Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Leiden, doch wie du weißt, ist er nicht mehr der Jüngste.“
„Kümmerst du dich etwa immer noch um diese alte Fleisch fressende Mähre?“, fragte der Elf verächtlich.
„In deinen Augen mag er das vielleicht sein, aber für mich ist er ein Teil meiner Familie“, fuhr Arrow ihn an. „Also schaust du ihn dir nun an oder nicht?“
„Du hättest ihn damals seinem Schicksal überlassen sollen, anstatt ihn gesund zu pflegen. Zum Dank dafür wird er dich eines Tages als Dessert verspeisen.“
Row redete jedes Mal so über Stone. Er hatte nichts übrig für Kelpies. In seinen Augen wäre ein elendes Ende das Richtige für „die alte Fleisch fressende Mähre“ gewesen.
Arrow regte das nicht weiter auf, denn schließlich mochte niemand außer ihr dieses Kelpie. Eigentlich verstand sie sogar die Ansicht der Leute über es, denn schließlich wäre jeder andere tatsächlich auf Stones Speisekarte gelandet. Warum sollte sie es also jemandem übel nehmen? Einzig die Tatsache, dass alle Welt immer versuchte, sie von ihrer Meinung abzubringen, störte sie gewaltig. Einst hatte Arrow sich ihr eigenes Bild gemacht und jetzt erwartete sie von ihrer Umwelt diesbezüglich ein wenig Toleranz.
„Nun, ich habe ihn aber nicht seinem Schicksal überlassen, sondern ihm das Leben gerettet und das würde ich jederzeit wieder tun. Lieber ließe ich mich von den Bewohnern dieses Dorfes steinigen, als dass ich immer mit der Gewissheit leben müsste, eine gequälte Kreatur sterbend und allein zurück gelassen zu haben!“
„Siehst du, Arrow?“, lächelte Row sie hinterhältig an. „Genau deshalb sollst du Roga großziehen. Wer sich so sehr für ein alterndes Kelpie aufopfert, wird ein Einhorn ganz sicher nicht im Stich lassen.“
Na das war ja noch schöner! Jetzt sollte sie also auch noch für ihr Mitgefühl bestraft werden, obwohl das eine mit dem anderen ebenso wenig zu tun hatte wie der Wolf mit dem Lamm. Nur zu gerne hätte Arrow darauf die passende Antwort gegeben, doch es machte ohnehin keinen Sinn mehr. Die Entscheidung war gefallen und ein Einspruch wurde nicht geduldet beziehungsweise sogar bestraft.
„Was denkst du, wie lange es dauern wird, bis Roga ausgewachsen ist?“, fragte Arrow.
„Das kommt darauf an. Ich denke, dass es schneller geschehen wird, als du es für möglich hältst. Vermutlich wird der Schnee schon bald tauen. Dann wird der Frühling Einzug halten. Wenn die Wälder wieder in voller Blüte stehen, hole ich sie nach Hause.“
Arrow rollte mit den Augen. „Also wenn ich auf den Frühling warten soll, werde ich sie wohl zeitlebens behalten. Schon zu viele Jahre ist der Schnee nicht getaut und kaum einer erinnert sich noch an die Formen der Blätter oder den Geruch von Moos.“
„Warte nur ab, Arrow. Die Zeit des Winters wird schon bald ihr Ende finden. Denk an meine Worte.“
Mit dieser Antwort machte Row auf dem Absatz kehrt und ging davon. Als Arrow wenig später den Stall betrat, waren die Pflanzenkörbe verschwunden. Wie versprochen fand sie an der Eingangstür des Hauses ein Bündel Heu. Und so ließ der Elf sie zurück – mit vielen Fragen und einem Einhorn.
„Ein Einhorn!“, schrie Rose. „Hast du den Verstand verloren?“
Arrow hatte sie noch nie so wütend gesehen. Offenbar wirkte Rows Zauber nicht, denn Rose hatte beim ersten Blick von ihr gewusst, dass etwas nicht stimmte, und sie so lange mit Fragen gelöchert, bis Arrow ihr alles erzählte.
„Es tut mir ja leid. Ich habe wirklich alles versucht, um es ihm auszureden, aber er wollte einfach nicht auf mich hören. Und zum Schluss ...“ Arrow senkte den Blick. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie hasste es, sich so sehr verteidigen zu müssen. Rose kannte sie doch. Sie hätte wissen müssen, dass Arrow sich nicht leichtfertig eine solche Aufgabe hätte aufhalsen lassen. Doch Rose war eigentlich gar nicht auf sie böse, dachte sie. Ihre Wut galt Row, und da dieser längst über alle Berge war, musste Arrow es ausbaden.
In Momenten wie diesen wünschte sie sich immer, dass sie sich nicht alles so zu Herzen nehmen würde. Aber das gelang ihr nie, was sie wiederum wütend auf sich selbst machte.
Oft dachte sie über die kleinsten unbedachten Äußerungen tagelang nach und machte sich Gedanken, wie sie dem hätte aus dem Weg gehen können. Doch stets blieb die Lösung ungreifbar. Zwar beschloss Arrow oft, dass sie härter werden musste, doch zuletzt kam sie immer wieder an den Punkt zurück, an dem sie heulte – wie
Weitere Kostenlose Bücher