Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Lüge.“
„Nun, das entspricht nicht der Wahrheit, Arrow. Jeder der Bewohner in Nebulae Hall wusste von Anfang an, was du erst jetzt herausgefunden hast. Für niemanden war es eine Lüge. Sie alle haben dabei geholfen, diesen Ort aufzubauen.“
„Warum?“, fragte Arrow verständnislos.
„Das ist eine Frage, die ich dir nicht beantworten kann. Alles, was ich dir erzähle, ist, dass es eine uralte Geschichte ist. Dabei ging es um Eifersucht, Verrat, Hass ... und Liebe.“
Einer der Zwerge schenkte Wein nach. Bon unterbrach die Erzählung, was Arrow umso ungeduldiger machte.
„Vor langer Zeit gab es eine solche Welt, wie du sie einst hier drinnen kennen gelernt hast. Sie existierte fast überall außerhalb dieses Gebirges. Hätten sie die Nebulae Hall nicht erschaffen, würde sich heute hier gar nichts mehr befinden – weder ein sonniges Paradies, noch eine erbarmungslose Schneelandschaft. Alles wäre nur noch ein großes Loch im Endlosen.“
„Bon“, sagte Arrow traurig. „Wo sind alle hin?“
Niedergeschlagen senkte er den Blick. „Denjenigen, die damals nicht umgekommen sind, gelang es zu fliehen. Wohin es sie verschlagen hat, wissen wir nicht.“
„Es gab Tote? Wie konnte das geschehen?“ Arrow war entsetzt. Damit hatte sie nicht gerechnet.
„Etwas hat den verborgenen Weg in diese Hallen gefunden – etwas, vor dem die Bewohner hier Schutz suchten.“
„Wie?“
„Indem jemand das Tor geöffnet hat. Fußspuren im Schnee haben ihn verraten.“
Arrow ließ den Becher fallen. „Ich ...“, begann sie mit zitternder Stimme. In ihren weit aufgerissenen Augen sammelten sich Tränen.
„Du darfst es niemandem sagen“, ermahnte Bon sie flüsternd. „Auf keinen Fall darfst du jemals aussprechen, was du jetzt gerade denkst!“
„Was?“ Das Gesicht des Riesen verschwamm unter den Tränen, die wie ein Wasserfall aus ihr sprudelten.
Behutsam nahm er Arrow an die Hand und brachte sie in ihr Quartier.
„Stimmt was nicht?“, fragte der grimmige Zwerg, den Arrow anfangs von der Musik abgehalten hatte.
„Alles in Ordnung, Smitt. Unser Wein ist scheinbar zu stark für so zarte Gemüter“, erklärte Bon lachend.
In dem Raum angekommen, verriegelte Bon den einzigen Spalt, der nach draußen führte. Er entzündete ein Feuer, setzte sich zu Arrow aufs Bett und reichte ihr einen schmuddeligen alten Fetzen, mit dem sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischte.
„Arrow, hör gut zu. Was ich jetzt sage, darf diese Mauern niemals verlassen, und sollte es trotzdem passieren, werde ich es leugnen – zum Schutze meines Volkes.“
Arrow starrte nur den Boden an. Sie schien wie in einem Schockzustand, in dem sie nichts mehr wahrnehmen konnte, doch sie hörte dem Riesen zu.
„Ich weiß, dass du es damals warst. Ich weiß aber auch, dass du nicht um die Gefahren wusstest. Keiner außer mir kennt dieses Geheimnis und du darfst es niemandem verraten, denn von deinem Leben hängt das vieler anderer ab.“
„Was?“, fragte sie aufgelöst.
„Es gibt eine Prophezeiung, in der es heißt, dass der jüngste Nachkomme deines Volkes uns eines Tages von diesen Qualen befreien und die alte Ordnung wieder herstellen wird. Nach allem, was wir wissen, bist du das.“
„Ich?“, fragte Arrow empört. „Wie kommst du darauf? Viele Menschen leben in dieser Welt. Und es ist ja wohl nicht ausgeschlossen, dass noch immer welche dazukommen. Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass die Beschreibung auf mich passt. Sieh mich doch an – ich bin erwachsen. Außerdem bin ich es, die das Unheil in diese Hallen gebracht hat!“
Mit gequältem Gesicht erwiderte der Riese: „Was bringt dich denn zu der Annahme, du seiest ein Mensch?“
Arrow war unfähig, auf diese Frage zu antworten. Sie fühlte sich wie gelähmt. Konnte es denn noch schlimmer kommen?
„Niemand, der von einem Perseiden behütet wird, ist ein Mensch – soviel steht fest.“
„Und was bedeutet das?“
„Zweifellos gehörst du dem Volk der Nyriden an.“
„Und was sind Nyriden?“
Bon schüttelte den Kopf. Fassungslos begriff er, dass Anne ihr gar nichts erzählt hatte – weder über ihr Volk noch über die Geschichte und erst recht nicht über die wichtige Aufgabe, die Arrow zu erfüllen hatte. Schmerzlich fragte er sich, wie sehr man einem so jungen Mädchen vertrauen konnte, das so unvorbereitet war.
„Es wird Zeit, dass du nach Hause gehst, Arrow. Die Antworten, die du suchst, wirst du bei uns nicht finden.“
„Bon?“, fragte
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