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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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er.
    Kanin zog spöttisch die Augenbrauen hoch. Eine Spur von Verachtung stahl sich in seine Stimme.
    »Es wäre unbesonnen, sich mit mir anzulegen«, sagte er. »Die Schleiereulen bekamen, was sie sich erhofften – die Vernichtung des Hauses Lannis. Wir haben keine weitere Verwendung für sie.«
    »Euer Vater versprach …«
    »Überspannt den Bogen nicht, Halbblut! Mein Vater hütet das Krankenlager in Hakkan und hat mir die Befehlsgewalt übertragen. Dies ist jetzt Horin-Gyre-Land, und ich dulde keine Waldelfen, die frei umherstreifen. Ihr könnt Anduran betreten, wenn Ihr wollt – sie nicht.«
    »Die Schleiereulen werden … enttäuscht sein«, murmelte Aeglyss. »Andere – einige ihrer Anführer – sind nicht weit hinter uns. Sie werden mit Euch verhandeln wollen und darauf dringen, dass Ihr die Zusagen Eures Vaters bestätigt. Man versprach ihnen, die Siedlungen in Anlane dem Erdboden gleichzumachen, dazu eine bestimmte Menge Rinder und Eisen. Ich versprach ihnen diese Dinge im Namen Eures Stamms, auf Wunsch Eures Vaters.« Anyara fiel auf, dass sich in die Stimme des Na’kyrims ein seltsam besänftigender Ton geschlichen hatte.
    Kanins Miene verfinsterte sich plötzlich, und er trat entschlossen auf Aeglyss zu.
    »Sollte ich auch nur einen Augenblick den Verdacht hegen, dass Ihr Eure Stimme gegen mich einsetzt, Halbblut, dann würde ich Euch den Schädel spalten! Ich weiß genau, wozu Ihr imstande seid. Ihr habt vielleicht die Gehirne der Waldelfen mit Euren süßen Tönen umnebelt, und da uns das zugutekam, will ich mich nicht beklagen. Aber begeht nicht den Fehler, die gleichen Spielchen bei mir zu versuchen.«
    Der Regen wurde stärker. Kanin warf den Kopf nach hinten und wischte sich die Wassertropfen von der Stirn. Kurz spähte er zu den Kyrinin hinüber, die ihn vom Waldsaum her beobachteten.
    »Als Ihr meinem Vater die Zusicherung gabt, Ihr könntet die Waldelfen auf unsere Seite bringen, schloss er ein Abkommen mit Euch. Das Bündnis ist ab heute beendet. Ich will nichts mehr mit Euren Wilden zu tun haben, und ich denke nicht daran, mit ihnen zu verhandeln. Seht sie Euch an – in Tierfelle gehüllte Waldgeschöpfe. Wenn sie Rinder wollen, dann sollen sie die hier mitnehmen.« Er deutete auf die kleine Herde, die ein Stück entfernt graste. »Wenn sie wollen, dass die Siedlungen in Alane dem Erdboden gleichgemacht werden, dann sollen sie das selbst besorgen. Aber ich warne Euch! Falls sie auch nur ein einziges Gebäude im Umkreis eines Tagesmarschs von Anduran niederbrennen, bringe ich Euch um und lasse sie vertreiben. Wenn sie enttäuscht sind, dann gebt ihnen zu bedenken, dass wir in Kürze die Herren von Anduran sein werden. Und dass man uns als unversöhnliche Feinde kennt.«
    Aeglyss öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, aber Kanin schwang sich bereits in den Sattel.
    »Ich habe Wichtigeres zu erledigen.« Er wandte sich an einen Krieger seiner Schildwache. »Sorgt dafür, dass uns die Waldelfen nicht folgen«, befahl er, »und bringt das Mädchen und den Alten zu mir nach Anduran.«
    Damit gab der Titelerbe seinem Pferd rücksichtslos die Sporen. Es bäumte sich auf und jagte in mächtigen Sätzen über die Weide. Drei Männer seiner Schildwache begleiteten ihn. Die übrigen blieben zurück und starrten Aeglyss an, der sich zögernd umsah. Die Inkallim packten bereits ihre Ausrüstung zusammen. Einige der Horin-Gyre-Krieger ritten zu Inurian und Anyara, schnitten ihnen die Fußfesseln durch und hoben sie auf Pferde.
    »Wartet doch!«, rief Aeglyss Kanin nach. »Gebt mir wenigstens Inurian! Ihr braucht ihn nicht.« Niemand beachtete ihn.
    Der letzte Eindruck Anyaras von dem Na’kyrim , ehe sie auf die regenverhangene Stadt in der Ferne zuritt, war das Bild einer einsamen, in sich zusammengesunkenen Gestalt, die ihnen nachstarrte. Nun, da er so verloren und ohnmächtig wirkte, fragte sie sich, wie er es je geschafft hatte, sie einzuschüchtern. Hinter dem Na’kyrim traten die Schleiereulen aus dem Schutz des Wäldchens hervor und kamen bedrohlich näher.
    Eine einzelne schwarze Krähe erhob sich inmitten ihrer Artgenossen, die in den Baumkronen kauerten, und segelte träge durch den Regen. Mit wenigen Schwingenschlägen wendete sie und folgte ihnen nach Anduran.

    Die Stadt bot sich Anyara völlig verändert dar. Ein wilder Sturm war über die stolzeste Schöpfung ihres Hauses hinweggefegt. Die meisten Höfe in den Außenbezirken waren unversehrt, wenngleich sie verlassen wirkten und das

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