Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Rücksicht auf Keylam nehmen. Ihren Vater zu finden, hatte oberste Priorität, denn mit jedem Tag, der verging, meldeten sich die Stimmen in ihrem Kopf häufiger und immer lauter riefen sie: Du hast das Tor geöffnet.
Aber natürlich war es nicht nur das schlechte Gewissen, das Arrow antrieb. Melchior fehlte ihr. So weit entfernt wie jetzt war er noch nie gewesen, denn selbst wenn er damals mal nicht in Elm Tree war, so hatte Arrow doch immer seine Anwesenheit gespürt. Immer hatte er sich darum bemüht, dass es ihr an nichts fehlte. Er war ein guter Vater und Arrow brauchte ihn. Soviel hatte er ihr beigebracht und sie war dabei immer so glücklich gewesen. Doch seit sie in diese neue Welt gekommen war, musste sie alles ohne ihn erkunden und lernen. Natürlich war sie dabei nicht allein, doch es war nicht dasselbe. Melchior war einfach nicht zu ersetzen. Niemand füllte die Lücke in ihrem Leben und auch nicht die in ihrem Herzen.
Manchmal hatte Arrow das Gefühl, dass das Loch immer größer werden und sie eines Tages auffressen würde. Dann wäre die Leere endlich vorbei. Oder nicht?
Als Arrow in der Nacht aufwachte, hatte sie noch nicht lange geschlafen, doch ein seltsames Gefühl quälte sie. Sie wurde beobachtet, das spürte sie genau.
Neve schlief tief und fest. Sie hatte vor dem Einschlafen weitere Fläschchen ausgewickelt und aufgestellt. Offenbar sollten sie vor unangenehmem Besuch schützen.
Keylam war noch immer nicht zu ihnen zurückgekehrt. Arrow fand ihn nur wenige Meter entfernt in einer Ecke. Geschlafen hatte er scheinbar noch nicht.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Arrow.
„Ich traue ihr nicht“, antwortete Keylam schroff. „Leuten, die etwas zu verbergen haben, kann man nicht trauen – niemals. Und schon gar nicht Elfen, denn die haben immer etwas zu verbergen.“
„Dann traust du mir auch nicht?“, fragte sie betrübt.
„Wie kommst du denn darauf? Bist du jetzt eine Elfe?“, entgegnete er überrascht.
„Du sagtest, ich hätte mich verändert, seit ich in Nebulae Hall war, und dass dort etwas geschehen sein müsste, was ich niemandem verraten würde.“
„Das ist doch etwas Anderes“, winkte Keylam sofort ab.
„Ist es das?“, fragte Arrow mit hochgezogenen Augenbrauen.
Keylams Gesichtszüge wurden plötzlich ganz weich. Mit leuchtenden Augen schaute er Arrow an und zog sie zu sich. „In der kurzen Zeit, in der wir uns jetzt kennen, haben wir so viel zusammen erlebt und durchgemacht. Glaub mir – ich weiß, wer du bist, selbst wenn du es erst noch herausfinden musst. Und außerdem hast du keine Geheimnisse vor mir. Du hast mir gesagt, was dich bedrückt.“
Betrübt senkte Arrow den Blick. „Weißt du, ich ...“
„Sssscht“, unterbrach Keylam sie. „Hörst du das auch?“
Angespannt lauschte Arrow und dann hörte sie es auch. Das Geräusch erklang in regelmäßigen Abständen und es wurde lauter. Etwas näherte sich.
Inzwischen war auch Neve aufgewacht und horchte misstrauisch auf.
Arrow schrie auf, als eine plumpe Kreatur aus dem Schatten auf sie zusprang. Sofort zückte Keylam sein Schwert und richtete es auf das Geschöpf, das daraufhin mit weit aufgerissenen Augen erstarrte.
Es war eine Kröte, die um einiges größer war, als man es von Kröten gewohnt war. Sie reichte Arrow bis zur Hüfte und quakte sie flehend an. Eines ihrer Augen saß ein kleines Stück tiefer als das andere. Irgendwo hatte sie das schon einmal gesehen. Es kam ihr vertraut und wichtig vor.
Als Keylam mit seinem Schwert zum Schlag ausholen wollte, hielt Arrow ihn zurück. „Bon?“, fragte sie ungläubig. Der Blick der Kröte erhellte sich und sie quakte erfreut. Im gleichen Moment brach aus dem Schatten eine ganze Krötenschar hervor. Sie kamen aufgeregt aus allen Richtungen und sprangen in alle Richtungen. Als sich der Grund für diese Massenhysterie wenig später zeigte, ließ es Arrow das Blut in den Adern gefrieren.
„Ein Finsterling!“, schrie Neve und schnappte sich prompt zwei Fläschchen, die sie auf das Monster warf.
„Vorsicht! Die Zwerge!“, rief Arrow ihr zu.
„Die Krötengestalt schützt sie vor dem Sonnenlicht!“, antwortete Neve.
Die Fläschchen zersprangen an dem Finsterling, doch nichts passierte. Er lachte triumphierend und lief auf Neve zu, die ihm geschickt auswich.
„Zwerge?“, fragte Keylam angespannt. „Nette Zwerge?“
„Die besten“, antwortete Arrow, schnappte Keylams Hand und lief mit ihm vor dem Monster davon.
Die Kröten
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