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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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jetzt Vampir, und wenn du ihn fragst, kann er dir weit mehr helfen, als er es vorher gekonnt hätte. Aber dennoch … du hast nie Interesse daran gehabt, Vampir zu sein, oder?«
    Lannan scheuchte sie mit einer ungeduldigen Geste weg. »Beweg dich. Ich kümmere mich darum.«
    Ohne ein weiteres Wort wich Rhiannon zurück. Lannan ging auf ein Knie und sah Erik eine lange Weile einfach nur an. Erik versuchte wegzusehen, aber Chatter trat hinter ihn und hielt seinen Kopf fest. Ich spürte, wie Lannans Aura sich auf den Mann ausdehnte. Er konnte Erik seinen Willen aufzwingen und hatte keinerlei Skrupel, das auch zu tun.
    »Rede mit mir, Erik. Du wirst mir die Wahrheit sagen. Du kannst mich gar nicht anlügen, und wenn du es versuchst, lasse ich dich so langsam und schmerzhaft ausbluten, dass du um den Tod bettelst.« Lannans Stimme waberte durch die Halle, und unwillkürlich hob ich die Hand an die Kehle. »Hast du mich verstanden?«
    Mein Wolf schauderte. Ich sah zu Grieve, der mich – noch immer in Wolfsgestalt – beobachtete. Seine Augen glitzerten, und ich wusste, dass er spürte, wie ich auf Lannans Befehl reagierte.
    Eriks Lider flatterten, und man sah förmlich, wie sehr er im Inneren gegen Lannan kämpfte. Ich kannte den Blick; an diesem Punkt war ich selbst schon gewesen.
    Doch schließlich musste er aufgeben. »Ich habe verstanden«, krächzte er.
    Lannan lachte, sah zu mir hinüber und leckte sich die Lippen. Ich spürte, wie sich etwas um meine Beine wand und aufwärtsschlängelte, und ich kämpfte darum, nicht die Beherrschung zu verlieren. Grieve sollte unter keinen Umständen sehen, was Lannan mit mir machen konnte. Ja, er wusste es, aber man musste es ihm ja nicht noch so deutlich unter die Nase reiben.
    »Sehr schön, mein kleines Vögelchen.« Lannan wandte Erik wieder die volle Aufmerksamkeit zu. »Dann sag mir doch, Erik – und vergiss nicht: keine Lügen! –, wo sich Geoffrey und Leo verstecken.« Seine Finger strichen über Eriks Kinn.
    Schaudernd und mit widerwilliger Miene stammelte Erik seine Antwort hervor. »In den Kellern des Inley.«
    Lannan stutzte. Und runzelte die Stirn. »Hat Icarus es ihnen erlaubt?«
    Erik nickte. »Ja. Zu einem Preis. Geoffrey muss ihm frische Bluthuren bringen. Zehn über das kommende Jahr verteilt.«
    Nickend richtete sich der Vampir wieder auf. Er bedachte Erik mit einem nachdenklichen Blick, und ohne Vorwarnung drehte er den Kopf des Mannes mit einem Ruck zur Seite. Wir hörten ein scheußliches Knacken, und Erik sackte zusammen. Ich sah entsetzt hin, während Rhiannon sich mit einem erstickten Schrei abwandte. Grieve verwandelte sich zurück.
    Aber Rex nickte. »Du hast getan, was notwendig war.«
    »Ich brauche deine Zustimmung nicht, Werpuma, aber – ja, das habe ich.« Lannan sah zu mir, doch in seinen Augen lag nichts Sinnliches mehr, sondern nur noch distanzierte Entschlossenheit. »Er hat Geoffrey verraten. Er hätte auch uns verraten.«
    Und damit hatte er leider recht. Wir hätten Erik niemals trauen können, uns nicht an die Vampire zu verkaufen. Ich zwang mich, das Schreckliche der Situation zu verdrängen, um mich nicht lähmen zu lassen, und konzentrierte mich auf das, was er uns gesagt hatte.
    »Wo oder was ist Inley? Und wer ist Icarus?«
    Lannan wischte sich die Hände an einem Taschentuch ab und drehte sich um. Erik war bereits vergessen. »Inley ist ein unterirdischer Club für Vampire und andere Blutsauger. Icarus heißt der Vampir, der den Laden führt. Übrigens kein Ort, den man ohne Eskorte betritt, wenn man noch atmet.« Er neigte den Kopf zur Seite. »Dass Icarus Geoffrey versteckt, überrascht mich eigentlich nicht. Er hatte immer schon einen Hang zur Rebellion.«
    »Du bist doch jetzt Regent. Kannst du nicht verlangen, dass er Geoffrey ausliefert?« Peyton ließ uns alle stutzen. Sie sprach den Vampir nur selten an; sie machte keinen Hehl daraus, dass sie seine Rasse nicht ausstehen konnte.
    Lannan betrachtete sie aufmerksam. »Gutes Argument. Ein schlaues Weibchen, aber nicht bewandert in vampirischer Politik. Glaub mir, wenn ich dort reinmarschiere und verlange, mir den ehemaligen Regenten zu überlassen, dann ist es, als hätte es Geoffrey niemals gegeben. Nirgendwo würde auch nur eine Spur von ihm zu finden sein. Nein, wir müssen das genau planen, zumal Icarus eigentlich nichts tut, was gegen das Urteil des Karmesin-Hofs verstößt. Schade, dass ich nicht verkleidet mit dir als Bluthure hingehen kann.«
    Mein Magen hob sich.

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