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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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um ihren Kopf auf.
    »Auf die Brust – der Stein muss auf ihrer Brust ruhen.« Ich wusste, was zu tun war, aber offenbar war ich nicht diejenige, die es tun konnte. Ich zog die Decke ein Stück herab, enthüllte Lainules perfekte, gebräunte Brüste und konnte sie nur wortlos anstarren. Selbst dem Tode so nahe war Lainule in ihrer Schönheit überirdisch.
    Langsam senkte Rhia den Herzstein auf Lainules Brust herab, und ein Grollen setzte in der Kammer ein. Die Musik wurde lauter, das Wummern der Trommeln wuchs. Instinktiv wollte ich mir die Ohren zuhalten, aber Rhia griff nach meinen Händen, und so standen wir Hand in Hand abwartend da. Das Grollen wurde ohrenbetäubend, doch die Musik zog mich in ihren Bann, und ich begann zu schweben.
    Der Stein leuchtete nun hell und immer heller, so dass ich Mühe hatte hinzusehen. Und doch erkannte ich, dass er … schmolz? Der Edelstein schien sich auf Lainules Haut zu verflüssigen und bildete eine smaragdgrüne Pfütze zwischen ihren Brüsten. Am liebsten hätte ich sie berührt, hätte in die grüne Essenz gefasst, aber so dumm war ich nicht. Ich klammerte mich an Rhias Hand, und stumm, sprachlos, sahen wir zu, wie die Flüssigkeit in Lainules Körper sickerte und einen roten Fleck hinterließ.
    Unter dem treibenden Rhythmus der Trommeln und trillerndem Flötenspiel flatterten Lainules Lider.
    Wrath stöhnte tief und sank auf die Knie. Er wirkte sowohl überglücklich als auch niedergeschmettert. Chatter und Grieve blickten leicht verwirrt, aber dann schaute Grieve zu mir auf und unsere Blicke trafen sich. Mein Wolf regte sich, aber diesmal hatte es nichts mit Lust zu tun, sondern mit dem Erkennen von etwas, das ich, wie ich spürte, hätte begreifen müssen, es aber nicht tat.
    Noch einen Moment, dann war der Herzstein ganz in Lainules Körper gedrungen. Ihre Augen waren offen, die Atmung wurde kräftiger, und plötzlich setzte sie sich auf. Mit ausdrucksvoller Miene wandte sie sich mir zu, dann sah sie Rhiannon.
    Und dann begannen Tränen über ihre Wangen zu laufen. »Danke, meine Kinder. Ich danke euch. Ihr beide seid meine Rettung und mein Untergang.« Und damit erhob sie sich leuchtend wie die aufgehende Sonne, und mir wurde bewusst, dass ich sie noch nie in ihrer ganzen Pracht gesehen hatte. Ich hatte sie erst kennengelernt, als Myst sie von ihrer Mitte getrennt hatte, von ihrem Inneren, dem Quell ihrer Macht.
    »Was meint Ihr damit – Euer Untergang?«, fragte ich.
    Lainule beugte sich lächelnd herab und küsste mich auf die Stirn. »Sorge dich jetzt nicht deswegen, Kind. Was sein wird, ist bereits in Gang gesetzt worden. Was war, verblasst. Wichtig ist nun, dass wir eine gewisse Kontrolle über die Situation haben. Jetzt kann ich zurückschlagen.« Sie sah zu Wrath, der an ihre Seite kam. »Mein Lord, es tut mir so leid …«
    »Still. Sag nichts mehr. Es ist alles vergessen.« Er zog sie in die Arme und küsste sie, und ich spürte die uralten Bande, die aus einer längst vergangenen Zeit stammten. »Ich werde mit dir gehen, wo immer die Reise dich hinführt. Das weißt du, Geliebte.« Er legte seinen Kopf an ihre Schulter.
    »Ich kann eine Plage sein, und meine Launen sind manchmal schwer zu ertragen, und doch bist du immer an meiner Seite gewesen.« Sie hielt seinen Kopf, und ihr Gesichtsausdruck war zärtlich, und ich hätte gern den Raum verlassen, um ihnen einen Moment zu zweit zu geben. Dies war intimer noch als Sex.
    »Und ich werde es auch immer und ewig sein.«
    Wieder küssten sie sich, dann wandte Lainule sich an mich. »Meine Stieftochter. Komm zu mir. Du und deine Cousine.«
    Mit Rhia an der Seite trat ich wieder vor. »Lainule. Ich bin unendlich froh, Euch wieder wohlauf und geheilt zu sehen.« Irgendetwas war anders an ihr, aber ich hätte nicht benennen können, was.
    »Geheilt? Nun, wahrscheinlich kann man das so ausdrücken. Kommt nun. Ich muss meine Armee aufstellen. Heute Nacht wird es ein Gemetzel geben: Ich spüre etwas in der Luft, und Myst steckt dahinter.« Sie hielt inne und betrachtete mich. »Was ist mit dir geschehen? Cicely … der Fächer …?«
    Ich senkte den Blick. »Wir standen Myst gegenüber. Ich habe einen Wirbelsturm herbeigerufen und … und bin der Sturm geworden.« Und erst in diesem Moment erkannte ich, dass es genau so geworden war. Ich war nicht vom Sturm vereinnahmt worden – ich war der Sturm gewesen . Ich hatte die Winde mit mir getragen, als ich auf Myst und ihre Schattenjäger zugeklettert war. »Ist das der

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