Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
nicht wichtig war, denn genau das Gegenteil war der Fall. Es war beinahe so wie damals, als Row die kleine Roga in ihre Obhut gegeben hatte. Der Elf war vielleicht nicht ihr bester Freund, doch ein Freund war er allemal und er hatte ihr etwas anvertraut – einen Schatz. Und es war ein gutes Gefühl. Es war etwas, das ihrem Kopf sagte, dass sie gebraucht wurde – selbst wenn ihr Herz es nicht so wahrnahm. Sie hatte eine Aufgabe. Doch wie sich bald herausgestellt hatte, sollte nicht sie Roga beschützen, sondern das Einhorn sie, und inzwischen war es erwachsen geworden. Im Grunde hatte es sie nicht gebraucht, doch die Erinnerung an das Gefühl – an die Verantwortung – war geblieben. Und nun hatte der Minotaurus ihr etwas anvertraut, das ihre Hilfe brauchte. Vielleicht war es nicht so bedeutend wie ein Einhorn, doch die Augen des Stiers hatten ihr verraten, dass der kleine Vogel ein Schatz war – zumindest für ihn –, und dieses Gefühl hatte sich auf sie übertragen. Natürlich könnte sich auch jemand anderes darum kümmern – wenn denn jemand davon wüsste. Doch sie erzählte es niemandem und behielt die Verantwortung lieber ganz bei sich.
Behutsam strich sie dem kleinen Küken über den Kopf und band den Beutel wieder zu.
Als Arrow sich wieder ans Feuer setzte, wunderte sie sich über Keylams lange Abwesenheit. Ungeduldig schaute sie sich um, als plötzlich zwei Gestalten aus der Dunkelheit stürzten.
Keylam hatte eine zierliche Person mit Mantel und Kapuze zu Fall gebracht, die jedoch flink wie eine Katze wieder auf den Beinen war. Immer und immer wieder versuchte Keylam, sie zu überwältigen, doch die fremde Gestalt entwand sich jedes Mal seinem Griff. Überraschenderweise versuchte sie nur zu fliehen. Schaden fügte sie Keylam nicht zu oder versuchte zumindest, dies zu vermeiden.
Als es ihr gelang, ihn zu Boden zu stürzen, schnappte sie sich den großen Beutel, den sie bei Keylams Angriff hatte fallen lassen, und lief an Arrow vorbei in die Dunkelheit. In diesem Moment schaute sie ihr in die Augen und Arrow erkannte sofort das Gesicht, das bei dem Wort Elfe immer wieder in ihren Erinnerungen aufgetaucht war.
„Neve!“, rief sie aufgelöst und die Schritte verstummten in der Dunkelheit.
Eine gefühlte Ewigkeit verging, als die Elfe plötzlich zögernd aus dem Schatten trat. Keylam, der schon wieder auf den Beinen war, wollte sie angreifen, doch Arrow hielt ihn zurück.
„Aber sie verfolgt uns seit Tagen!“, erwiderte er ihre Geste aufgebracht.
„Ich weiß“, antwortete Arrow abwesend.
Keylam schaute sie fragend an. „Wie meinst du das?“
„Naja, eigentlich habe ich es nicht gewusst, aber ich habe es gefühlt und noch mehr habe ich es gehofft“, erwiderte sie ruhig.
Eingeschüchtert schaute die Elfe in Arrows Augen, die ihren Blick voller Dankbarkeit erwiderte.
Langsam ging Arrow einige Schritte auf die verschreckte Elfe zu. „Danke, dass du mir das Leben gerettet hast“, hauchte sie ihr entgegen.
Neve lächelte nervös. „Gern geschehen“, antwortete sie, und bevor sie sich versah, hatte Arrow sie herzlich in die Arme geschlossen.
Überraschender Besuch
„Du hättest mir sagen müssen, dass du sie kennst“, warf Keylam Arrow am Feuer vor.
Neve hatte zögerlich verraten, dass sie ihre Vorräte schon zwei Tage zuvor aufgebraucht und ihr die Zeit gefehlt hatte, sich etwas Essbares zu suchen. Sie erklärte, dass sie sonst den Anschluss verpasst hätte. Prompt reichte Arrow ihr die letzten Äpfel und einige Nüsse, die Sally ihnen eingepackt hatte.
„Eigentlich kenne ich sie gar nicht … – jedenfalls nicht richtig. Bisher habe ich sie nur ein einziges Mal gesehen und dabei das Glück gehabt, ihren Namen zu erfahren“, erklärte Arrow. Keylam musterte Arrow misstrauisch.
„Außerdem hat sie mir das Leben gerettet“, erwiderte sie seinen Blick.
„Beim ersten Mal war es wirklich knapp. Eine Sekunde später und du hättest in der Speiseröhre des Finsterlings gesessen. Dann wäre es zu spät gewesen“, entgegnete Neve schmatzend.
„Das warst auch du?“, fragte Arrow verwundert.
Verlegen kaute die Elfe auf einer Nuss herum. „Ich dachte, du wüsstest das. Ich wollte mich nicht mit Ruhm bekleckern ...“
„Nein, nein“, fiel Arrow ihr ins Wort. „Das ... Ich dachte, die Zwerge haben mich gerettet. Das ist wirklich ... Ich danke dir.“
„Die Zwerge hätten nichts für dich tun können“, erwiderte Neve. „Wäre etwas schief gegangen und der
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