Winternacht
leistete, würde man ihn unter offenem Himmel kreuzigen, wo er dann bei Tagesanbruch wie ein Fisch gegrillt und mit einer Harpune gepfählt werden würde.« Lannan schnaubte, und die kalte Freude in seiner Stimme fuhr mir wie Frost in die Knochen.
Du tust gut daran, nicht zu vergessen, dass Lannan nicht dein Freund sein kann. Er mag ein Verbündeter sein, aber denk immer daran, wen du vor dir hast: einen Vampir, ein Raubwesen, das schon älter ist als europäische Burgen und das niemals bereut, was es tut oder je getan hat.
Uleans Worte durchdrangen mich wie das Klingeln einer silbernen Glocke: hell, klar, alarmierend. Lannan war mehr als ein skrupelloser Hedonist. Nun, da er auch noch vertragliche Macht über mich hatte, musste ich meine Karten unbedingt richtig ausspielen.
»Ich nehme an, dass einer seiner loyalen Gefolgsleute etwas gehört hat, denn als Regina zu seiner Villa kam, war er weg, und mit ihm Leo und ein paar seiner Wachleute.« Lannan zuckte mit den Achseln. »Das alles ist in den vergangenen zwei Tagen passiert.«
»Und dann die Tagesboten, die wir heute Morgen getötet haben …«
»Sie waren wahrscheinlich Geoffrey und Leo treu ergeben. Die zwei verstecken sich irgendwo und haben die Boten von dort geschickt.« Lannan legte den Kopf schief. Um seine Lippen spielte ein wissendes Lächeln. »Was bedeutet … ach, komm schon, Cicely. Du weißt es auch.«
O ja, ich wusste, worauf er anspielte. »Was bedeutet, dass der eine, den wir in dem separaten Raum gefangen halten, uns zu den beiden führen kann.«
»Das ist mein Mädchen!« Lannan stand auf und verschränkte die Arme. »Unser Plan ist simpel. Wir schnappen sie uns, bevor sie uns überfallen. Geoffrey ist im Karmesin-Hof nicht länger willkommen. Niemand wird mit der Wimper zucken, wenn ein gewisser Kriegsherr von der Erdoberfläche verschwindet. Und glaubt mir – wir sollten ihm unbedingt zuvorkommen, denn er wird versuchen, uns zu vernichten. Er könnte nur noch hoffen, Mysts Leute für seine Zwecke einzuspannen, aber daraus wird nichts, solange sie am Steuer steht. Falls er deiner habhaft wird und dich verwandelt, wie er es ursprünglich geplant hat, wirst du den Platz deiner ehemaligen Mutter einnehmen. Doch dieses Mal will er die Kontrolle behalten.«
Ich schauderte. »Ich schlitze mir lieber selbst die Pulsadern auf, bevor ich das zulasse.«
»Ja, aber Geoffrey ist gerissen und hochintelligent, täusch dich nicht in ihm. Du kannst ihm nicht die Stirn bieten. Und solltest du vom Gegenteil überzeugt sein … Cicely, mir ist klar, dass du mich für einen grausamen und tödlichen Liebhaber hältst, aber lass dir sagen, dass Geoffrey eigene kleine Perversionen pflegt. Ich habe ihm hin und wieder welche aus meinem Harem geliehen, bis mir auffiel, dass sie traumatisiert und teilweise verstümmelt zurückkamen.«
Ich blinzelte. Dass Lannan jemanden pervers nennen konnte, war in Anbetracht seiner eigenen Vorlieben ein furchterregender Gedanke. »Wir müssen unbedingt mit Erik sprechen, bevor Geoffrey begreift, dass wir die anderen getötet haben.«
»Da es bereits dunkel ist, kann ich dir garantieren, dass sie es schon begriffen haben.« Doch Lannan bedeutete uns, den Mann zu holen.
Grieve und Chatter erhoben sich ohne ein weiteres Wort, brachten den Gefangenen in ihrer Mitte herein und stießen ihn nicht gerade sanft auf einen Stuhl. Chatter warf Grieve einen Blick zu, und dieser nickte, trat einen Schritt zurück und verwandelte sich in seine Wolfsgestalt. Knurrend und mit gefletschten Zähnen stellte er sich vor Erik. Chatter nahm dem Tagesboten die Augenbinde ab.
Ich sog tief und kontrolliert die Luft ein. Hier wurden keine Mätzchen mehr gemacht. Da Geoffrey und Leo uns offenbar an den Kragen wollten, konnten wir uns nicht mehr leisten, nett zu sein.
»Wir wissen, was mit Geoffrey passiert ist. Wir wissen, dass er und Leo auf sich allein gestellt sind, und wir wissen auch, warum ihr mich und Rhiannon entführen solltet. Du hast jetzt die Chance, dich hier gut zu positionieren. Du hast die Chance, am Leben zu bleiben.« Zwar war ich mir nicht sicher, dass ich ihm das versprechen konnte, aber wir mussten ihn zum Reden bringen.
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin doch nicht blöd. Ich weiß, dass ich hier nicht mehr lebend rauskomme. Selbst wenn ich mich auf eure Seite schlagen würde, könntet ihr mir doch niemals vertrauen. Oder, Rio?« Er wandte sich Rhiannon zu, die erbleichte.
»Ich weiß nicht. Du warst Leos Freund. Er ist
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