Winternacht
kann.«
Während ich mit meinem Glas zum Tisch mit den Köstlichkeiten ging, seufzte ich tief. Lannan war entschlossen, mir seine Welt schmackhaft zu machen, aber er hatte die falschen Köder ausgelegt. Ich fuhr nicht auf Frauen ab, obwohl Regina mich das eine Mal mit einem Kuss enorm angeturnt hatte. Doch selbst wenn ich in Betracht gezogen hätte, es mit dem eigenen Geschlecht zu probieren, hätte ich mir nicht ausgerechnet eine Bluthure ausgewählt, um zu experimentieren.
Am Tisch lud ich mir einen Teller voll: Brot, Schinken, gereifter Cheddar, eine Handvoll Kirschtomaten und Obstsalat, dazu legte ich einen Schokoladenkeks. Anschließend gesellte ich mich zu Luna, neben der eine große, schlanke Blondine saß. Obwohl Luna dunkel, klein und rund war, konnte man die Ähnlichkeit zwischen den beiden deutlich erkennen.
»Cicely! Das ist meine Schwester Zoey.« Sie winkte Grieve und Chatter zu uns. »Zoey hat uns eine Menge Lesestoff mitgebracht. Ich gehe es durch, seit sie am Montag hier eingetroffen ist. Grieve – ich bin so froh, dass du hier bist. Vielleicht haben wir etwas gefunden, womit wir dir helfen können.« Ihre Augen leuchteten, und sie war so aufgeregt, dass ich fast nicht hinsehen mochte. Hoffnung war etwas geworden, an das ich mich zwar immer noch klammerte, das ich aber auch zu fürchten begann. Sie hatte uns schon zu oft getrogen.
Grieve dagegen fuhr auf, und seine Augen weiteten sich. »Denkst du wirklich, dass es klappen könnte?«
Zoey hob verlegen die Schultern. »Schwer zu sagen. Was wir haben, sieht nach einem Zauberspruch aus, der gewissermaßen die Energie des Indigo-Hofs von der des Wirts trennt – so als würde man zwei aneinanderklebende Schichten wieder lösen. Mysts Biss und die Tatsache, dass du ihr Blut trinken musstest, hat dein Wesen verändert, aber wenn wir ihre Prägung von deinem ursprünglichen Ich abspalten, dann könnten wir dir zumindest dabei helfen, die Lage besser unter Kontrolle zu bekommen.«
»Ihr meint also, es könnte möglich sein?«
Luna nickte langsam. »Das tun wir. Aber, Grieve, ich glaube nicht, dass wir es je schaffen können, dich wieder ganz so herzustellen, wie du früher einmal warst. Bevor sie dich in die Finger bekommen hat.« Sie hörte auf zu essen und starrte auf den Tisch, als erwartete sie, dass er nun einen Wutanfall bekommen würde, aber Grieve saß nur da und blickte sie verdattert an.
»Falls auch nur eine geringe Chance besteht, diesen Fluch etwas einzudämmen, dann will ich sie unbedingt ergreifen. Ich habe nie erwartet, dass es ein Gegenmittel oder eine Heilung geben würde, daher bin ich auch nicht enttäuscht.« Er blickte hinüber zu Lunas Schwester. »Du hast also Aufzeichnungen gefunden?«
Sie nickte. »Darunter detaillierte Beschreibungen von Ritualen, die verschiedene Aspekte dieses ›Fluchs‹, wie du ihn nennst, negieren können. Aber sie sind nicht einfach durchzuführen, und ich habe ehrlich gesagt den Eindruck, dass alle auch das Potenzial bergen, nach hinten loszugehen.«
Er hielt ihren Blick fest. »Wie ist deine Schätzung? In Prozent?«
Zoey biss sich auf die Lippe. »Vierzig …«
»Für oder gegen den Erfolg?«
»Gegen. Ich würde sagen, es besteht eine sechzig- oder fünfundsechzigprozentige Chance, dass es funktioniert. Bei den restlichen Prozent lässt es sich schwer abschätzen. Von einem totalen Flop bis unangenehme Nebenwirkungen ist alles drin.«
Ich schluckte das letzte Stück Brot herunter und wischte mir die Finger an der Serviette ab. »Und was für Magie werden wir brauchen, um diese Rituale durchzuführen?«
Luna und Zoey wechselten einen Blick. Luna schob ihren Teller weg.
»Zuerst brauchen wir fünf Hexen. Vier für die Elemente, eine für den Geist.« Luna senkte betroffen den Kopf. »Ich kann den Part mit dem Geist übernehmen, aber die Verantwortung … Was, wenn wir scheitern?«
»Dann scheitern wir.« Grieve sah mich an. »Chatter und Rhiannon haben beide Macht über das Feuer, aber Chatter arbeitet auch mit Erdenergie. Du bist der Wind. Wir brauchen noch Wasser.«
»Du vielleicht?« Wieder war meine Hoffnung durchsetzt von Angst. Aber wir konnten es schaffen. Die Möglichkeit, dass wir ihm wenigstens ein paar der Ketten abnehmen konnten, die Myst ihm angelegt hatte, war zu schön, als dass ich genauer darüber nachdenken durfte. Plötzlich wurde mir die Kehle eng.
»Die Rolle kann Grieve nicht übernehmen. Nicht, wenn er das Ziel des Rituals ist.« Luna schüttelte den Kopf. »Ich
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