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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Kolglas, wie er es seit Jahren nicht mehr erlebt hatte.

    Orisian erwachte, als ihm Hände die Felldecken wegzogen und Stimmen hartnäckig an dem Schlummer zerrten, der ihm die Ohren verstopfte. Seinem ersten Instinkt folgend, wollte er sich gegen die Körper zur Wehr setzen, die ihn bedrängten. Aber es waren zu viele, und er gab jeden Widerstand auf. Er wurde hochgezerrt und in die kalte Nacht hinausgestoßen. Verschlafen blickte er sich um.
    Scharen von Kyrinin hatten sich vor dem Zelt versammelt. Ihm kam es so vor, als seien sämtliche Männer, Frauen und Kinder des Vo’an zusammengeströmt. Sie standen schweigend da, die Blicke auf ihn gerichtet. Diejenigen, die ihn geweckt und nach draußen geschleppt hatten, gesellten sich zu den Umstehenden und ließen ihn, immer noch ein wenig unsicher, allein stehen. Der Wald war in strahlendes Mondlicht gebadet. Es warf einen unirdischen Glanz auf die fahlen Gesichter, die ihm entgegenstarrten. Er schaute nach oben und sah einen riesigen weißen Vollmond am Himmel schweben.
    Rothe wurde unsanft vorwärts gestoßen, bis er dicht neben ihm stand. Der Schildwächter wirkte wacher und aufmerksamer, als Orisian sich fühlte.
    »Bleibt in meiner Nähe!«, raunte er und umklammerte Orisians Arm mit festem Griff. »Und zeigt möglichst keine Furcht!«
    Orisian warf einen Blick auf die Mauer regloser Gestalten, die sich vor ihnen aufgebaut hatte. Es war nichts zu hören außer dem dumpfen Ruf einer Eule irgendwo in der Tiefe des Waldes. Er wurde das Gefühl nicht los, dass er und Rothe nicht hierher gehörten, dass sie sich irgendwie verirrt hatten und in eine unwirkliche Welt gestolpert waren. Etwas geschah oder würde geschehen.
    »Sag nichts!«, flüsterte er Rothe zu, als ihm zu Bewusstsein kam, dass sein Leibwächter in diesem Moment eher einen Fehler begehen könnte als er selbst.
    Die Menge teilte sich und gab eine schmale Gasse für eine näher kommende Gestalt frei. Fellstreifen hingen ihr von den Schultern, und unter dem Saum eines langen, schmalen Wildlederrocks zeigten sich bloße Füße. Sie hatte die Figur einer Kyrinin-Frau, aber das Gesicht eines großen Fuchses. Als sich der Kopf hierhin und dorthin wandte, endeckte Orisian die Bänder, mit denen die Maske über dem grauen Zottelhaar befestigt war. An einigen roten Strähnen, die im Mondschein leuchteten, erkannte Orisian In’hynyr. Das Erkennen trug nicht dazu bei, den schaurigen Anblick abzumildern. In der Linken trug die Vo’an’tyr einen langen Stab, an dem ein Bündel winziger Tierschädel befestigt war. Die Knochen klapperten bei jeder Bewegung gegeneinander. Es entstand ein angespanntes Schweigen, während In’hynyr die beiden Menschen aufmerksam musterte. Plötzlich fuhr sie herum und breitete die Arme aus. In dieser Haltung stand sie für eine Weile stumm zwischen ihnen und den versammelten Kyrinin. Dann sprach sie. Ihre Stimme drang dumpf unter der Fuchsmaske hervor, schallte aber nur umso unheimlicher über die Lichtung. Sie benutzte die Sprache der Kyrinin, einen Strom von Worten, der fast wie eine Beschwörung klang.
    »Mach dich auf alles gefasst!«, murmelte Orisian.
    In’hynyr setzte ihren Singsang fort. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Sie schüttelte den Stab, und die kleinen Schädel klickten und klackten. Ihre Stimme hob und senkte sich. Ihr Atem dampfte und stieg in die Höhe, wie angezogen vom Strahlenglanz des Mondes.
    Das Fuchsgesicht schnellte mit einem Aufschrei herum, und In’hynyr deutete mit ausgestrecktem Arm auf die beiden Huanin. Rothe zuckte zusammen. Orisian rührte sich nicht. Bei seinem Gespräch mit der Vo’an’tyr hatte er getan, was er konnte, um sich zu retten. Nun konnte er nicht mehr in den Lauf der Dinge eingreifen. In’hynyr verstummte, und ein Raunen lief durch die Menge. Hier und da senkten sich Köpfe. Dann löste sich die Versammlung auf. Einzeln und in kleinen Gruppen entfernten sich die Anwesenden und verschmolzen mit der Dunkelheit. In’hynyr trat ein paar Schritte rückwärts, ohne das Maskengesicht von Orisian und Rothe abzuwenden, ehe auch sie sich umwandte und in der Finsternis verschwand, eine einsame kleine Gestalt. Schließlich blieb nur noch Ess’yr übrig, die stumm dastand und die beiden Männer anschaute. Rothe nahm die Hand von Orisians Arm und atmete tief durch. Ess’yr kam auf sie zu.
    »Was hatte das zu bedeuten?«, fragte Orisian, als sie vor ihn trat.
    »Die Vo’anytyr hat gesprochen«, entgegnete Ess’yr. »Ihr könnt gehen.

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