Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
erkannte Arrow erst, wie riesig es tatsächlich war.
Der lange Schatten hüllte sie vollständig ein und sie erschrak so sehr, dass sie sogar einige Schritte zurücktaumelte. Die Zwerge brachen daraufhin in schallendes Gelächter aus.
Arrow stand einem Riesen gegenüber. Zwar hatte sie noch nie zuvor einen gesehen, doch da dieser mindestens doppelt so groß war wie sie selbst, konnte dies nie im Leben ein Zwerg sein.
„Du möchtest mich sprechen, junge Dame?“, fragte er mit tiefer Stimme.
Verglichen mit den anderen Zwergen trug er recht kurzes Haar, das in alle Richtungen abstand. Eines seiner Augen saß etwas tiefer als das andere. Einen Bart hatte er nicht und auch sonst sah er nicht so alt aus wie die anderen.
„Bist du der Chef hier?“, fragte sie mit zitternder Stimme. Wieder folgte Gelächter.
„Das bin ich“, erwiderte er lächelnd. „Mein Name ist Bartlmä Bon, aber du darfst mich Bon nennen.“ Der Riese streckte Arrow seine Hand entgegen.
Zweifellos wirkte er Respekt einflößend, doch trotzdem strahlte er noch mehr aus. Anders, als der erste Eindruck schien, wirkte er sehr sanft. Sein Lächeln war so gar nicht hinterhältig und seine Stimme klang beruhigend.
Plötzlich musste Arrow an ihren Vater denken. Melchiors Stimme klang auch immer sehr beruhigend. Stets hatte sie ihm stundenlang zuhören können und noch länger. Unter tausenden würde sie seine Stimme wieder erkennen. Es war Magie.
„Mein Name ist Arrow“, erwiderte sie lächelnd und schüttelte ihm die Hand.
Bon hatte Arrow mit ans Feuer gebeten. Kaum dass sie saßen, ertönte wieder Musik. Irgendwelche Bemerkungen folgten nicht und auch sonst wurde sie von niemandem wie eine Fremde behandelt.
Der Kreis um das Feuer war wie ein kleines Kolosseum angelegt, in dessen Mitte Bon thronte. Arrow bekam den Platz daneben und saß mit ihm auf Augenhöhe. Er bot ihr etwas zu essen an und einen Becher voll Wein. Dankbar nahm sie es an. Ihre letzte Mahlzeit war eine Ewigkeit her, und bevor sie sich unterhalten konnte, musste sie erst etwas zu sich nehmen.
Als Arrow sich umsah, stellte sie fest, dass beinahe alle Zwerge zur Decke schauten. Allerdings gab es dort nichts zu sehen. Alles verlor sich in der Dunkelheit.
„Suchst du etwas?“, fragte Bon.
„Ich wollte nur wissen, was alle so anstarren“, erklärte sie.
Mit einem mächtigen Schwung, der Bon scheinbar sehr viel Anstrengung kostete, erhob er sich von seinem Platz. Er stand genau neben Arrow und winkte ihr zu. Um sein Gesicht sehen zu können, musste sie ihren Kopf weit in den Nacken legen. Wie jede andere Bewegung, schmerzte sie auch diese.
Schwerfällig setzte Bon sich wieder.
„Wenn du eine Weile bei uns bleibst, wirst auch du eines Tages zu allem aufschauen – ganz gleich, ob es das verdient hat oder nicht.“ Bon lachte herzlich.
„Wie kommt es, dass du hier bei den Zwergen lebst?“, fragte Arrow neugierig.
„Na ganz einfach – ich bin ein Zwerg! Jeder lebt doch am liebsten unter seinesgleichen“, antwortete er amüsiert.
Schweigend runzelte Arrow die Stirn.
„Glaubst du mir nicht?“, fragte Bon verschmitzt.
Sie schüttelte den Kopf.
„Arrow, weißt du, woher die Zwerge stammen?“
Nach einer kurzen Überlegung antwortete sie: „Hm, darüber habe ich viele Theorien gehört. Alles in allem läuft es aber immer darauf hinaus, dass die Zwerge dem Fleische des Urriesen Ymir entsprungen sind.“
Bon nickte. „Genauso war es. Und manchmal kommen die alten Gene auch heute noch durch.“
„Dann bist du wirklich ein richtiger echter Zwerg?“, fragte sie verblüfft.
„Ganz recht.“
„Aber du siehst so völlig anders aus.“
„Das mag wohl sein, doch innerlich fühle und denke ich wie ein Zwerg.“
„Aber unter Riesen würdest du bestimmt weit weniger auffallen.“
Bon lachte. „Diese Aussage zeugt davon, dass du noch nie einen echten Riesen in seiner leibhaftigen Gestalt gesehen hast, denn in der Anwesenheit eines solchen wäre ich offensichtlich nichts anderes als das, was ich bin – ein Zwerg.“
„Ein richtiger Zwerg ...“, sagte Arrow erstaunt. „Dann tut es mir leid, dass ich dich für einen Riesen gehalten habe. Ich wollte dich nicht dazu bringen, deine Herkunft zu rechtfertigen.“
„Oh, das geht schon in Ordnung“, winkte Bon ab. „Ich erlebe das nicht zum ersten Mal, doch ich habe mich daran gewöhnt. Mittlerweile stehe ich über solchen Dingen.“ Bons schweres Lachen hallte in der ganzen Höhle wider.
„Dann macht es dir
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