Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
erkenne sie vom Foto, der schwarze Bubikopf.“
Wolf brachte den Wagen vor der Gildenschenke zum Stehen. Anke schwang sich heraus und folgte der Frau. Als sie die Laterne Ecke Gildenstraße erreichte, war Anke hinter ihr. Sie wusste natürlich den Nachnamen nicht, der ja anders lautete als der der Mutter, so rief sie einfach.„Helga?!“
Jede Sekunde würde sich die Frau umdrehen. Für diesen Augenblick wappnete sich Anke mit einem Vertrauen erheischenden Lächeln. Erschrocken über die überraschte Anrede, so schien es Anke, wandte Helga während des Gehens ihren Kopf über die Schulter, zögerte einen Moment, blieb stehen und sah Anke fragend an. Anke konnte an Helgas Mimik ablesen, dass sie versuchte einzuschätzen, was man von ihr wollte.
„Guten Abend und Entschuldigung“, lachte Anke sie an. „Ich bin Anke Contoli, Ihre Mutter sagte mir, ich könnte ...“
Helga verzog den Mund. „Die Journalistin“, fiel sie Anke ins Wort, „ha, meine Mutter hat mich schon angerufen und gesagt, dass Sie da waren. Was wollen Sie überhaupt? Und was wollen Sie von mir?“
Diese abweisende Art hatte Anke nicht erwartet. Es war keineswegs zu überhören, dass Helga ziemlich verstimmt war. Anke fragte sich, ob es ihretwegen oder wegen Johannes Rosskamp war. Es wäre denkbar, dass die vermutlich überraschende Begegnung mit ihm nach all den Jahren nicht so verlaufen war, wie Helga es sich vorgestellt hatte. Anke beschloss, egal wie Helga nun drauf war, sich nicht beeindrucken zu lassen und gleichbleibend freundlich zu bleiben. So kam man miesepetrigen Mitmenschen am schnellsten bei.
„ Mit Ihnen reden, das will ich.“ Anke legte eine Atempause ein. Ehe Helga wiederum kaltschnäuzig reagieren konnte, fuhr Anke fort: „Sie sind eben aus dem Wagen von Herbert Rosskamp gestiegen, diesen Lexus. Ich vermute, Sie haben sich mit seinem Bruder, Johannes Rosskamp, getroffen?“
Einen Moment schien es Helga die Sprache zu verschlagen. Sie schluckte schwer, Anke sah, wie ihr Kehlkopf zuckte. Helga machte Anstalten, weiter zu gehen. „Also, ich ... und wenn schon. Was bitte geht Sie das überhaupt an?“
Anke hielt sie am Arm fest und entschuldigte sich sofort dafür. „Ich versuche, der Tochter einer alten Freundin von Ihnen zu helfen.“
„ Alten Freundin?“ wiederholte Helga ungläubig. Anke war sicher, dass Helga genau wusste, wer gemeint war. Trotzdem erläuterte Anke. „ Elene Rosskamp. Sie war doch damals Ihre Freundin, oder?“
„ Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht, Frau Contoli.“ Wie sie ihre Stimme hob und den Namen aussprach, störte Anke, aber sie beherrschte sich, nicht genauso zynisch zu reagieren, was ihr sichtlich schwerfiel. Zu gerne hätte sie dieser arroganten, frechen Person die Meinung gesagt. Aber vermutlich bediente Helga sich dieser dreisten Art zum Schutz, schloss Anke. „Frau äähm ..., Helga ...“
„ Heise.“
„ Bitte?“, fragte Anke irritiert.
„ Ich heiße Heise. Ich weiß, das klingt blöd, ist aber nun mal so.“
Anke setzte neu an. „Frau Heise, Ihre Mutter sagte mir, dass Sie und Elene und die beiden Rosskampbrüder damals eine Clique gewesen wären.“
Helga verzog abermals den Mund. „Ach, meine Mutter, was weiß die denn schon.“
Anke merkte, wie Helga ständig auswich, auf nichts konkret eingehen wollte.
„Ihre Mutter erwähnte auch einen Klaus?“
Sie standen sich im Licht der Straßenlaterne auf Augenhöhe gegenüber. „Wer ist Klaus?“, hakte Anke noch einmal nach.
„Na Klaus eben, Klaus Lennart“, antwortete Helga schnippisch.
Anke bekam einen leichten Hitzeschub. „Meinen Sie den Pastor? Pastor Lennart?“
„ Ja, ich kenne nur einen Klaus, und das ist Klaus Lennart.“
Einer Eingebung folgend fragte Anke aufs Geratewohl. „Was ist damals geschehen?“ Sie wusste selbst nicht, was sie gerade ritt, diese Frage so unverblümt zu stellen, aber sie schien ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Mit einem Mal flatte rten Helgas Augenlider. Sichtlich nervös meinte sie. „Was meinen Sie? Damals?“
Anke spürte instinktiv, dass sie geheimes Terrain betrat. Das trieb sie zu der nächsten Frage. „Was wollte Johannes Rosskamp denn von Ihnen?“
Helga Heise schnappte nach Luft. „Dasselbe wie Sie. Mit mir reden. Aber das geht Sie nun wirklich gar nichts an.“ Ihr schroffer Ton sagte Anke, dass Frau Heise das Gespräch nicht fortsetzen wollte. Ohne ein weiteres Wort setzte sie sich in Bewegung. Anke wusste, sie würde womöglich viel riskieren, aber Leonie
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