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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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ihm.«
    Er warf Inurian einen Blick zu, doch der hatte sich nachdrücklich abgewandt und tat so, als verfolge er den Wortwechsel nicht.
    »Mit Eurem Freund hier ist das allerdings eine andere Geschichte. Der Titelerbe sieht ihn vermutlich lieber tot als lebendig – es sei denn, ich kann ihn dazu bewegen, seine Meinung zu ändern.«
    Inurian warf ihm einen gelangweilten Blick zu. »Ich wüsste nicht, dass eines der Gyre-Geschlechter für seine Milde berühmt wäre. Und ich bezweifle, dass einer wie Ihr ihn umstimmen könnt.«
    »Einer wie ich? Ich überredete den Schleiereulen-Stamm, sein Haus zu unterstützen. Hätten die Schleiereulen ihre Speere gegen ihn gerichtet, anstatt ihn zu führen und mit Nahrung zu versorgen, wie wäre sein Heer dann unversehrt durch Anlane gekommen? Ohne mich stünden seine Zelte jetzt nicht vor den Toren von Burg Anduran. Ihr werdet schon sehen! Der Titelerbe von Horin-Gyre weiß, wer seine wahren Freunde sind.«
    »Die Schleiereulen werden Euch nicht danken, was Ihr getan habt«, brummte Inurian.
    »Was kümmert Euch das, Fuchs?«, fauchte Aeglyss. »Sie werden es mir schon danken, wenn das Haus Lannis ausgelöscht ist.«
    Inurian ließ den Blick zu den Kriegern hinüberschweifen, die sich verdrießlich unter den Zeltplanen zusammendrängten.
    »Die Schleiereulen werden bald genug merken, dass sie mit Lannis besser gefahren wären als mit den Inkallim und den Geschlechtern des Schwarzen Pfads.« Er wandte sich wieder Aeglyss zu. »Gehörte Eure Mutter oder Euer Vater zu den Scheiereulen?«
    Der jüngere Mann zögerte, überrascht von der Frage. Anfangs schien er die Antwort verweigern zu wollen.
    »Meine Mutter«, sagte er dann. »Und mein Vater kam aus dem Haus Horin-Gyre. Wägt Eure Worte also gut ab, alter Mann.«
    Inurian musterte ihn. »Ihr müsst um die dreißig sein. Das heißt, dass Ihr kurz nach der Schlacht von Tanwrye geboren wurdet. Euer Vater entkam nach der Niederlage der Horin-Gyre-Streitmacht in den Wald von Anlane? Er wurde von den Schleiereulen gefangen genommen?«
    Der Angriff kam so unvermitelt, dass Inurian nicht ausweichen konnte. Aeglyss traf ihn mit der Faust seitlich am Kinn und schlug ihn zu Boden. Anyara stürzte sich auf Aeglyss, doch der schob sie beiseite. Für einige Augenblicke lag Inurian benommen da, ehe er sich aufsetzte. Blut tropfte ihm aus dem Mundwinkel. Der Regen wusch es weg.
    Mit einem Finger tippte Aeglyss auf Inurians Brust. Kalter Zorn sprühte in seinen Augen. Seine Kinnmuskel waren so angespannt, dass sie an Eisenklammern über den Kieferknochen erinnerten. Anyara hatte das schreckliche Gefühl, dass der Na’kyrim platzen und sie mit seinem brennenden Hass überschütten könne.
    »Sprecht lieber nicht über Angelegenheiten, von denen Ihr nichts versteht«, zischte Aeglyss und erhob sich. »Warten wir ab, was Kanin mit Euch vorhat!«, rief er über die Schulter zurück, als er zu den Inkallim zurückschlenderte.
    Mit besorgter Miene wandte sich Anyara Inurian zu. Gequält spuckte der Na’kyrim aus.
    »Es ist alles in Ordnung«, versicherte er. »Seine Herkunft scheint ein Thema zu sein, auf das er empfindlich reagiert.« Er beugte sich zu Anyara hinüber. »Nimm dich vor ihm in Acht! Was immer mir zustößt, halte dich von ihm fern. Er könnte gefährlicher sein, als ich dachte.«
    »Er erscheint mir bereits jetzt gefährlich genug«, entgegnete sie leise.
    Inurian schüttelte den Kopf. »Das meiste ist Getöse. Darunter verbergen sich Zorn und Schmerz, Gefühle, die ihn blockieren und vergiften. Aber er besitzt mehr Talent, als er weiß. Wenn er so richtig wütend ist, spüre ich den Gemeinsamen Geist in seinem Innern wie eine bedrohliche Gewitterwolke. Er könnte viel erreichen, falls er diese Energien zu beherrschen lernt.«
    »Außerdem wird dir nichts zustoßen«, sagte Anyara mit erzwungener Leichtigkeit.
    Inurian lächelte sie an. »Trotzdem – halte dich von ihm fern!«
    Unter den Inkallim breitete sich plötzlich Unruhe aus. Sie erhoben sich und liefen geschäftig hin und her. Inurian und Anyara spähten durch den grauen Regen und entdeckten eine Gruppe von Reitern, die über das Weideland näher kam.
    »Das ist Kanin, der Titelerbe«, sagte Inurian.
    Der Erbe der Horin-Gyre-Thanschaft war ein hoch gewachsener, kräftiger Mann Ende der Zwanzig. Sein dichtes schwarzes Haar war vom Regen strähnig, was ihm ein ungepflegtes und irgendwie schurkisches Aussehen verlieh. Hätte Anyara nicht gewusst, wer er war, wäre sie von seiner

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