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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Grund, warum Ihr mich vor dem Fächer gewarnt habt? Warum Ihr Ulean befohlen habt, mich zu warnen?«
    Sie lächelte schwach. Mit ihrer wiedererlangten Kraft kehrte auch die Reserviertheit zurück. »Ja. Sobald der Fächer dich beherrscht, durchdringt und vereinnahmt dich sein Element. Nun gehörst du zur Luft, junge Fee. Sei froh, dass du eine Eulenwandlerin bist.«
    »Was wäre denn geschehen, wenn ich etwas als Waffe gehabt hätte, dessen Hauptelement die Erde ist?«
    »Dann wärst du für immer an den Boden gebunden gewesen, ohne je wieder fliegen zu können. In deiner Eulengestalt hättest du nur noch hüpfen können. Du hast Glück gehabt, denn jetzt wirst du besser fliegen können als je zuvor. Doch der Preis, den du zahlen musst, ist hoch. Allerdings hast du einen viel höheren Preis gezahlt, als du mich wiederhergestellt hast. Glaub nicht, dass ich das vergessen werde.«
    Ich hätte gern gefragt, von welchem Preis sie sprach, doch bevor ich es tun konnte, wandte sie sich an Rhiannon. »Durch eure Geburt ist dein Schicksal für immer mit Cicelys verwoben. Dein Leben wird sich bald verändern, und zwar so, wie du es dir niemals vorgestellt hättest. Doch davon später mehr. Ich muss jetzt gehen, um meine Sommergarde aufzustellen. Erzählt mir rasch, was in der letzten Zeit geschehen ist. Ich spüre die Veränderung im Windschatten.«
    Und obwohl mir tausend Fragen durch den Kopf gingen, drängte ich sie zurück und berichtete ihr von Lannan, Geoffrey und den Ereignissen, die für heute Abend erwartet wurden.
    Lainule entließ uns, bat uns jedoch, noch eine kleine Weile in ihrem Reich zu bleiben. »Ich werde Neuigkeiten für euch haben. Ruht euch ein wenig aus.«
    Wrath blieb bei ihr, während Rhiannon, Grieve, Chatter und ich den Wohnhügel verließen. Die Blätter an den Bäumen verfärbten sich nicht weiter – ich spürte die Veränderung –, aber sie waren auch nicht wieder grün geworden, wie ich es erwartet hatte.
    »Ich würde gern fliegen, solange wir hier sind.« Das Gefühl der Sonne auf meiner Haut weckte in mir die Sehnsucht, die Kleider loszuwerden und mich in den Himmel zu schwingen.
    »Bist du nicht müde?« Rhia schlang einen Arm um meine Taille, und wir setzten uns auf eine steinerne Bank draußen vor dem Hügel. Die Sitzfläche bestand aus einem Mosaik aus glatten Kieseln mit Symbolen und Runen und Edelsteinsplittern, und ich fuhr mit dem Finger über die Steine und lauschte dem Knistern der Magie, das sich in einem Prickeln in meinen Fingern manifestierte.
    Ich schloss die Augen und legte den Kopf zurück, um die Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht zu spüren. »Erschöpft von dieser Schlacht? Ja. Müde, nein. Ich möchte fliegen. Ich muss meine Flügel ausstrecken.«
    »Dann tu es«, sagte Grieve. Er sah seltsam fehl am Platz aus. »Flieg, meine Liebe. Spür die Freiheit.«
    Ich sah mich um. »Würde es jemanden stören?«
    »Nun mach schon. Wir sind hier in Sicherheit.«
    Ich stand auf und zog meine Kleider aus. Ich verlor langsam meine Hemmungen, was Nacktheit anging; es erschien mir zunehmend normal. Rhia sah mir lächelnd zu.
    »Ich habe noch nie gesehen, wie du dich verwandelst. Entweder steckten wir mitten in einem Kampf, oder du hast es allein getan, oder du warst schon verwandelt, als ich auf den Plan getreten bin. Jetzt darf ich endlich einmal zusehen. Tut es weh?«
    Ich hob die Schultern. »Ein wenig. Mehr, wenn es kalt ist. Aber das ist auch der einzige Nachteil. Es ist, als ob man sich häutet. Oder als ob man für den Abend eine Maske aufsetzt – oder vielmehr umgekehrt: Man nimmt sie ab.« Ich war mir nicht sicher, was meine natürliche Gestalt war, der große Vogel oder der Zweibeiner, aber eigentlich war es mir im Augenblick egal.
    Ich entfernte mich von der Bank und suchte nach einem Baum. Die Eiche würde vollkommen ausreichen. Ich sprang hoch, klammerte mich an einen tiefhängenden Ast und kletterte am Stamm hinauf, ohne mich darum zu kümmern, dass ich mir an der rauhen Rinde Knie und Füße aufschürfte. Aber als ich einen dicken Ast erreichte, der weit genug oben war, setzte ich mich rittlings darauf und schob mich sehr, sehr vorsichtig ein Stück hinaus in die Baumkrone. Splitter in den Schamlippen waren bestimmt nicht lustig.
    Schließlich stellte ich mich hin, stützte mich am Stamm ab und bückte mich leicht, um nicht gegen höhere Äste zu stoßen. Der Boden war nun schwindelerregend tief unter mir, aber das bereitete mir keine Sorgen. Ich umfasste meinen

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