Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
irgendwo irgendwen oder irgendetwas, das mächtiger ist als ein anderes Wesen. Das Entscheidende dabei ist allein, auf welcher Seite es steht.“
Arrow wusste nicht, was Rose mit dieser Aussage bezwecken wollte. Es klang nicht so, als würde es dabei noch immer nur um das Einhorn gehen, doch es passte zu der Laune, die ihre Großmutter den ganzen Abend über plagte.
„Ich werde Roga nachher zu Merlin bringen“, stammelte Arrow verwirrt. „Seine Gesellschaft heitert sie sicher auf.“
Rose nickte. „Dann öffne gleich den Durchgang zum Stall. Ab morgen hätten wir das ohnehin getan, da kommt es auf einen Tag mehr auch nicht an.“
Wie fast überall, befand sich auch in diesem Haus der Stall direkt neben der Küche. Die Tiere nebenan zu haben, hielt die Wärme, doch der Ruß der Feuerstelle in der Küche tat Merlin nicht gut. Nachdem der Abzugsschacht jedoch wieder gereinigt war, konnte man den Durchgang wieder ohne Bedenken öffnen. Das hätte Arrow, wie Rose bereits bemerkte, am nächsten Tag wegen der Rauhnächte ohnehin getan. In den Zeiten, zu denen die Geister des Nachts wüteten und allerhand schaurige Geräusche zu hören waren, hatte es niemand gern, ein Mitglied der Familie irgendwo allein zurück zu lassen, und das galt auch für Haus- und Nutzvieh. So war es allerorts Sitte, die Tiere immer im Haus zu haben und mit ihnen zusammen zu warten, bis der Morgen graute.
Während Arrow mit Roga spielte und dabei von Marb beobachtet wurde, dachte sie über Rose nach, die ihre Tür einen Spalt weit offen gelassen hatte. Arrow wusste genau, dass ihre Großmutter nicht schlafen konnte, und das tat ihr leid.
Die halbe Nacht quälte Rose sich mit Gedanken, die die Blume in ihr ausgelöst hatte. Dabei machte ihr weniger die Blüte an sich zu schaffen, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie noch immer so frisch war.
Die Wilde Jagd
Nur zäh quälten sich die Stunden des nächsten Tages dahin. Die Anspannung war allgegenwärtig. Ein jeder fürchtete sich vor dem Einbruch der Dunkelheit, denn obwohl sich dieses Treiben schon so oft ereignet hatte, schlich sich hier niemals Routine ein.
Man konnte sich vor einem Angriff schützen, wenn man die strengen Regeln befolgte. So hatte man beispielsweise darauf zu achten, dass im Haus keine Unordnung herrschte. Es war verboten, weiße Kleidung zu tragen, und ebenso wenig durfte solche zum Trocknen auf die Leine gehängt werden. Bei Einbruch der Nacht mussten alle Fensterläden geschlossen sein. Unter keinen Umständen durfte man während der Jagd einen Blick hinaus werfen und vor allem keinen Fuß vor die Tür setzen.
Doch immer blieb auch die Angst, in all der Aufregung etwas übersehen zu haben. So bangte ein jeder die ganze Nacht gemeinsam mit der Familie vor der Feuerstelle, dem grauenvollen Wüten der Dämonen lauschend, dass ja nichts vergessen wurde.
Stille herrschte im ganzen Haus, als es dunkel wurde. Sogar die Tiere fühlten, dass sie in dieser Nacht auf der Hut sein mussten. Und pünktlich zum Einbruch der Nacht kamen sie.
Arrow und Rose hielten den Atem an. Noch waren die Geister weit weg, doch ihr Geheul war schon in der Ferne zu hören.
Neben den Holzscheiten, die im Feuer ordentlich knackten und krachten, drang dieses unbeschreibliche Geräusch von draußen herein. Es ließ einem das Blut in den Adern gefrieren und die Hände feucht werden. Egal, wie oft man dieses Ereignis schon miterlebt hatte, gewöhnen konnte man sich einfach nicht daran. Todesängste rief es wach und das nicht nur bei so zart besaiteten Leuten wie Arrow. Selbst der tapferste Krieger, der schon gegen Drachen oder listige Hexen angetreten war, erstarrte vor Furcht, denn diese Dämonen konnte man nicht bekämpfen – weder mit dem Schwert noch mit dem Verstand.
Noch immer sprach keine der beiden Frauen. Alle saßen dicht zusammen gekauert beieinander. Rose hatte sich in einem Sessel niedergelassen. Grey saß treu auf ihrer Armlehne. Auf dem Boden daneben saß Arrow, die eine Hand ganz fest um die ihrer Großmutter geklammert, die andere Merlin streichelnd, der neben ihr lag. Roga hatte ihren Kopf auf Arrows Schoß gebettet, doch auch ihr war die Unruhe anzumerken. Obwohl sie so jung war, schien sie genau zu wissen, was da draußen vor sich ging.
Und schließlich war auch Marb wieder erschienen, die mit ihren Knopfaugen – und wie immer schweigend – die Beunruhigung der Anwesenden zur Kenntnis nahm.
Langsam kam das Geheul der Wilden Jagd immer näher. Schließlich
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