Winterwunder
schmeißen den Laden so ziemlich allein.«
»Oh, ich habe Hilfe beim Putzen. Parker überlässt es mir, zu entscheiden, wann ich was brauche. Für das Grundstück haben wir immer noch Gärtner; darum kümmern sich größtenteils Parker und Emma. Und Parker?« Mrs Grady hielt inne und lachte. »Mit ihr ist es das Gleiche wie immer. Hinter diesem Mädel braucht niemand herzuräumen. Du kannst von Glück sagen, wenn sie dich nicht restlos verplant. Im Winter bekomme ich frei, um mir den Inselwind um die Nase wehen zu lassen, und zwischendurch auch, wenn ich es brauche. Und ich habe das große Vergnügen, mit anzusehen, wie zwei Kinder, deren erste Schritte ich schon beobachtet habe, sich selbst einen Namen machen.«
Sie schaufelte Mal noch eine Portion auf den Teller. »Du erinnerst mich an meinen Charlie.«
»Wirklich? Wollen Sie mich heiraten?«
Mrs Grady wedelte mit dem Löffel vor seiner Nase. »Genau so hätte er auch reagiert, und ebenso schnell. Er konnte gut mit Frauen umgehen, ganz gleich welchen Alters. Deshalb habe ich eine Schwäche für dich, Malcolm. Enttäusch mich nicht.«
»Ich werd’s versuchen.«
»Hast du es auf mein Mädchen abgesehen, Malcolm?«
»Jawohl, Madam.«
»Gut. Vermassel das nicht.«
»Das betrachte ich als grünes Licht von Ihrer Seite aus. Wie wär’s mit ein paar Tipps, wie ich am besten vorgehe?«
Mrs Grady schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass du die brauchst. Ich sage nur, dass sie allzu viele Erfahrungen mit Männern gemacht hat, die berechenbar waren. Das passiert dir nicht. Das Mädel will Liebe, und damit auch den Rest, mit dem sie aufgewachsen ist. Diese Art von Partnerschaft, Respekt, Freundschaft. Mit weniger wird sie sich nie zufriedengeben, und das sollte sie auch nicht. Und sie duldet es überhaupt nicht, wenn jemand unaufrichtig ist.«
»Lügen sind einfach Bequemlichkeit.«
»Und bequem bist du nie gewesen. Du hast so eine Art, die Leute dazu zu bringen, dir Dinge über sich zu erzählen, ohne aber irgendwas über dich und deine Angelegenheiten rauszulassen. Sie wird dich kennenlernen müssen.«
Mal wollte schon sagen, dass es da nicht viel zu entdecken gebe, doch dann fiel ihm seine Bemerkung Carter gegenüber wieder ein, er sei ein offenes Buch – und Carters Antwort darauf. »Vielleicht.«
Mrs Grady wartete einen Moment, sah ihn dabei eindringlich an. »Siehst du deinen Onkel und deine Tante öfters?«
Seine Miene wurde verschlossen. »Wir gehen uns aus dem Weg.«
»Erzähl ihr, warum.«
Offenbar voller Unbehagen rutschte Mal auf seinem Platz herum. »Das sind alte Geschichten.«
»Genau wie alles, was du zur Hähnchenpastete von mir hören wolltest. Die alten Geschichten machen uns mit zu dem, was wir sind – oder was wir ums Verrecken nicht sein wollen. Jetzt geh zurück zu der Party und schau, ob du dich für Parker nützlich machen kannst. Sie liebt alles, was nützlich ist.«
»Ich helfe Ihnen noch beim Abwasch.«
»Nicht heute Abend. Nun geh schon, raus aus meiner Küche. Komm ihr für eine Weile in die Quere.«
10
Er kam ihr in die Quere. Sie konnte sich schlecht beschweren, weil es ihm gleichzeitig gelang, sich nützlich zu machen, aber trotzdem – er kam ihr in die Quere.
Am Ende des Abends war sie sich nicht sicher, was sie mit ihm machen, wie sie mit ihm umgehen sollte. Sollte sie das Ganze – und ihn – genießen? So lautete der Rat ihrer Freundinnen. Aber wie konnte sie etwas – oder jemanden – genießen, der sie so aus dem Konzept brachte?
Sie befahl sich strikt, sich auf ihren Job zu konzentrieren, auf ihre Arbeit, auf die Einzelheiten der Hochzeit. Das gelang ihr auch. Größtenteils jedenfalls. Als sie am Ende des Abends half, die Gäste hinauszugeleiten, gratulierte Parker sich selbst dazu, dass sie es geschafft hatte, die vielen Fallstricke dieser speziellen Veranstaltung zu vermeiden, abzudecken oder zu überwinden.
Und prompt schlüpfte der betrunkene Onkel Henry durch ihr Radar.
»Schön! Schöne Hochzeit, schönes Mädchen.«
»Danke, Mr …«
»Schön!« Er umfing Parker mit den Armen und mit seiner Schnapsfahne, und seine Hände grabschten aufdringlich nach ihrem Hintern.
Bevor Parker sich befreien konnte, sah sie Malcolm auf sich zu kommen. Ihr erster Gedanke war, o nein. Sie brauchte keinen Retter in der Not, der höchstwahrscheinlich zuerst zuschlagen und später Fragen stellen würde.
»Mr …«
»Hallo, Väterchen.« Malcolms außergewöhnlich munterer Ton passte zu dem Grinsen auf seinem
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