Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
hatten die Dämonen das Dorf erreicht.
Die Flammen flackerten aufgebracht. Arrows Herz raste so laut, dass sie überzeugt war, die Geister würden es hören.
Das Buch, in dem Rose gerade noch gelesen hatte, fiel ihr mit einem lauten Knall vom Schoß. Alle schreckten auf und Arrow hatte Mühe, Roga wieder ruhig zu stellen.
Allerhand Geschrei drang zu ihnen hinein. Sprachen, die Arrow nicht verstand, beängstigendes Gelächter und ganz plötzlich auch die Hilferufe eines Kindes.
Arrow war wie versteinert. Sie hatte furchtbare Angst vor dem, was da draußen vor sich ging, doch offenbar war ein kleines Mädchen in Not geraten. Man musste ihr helfen.
Vorsichtig schob sie Rogas Kopf beiseite und erhob sich, doch bevor sie einen Schritt gehen konnte, hielt Rose sie zurück.
„Du kannst ihr nicht helfen“, flüsterte ihre Großmutter eindringlich. „Das Mädchen ist schon lange verloren. Noch bevor ihre Zeit gekommen war, verstarb sie und ist dazu verdammt, so lange mit Frau Perchta durch das Land zu ziehen, bis der Zeitpunkt des ihr vorherbestimmten Todes eintreten wird. Erst wenn dieser Moment gekommen ist, wird sie erlöst sein. Doch bis es so weit ist, wird sie fortwährend ihr Leid klagen.“
„Aber es muss doch eine andere Möglichkeit geben. Es bricht mir das Herz, ihr zuzuhören!“
Rose schüttelte den Kopf. „Es gibt keinen Weg. Auf eine schreckliche Weise hat sie ihren Tod gefunden und ein jeder stirbt allein. Niemand kann sie von diesem Leid erlösen. Du kannst ihr nur helfen, indem du ihren Klagen Gehör schenkst und mit ihr fühlst.“
„Und woher willst du das wissen, Großmutter? Es kann doch ebenso gut möglich sein, dass sie gerade erst von den Geistern erwischt wurde und noch gar nicht tot ist. Vielleicht ist es noch nicht zu spät.“
„Arrow“, redete Rose weiter auf sie ein, „du kannst ihr nicht helfen. Selbst wenn es so wäre, wäre sie schon verloren. Wer einmal von der Wilden Jagd mitgezerrt wurde, ist nie wieder der, der er einst war. All solche wird Perchta mit in ihr dunkles Reich nehmen, wo sie sich selbst auf ewig verlieren werden. Selbst wenn sie ihr entkämen, so blieben sie nur noch ein Schatten ihrer selbst und siechten hoffnungslos dahin.“
„Dann ist es also doch möglich?“, fragte Arrow herausfordernd.
Arrow befreite sich aus Roses Griff und ging auf die Tür zu.
„Arrow, warte!“, rief Rose. Doch ihre Enkelin hörte nicht auf sie. „Arrow, Arrow!“, wiederholte sie immer wieder.
Dann klopfte es an der Tür und alle zuckten zusammen. Roga schmiegte sich ganz dicht an Merlin und Grey krächzte, als gäbe es kein Morgen mehr.
Arrow starrte mit weit aufgerissenen Augen zur Tür und hielt den Atem an.
Einen unendlichen Moment lang geschah nichts. Niemand zuckte auch nur mit der Wimper.
Dann klopfte es erneut und eine schrill klingende Stimme kicherte hinterlistig „Arrow, Arrow!“
Hastig stolperte Arrow zurück an die Seite ihrer Großmutter und setzte sich wieder auf den Boden.
„Ich habe es mir anders überlegt“, stammelte sie, am ganzen Leib zitternd.
Rose war erleichtert und schüttelte den Kopf. Sonst setzte Arrow keinen Fuß vor die Tür, doch sobald sie das Gefühl überkam, dringens gebraucht zu werden, wurde sie so mutig, dass sie selbst Frau Perchta in die Knie zwingen wollte. Welch ein sonderbares Kind.
Die Stunden vergingen und der Spuk tobte weiter. Doch mit dem Morgengrauen war alles vorbei.
Der erste Hahnenschrei ließ verlauten, dass die Nacht und damit auch die Jagd beendet waren.
Zitternd öffnete Rose die Tür einen Spalt breit und stellte erleichtert fest, dass sie es tatsächlich überstanden hatten. Auch in den Nachbarhäusern regten sich die Leute.
Mit einem Nicken gab Rose ihrer Enkelin zu verstehen, dass nun alles wieder in Ordnung war und sie keine Angst mehr zu haben brauchte. Noch nicht ganz davon überzeugt schlich Arrow zum Fenster und warf einen Blick hinaus.
Der Weg vor dem Haus füllte sich mit Leuten. So viele erleichterte Gesichter waren zu sehen. Sie alle fielen sich in die Arme und erzählten aufgeregt von dem herzzerreißenden Wehklagen des kleinen Mädchens Emily Jane. Ihr Schicksal war bei den Dorfbewohnern nicht unbekannt. Kälte und Armut hatten ihr einen qualvollen Tod beschert. Ihr trauriges Schicksal stimmte Arrow nachdenklich. Natürlich war es eine Qual, sich nicht an die eigene Vergangenheit erinnern zu können, doch hatte Arrow nie Hunger leiden müssen. Stets erfreute sie sich bester Gesundheit,
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