Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
jetzt.
„Er hat dir gedroht“, schlussfolgerte Rose.
Unter einem lauten Schluchzen nickte Arrow heftig. Das kleine Einhorn schmiegte sich an ihre Beine. Roga war Arrows Verzweiflung nicht entgangen und sie hatte bereits die ganze Zuneigung des kleinen Tieres für sich gewonnen. Also tat Roga das, was Einhörner in solchen Situationen immer tun, sie spendete Trost – auf eine ganz spezielle Art und Weise.
Ein unglaubliches Gefühl überkam Arrow. Von einem Moment auf den nächsten beruhigte sie sich vollkommen. Aller Kummer und Schmerz waren vergessen und sie fühlte sich, als wäre sie nie von einer Sorge geplagt gewesen.
Noch niemals zuvor hatte sie etwas Derartiges empfunden – weder beim Malen, noch beim Reiten oder wenn sie Stone besuchte. Am liebsten hätte Arrow jetzt Bäume ausgerissen.
Ihre Tränen wichen einem strahlenden Lächeln. Rose jedoch wurde immer wütender.
„Erkennst du jetzt, was der Elf angerichtet hat?“, fragte sie ihre Enkelin.
„Es ist ganz wunderbar“, strahlte Arrow und tänzelte durch die Küche.
Rose packte sie am Arm und schaute ihr tief in die Augen. „Es ist nicht real, mein Kind. Deshalb ist es so gefährlich, sie im Haus zu haben. Einhörner können Gefühle kontrollieren und ohne es zu wollen den größten Schaden anrichten. Vielleicht vermag sie dich eine Zeit lang glücklich zu machen, doch es ist nur Schein und unterdrückt alles Wahre in dir. Sobald sie uns verlassen muss, wird alles zu dir zurückkehren. Alle Gefühle von dem heutigen Tage an. Wenn du nicht stark genug dafür bist, wird es dich umbringen.“
Arrow hörte ganz genau, was Rose sagte, doch es beeindruckte sie nicht. Und sogar der Gedanke, dass sie das nicht beeindruckte, ließ Arrow unbeeindruckt. Immerhin flüsterte ihr eine innerliche Stimme zu, dass sie die Warnung ihrer Großmutter nicht unterschätzen durfte.
Rose betrat ihr Schlafzimmer und holte ein kleines Kästchen unter einer Diele hervor. Sie nahm etwas aus ihm heraus und versteckte es dann wieder an seinem Platz.
„Hier mein Kind“, drückte sie es Arrow in die Hand, die es eine Weile verwundert betrachtete. Vier Blätter an einem winzigen Stiel. Etwas Derartiges hatte sie nie zuvor gesehen.
„Das ist ein Kleeblatt“, erklärte Rose. „Du musst es immer bei dir tragen. Es wird dich vor ungewolltem Zauber beschützen. Allerdings darfst du niemandem gegenüber ein Wort davon verlieren.“
„Und wie soll ich es immer bei mir tragen?“
„Du darfst es niemals irgendwo vergessen. Es darf nicht fehlen, wenn du im Wald oder im Stall oder in der Werkstatt bist. Sogar während du schläfst muss es bei dir sein. Du kannst es in dein Medaillon tun.“
„Medaillon?“, fragte Arrow verwundert.
„Die Kette, die du Tag und Nacht um deinen Hals trägst. Den Anhänger kann man öffnen und etwas hinein tun.“
Arrow holte die Kette unter ihren Kleidern hervor und betrachtete den Anhänger. Man konnte dort etwas hinein tun? In dieses kleine Ding?
„Warte, ich werd es dir zeigen.“ Als Rose das kleine Schmuckstück öffnete, fiel ganz unerwartet etwas heraus.
Arrow hob es auf: die Blüte einer kleinen gelben Blume und sie sah noch ganz frisch aus, als wäre sie gerade eben erst gepflückt worden.
„Scheint, als wäre das Medaillon bereits besetzt“, freute sich Arrow. Doch Rose war gar nicht zum Lachen zumute. Sie war kreidebleich, als hätte sie einen Geist gesehen.
Arrow sorgte sich. „Ich kann es doch auch austauschen oder vielleicht passt ja beides hinein“, versuchte sie ihre Großmutter heiter zu stimmen.
„Bitte versuch beide dort unterzubringen“, stammelte Rose. „Diese Blume war ein Geschenk von deinem Vater.“
Beim Abendessen sprachen die beiden kein Wort miteinander. Rose schien sich von dem Schock nicht erholen zu können.
Emotional kümmerte Arrow dies wenig. Noch immer stand sie unter dem Einfluss des Einhorns und das Kleeblatt hatte alle Mühe, gegen diesen Zauber anzukämpfen. Trotzdem dachte sie über die Worte ihrer Großmutter nach. Das war schon seltsam. Es fühlte sich an, als beschäftigte man sich mit etwas, das einen im Grunde überhaupt nicht interessierte.
Mit der Schlüsselblume, wie man sie nannte, hatte sie einen Hinweis auf ihre Vergangenheit gefunden und es berührte sie kein bisschen. Allerdings wusste sie sehr wohl, dass es das getan hätte, wenn Roga nicht da gewesen wäre.
Vielleicht würde es sie später ärgern, dass ihre Gefühle in einem so wichtigen Moment ihres Lebens
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