Winternacht
Art besaß, wie mich noch nie jemand besessen hatte.
Meine Brüste rieben sich bei jedem Stoß an ihm, und ich begann zu weinen. Die Welt war herz- und hoffnungslos, doch hier, in dieser kleinen Duschkabine, in dieser winzigen Blase aus Liebe und Leidenschaft, in der wir die einzigen Lebendigen waren, spürte ich die Macht, die wir gemeinsam erwecken konnten.
»Ich liebe dich. Mit meinem Herzen, meiner Seele und für immer und ewig«, flüsterte ich, weil ich dem Windschatten nicht traute. Wenn er meine Worte einfing, konnte er sie weit forttragen und zu jenen bringen, die das wenige an Glück, das uns zusammenzukratzen gelang, vernichten wollten.
»Cicely, du gehörst mir allein. Du bist meine Königin. Du bist mein Ein und Alles. Ohne dich gibt es kein Leben.« Er legte seine Lippen auf meine und vertrieb alle Worte aus meinen Gedanken, bis nur die Leidenschaft blieb.
Ich hatte mich gefragt, ob wir Lunas Schwester noch kennenlernen würden, bevor wir wieder gehen mussten, aber es sollte nicht sein. Wir waren ohne große Verzögerung unten angekommen, wo Wrath uns nur ansah und zum gläsernen Kästchen nickte, das auf dem Tisch stand. Ich näherte mich langsam. Darin glomm Lainules Herzstein mit einem trägen Pulsieren, und als ich das Kästchen in die Hand nahm, beschleunigte es sich.
Rhia und Chatter gesellten sich zu uns, und dem rosigen Schimmer ihrer Wangen entnahm ich, dass sie ein ähnliches Duscherlebnis gehabt hatten wie wir. Doch niemand von uns sagte etwas. Es blieb einfach nichts zu sagen, bis wir nicht wussten, wie es weitergehen würde.
Wrath führte uns hinaus aufs Grundstück, wo Peyton und Rex warteten. Sie fuhren uns zum Dovetail Lake – ein großer Teich oder kleiner See, je nachdem, wie man es sehen wollte. Auch hier blieben wir alle stumm. Zu vieles hing davon ab, was als Nächstes geschah. Wenn Lainule sich trotz allem nicht mehr erholte … Nein, ich wollte nicht einmal die Möglichkeit in Erwägung ziehen.
Peyton und Rex blieben im Auto sitzen. Da es helllichter Tag war, ging die Gefahr, von Schattenjägern überfallen zu werden, gegen null.
Ein Wächter hielt schon Ausschau nach uns. Wieso er wusste, dass wir kommen würden, erschloss sich mir nicht, aber es war deutlich, dass er uns erwartete. Wrath sah ihn fragend an.
»Meine Lady?«
»Lebt noch, mein Lord.«
Wrath nickte und führte uns dann durch den schimmernden Schleier. Die warme Luft war ein Genuss, doch ich erschrak, als ich die Blätter an den Bäumen sah. Nun bestand kein Zweifel mehr daran, dass sie sich verfärbten. Der Herbst hatte am Hof von Schilf und Aue Einzug gehalten, und mit Lainules Kräften welkte auch die Vegetation.
Wir folgten ihm durch das Gras zum königlichen Hügel. Erneut betraten wir Räumlichkeiten, in denen eine drückende Stille herrschte, erneut führte man uns in Lainules Schlafgemach. Voller Inbrunst schickte ich ein Gebet gen Himmel, dass wir Erfolg haben würden. Wer immer dort oben zuhören mochte.
»Geh zum Bett.« Wrath bedeutete den anderen zurückzubleiben, während ich das Treppchen zu Lainules Schlafstatt emporstieg. Sie lag totenstill da, doch ihre Lippen waren leicht geöffnet, und ich sah, dass ihre Brust sich schwach hob und senkte.
»Ich habe Euren Herzstein.« Ich beugte mich vor und reichte ihr das Kästchen, aber sie konnte die Arme nicht weit genug heben, um es zu nehmen. Ich sah mich hilfesuchend um, aber Wrath schwieg, und ich begriff, dass ich selbst herausfinden musste, was zu tun war.
Ich klappte den Deckel auf, und das Pulsieren des Steins erfüllte den Raum. Ich glaubte, eine Panflöte zu hören und in der Ferne das Wummern von Trommeln, und ein vager Duft von Äpfeln, Honig und süßem Wein zog an mir vorbei. Ich schloss die Augen, als die hellgrünen Strahlen des Steins mit dem Funkeln in der Luft und in den Wänden kollidierten und helles Sonnenlicht aus dem Nichts hervorbrach.
In der innigen Hoffnung, keinen Fehler zu machen, hob ich den Herzstein behutsam aus dem Kästchen. Er brannte auf meiner Haut, und ich schrie auf und hätte ihn fast fallen gelassen, als meine Haut sich rötete. Aus einem Instinkt heraus sah ich mich um.
»Rhia – komm und hilf mir.«
Flink kam Rhia zu mir herauf und setzte sich neben mich aufs Bett. Sie nahm mir den Herzstein aus der Hand und keuchte auf. Ihr Kopf fiel zurück, und sie stieß einen kehligen Laut der Ekstase aus. Ich starrte sie an. Ihre Haare sprangen wie Sprungfedern aus dem geflochtenen Zopf und bauschten sich
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