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Winters Herz: Roman (German Edition)

Winters Herz: Roman (German Edition)

Titel: Winters Herz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Littlewood
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anzuordnen.
    Cass kehrte dem Ganzen den Rücken zu, folgte wieder dem Pfad und verdrängte das Bild des Knochenkreises. Wenig später konnte sie den Schulsportplatz sehen. Die Schneemänner standen noch dort. Sie sah, dass sie einen Kreis bildeten und jetzt Gesichter hatten. Augen, Nasen und Münder waren aus Steinennachgebildet. Gestalten, die keinen Ausdruck besaßen, die nicht lächeln konnten   – und trotzdem wirkte jeder Einzelne überrascht oder bedrückt oder gar entsetzt.
    Sie riss sich von diesem Anblick los und sah, dass Bert ihr auf dem Weg entgegenkam. Er starrte so angelegentlich zu Boden, dass sie sicher wusste, dass er es vermied, sie anzusehen. Cass sah sich nach einem anderen Weg ins Dorf um, aber es gab keinen.
    Als Bert herankam, sah er sie mit wässrigen Augen an und zog einen imaginären Hut. »Tach auch, Schätzchen. Das mit vorhin tut mir echt leid. Freut mich, Sie zu seh’n.«
    Cass warf einen misstrauischen Blick auf seinen Hund, der hechelnd hinter Bert zum Stehen gekommen war. Captain wirkte harmlos, machte nicht den Eindruck, als wolle er sich bewegen oder gar zubeißen.
    »Hallo, Bert«, sagte sie. »Mir tut auch leid, was passiert ist, aber wenn ihm mit Kindern nicht zu trauen ist, sollten Sie ihn vielleicht an die Leine nehmen.«
    Berts Gesicht zuckte. »Er hat nie keine Schwierigkeit’n nich’ gemacht.
    »Ich weiß, aber   …«
    »Also gut, Schätzchen, ich nehm’ ihn an die Leine, wenn Ihnen dann wohler ist. Kein Problem. Gar kein Problem. Mir wär’s schrecklich, wenn was passier’n würd’.«
    »Mir auch. Danke, Bert. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.«
    »Wie geht’s ihm?«
    »Ben? Ihm geht’s gut. In der Schule war die Sache schon wieder vergessen, also alles halb so schlimm.«
    »Gut, gut. Netter kleiner Kerl   … ich meine   …« Bert machte eine Pause. »Sie sollt’n auf ihn acht’n.«
    »Was?«
    »Sie sollt’n drauf acht’n, was er tut. Aufpass’n, ob er   …«
    »Ben ist ein lieber Junge. Er hat nichts getan.« Während siesprach, erinnerte Cass sich an den Ausdruck im Blick ihres Sohns, an die Art, wie er sie ausgesperrt hatte. Ich dachte, es seien nur die Ratten gewesen.
    »Ich weiß, aber   …«
    »Ben, er hat Captain nichts getan . Passen Sie lieber auf Ihren Hund auf, kümmern Sie sich nicht um meinen Sohn.«
    »So hab ich’s nicht gemeint   …«
    Cass starrte Bert an, und der starrte bedrückt zu Boden. Einen langen Augenblick später schob er seinen Hund mit dem Fuß beiseite, drängte ihn an den Wegrand, damit Cass vorbeigehen konnte.
    »Danke«, sagte sie und ging davon.
    Bert drehte sich um. »Ich mein’s ernst«, sagte er. »Wenn Sie mal was brauch’n, müss’n Sie zu mir kommen.«
    Cass blieb stehen und sah sich nach ihm um. »Ich weiß«, sagte sie. »Wirklich lieb von Ihnen. Bye, Bert.« Das sagte sie energischer, als sie eigentlich wollte, und bereute es sofort. Der Alte meinte es nur gut. Aber wie kam er auf die Idee, sie solle auf ihren Sohn aufpassen? Ganz schön unverschämt.
    Sie machte sich auf den Heimweg und blieb kurz stehen, als sie die Rückseite der Mühle sah. Auf der grünen Fläche des Mühlenteichs breitete sich das Eis aus. Schnee begann zu fallen: federleichte Flocken, die nicht zu spüren waren, als sie auf ihrem Haar niedergingen. Sie vermied es, das ins Holz geschnittene Kreuz anzusehen, als sie die rote Haustür öffnete.
    Im Vorbeigehen kontrollierte Cass ihren Briefkasten, steckte sogar die Hand hinein, aber sie sah bereits, dass er leer war.

Kapitel 12
    Cass stand vor der Schule, wartete auf Ben. Sie war früh dran. Schnee umwirbelte sie, landete auf Mütze, Jacke und Handschuhen, und die Flocken   – kalt und vollkommen   – blieben darauf liegen, bevor sie schmolzen und einsanken. Seit Cass nicht mehr in Bewegung war, erschien die Luft ihr eisig kalt.
    Endlich flog die zweiflüglige Tür auf, und die Kinder strömten heraus. Manche jauchzten, machten sofort Schneebälle und versuchten, ihre Freunde damit einzureiben, während andere den Schnee kaum beachteten, als langweile er sie bereits. Es waren nicht viele Kinder; anscheinend waren weitere Straßen unpassierbar geworden.
    Ben, dessen blonder Schopf mit dem schwarzen Wuschelkopf eines anderen Jungen zusammensteckte, gehörte zu den Letzten, die herauskamen. Schon bevor Cass das Gesicht des anderen sah, wusste sie, dass es Damon war. Dann hob der Junge den Kopf, ließ sein winterblasses Gesicht sehen und grinste hämisch. Er stieß Ben an,

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