich zu mir und streckte den Arm aus, und ich drückte flüchtig seine Hand.
»Geliebter, wir müssen zusammenhalten.« Ich wandte mich an Lannan. »Es ist schlimm genug, dass wir gegen Myst kämpfen müssen, aber unsere internen Streitigkeiten bringen uns schneller um, als sie es je schaffen könnte. Du weißt, dass ich Grieve liebe. Du weißt, dass du mich niemals haben kannst, ohne Zwang anzuwenden. Und dennoch kannst du es nicht lassen, uns bis aufs Blut zu reizen.« Ich war so müde, zu
Weitere Kostenlose Bücher