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Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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Er konnte es nachvollziehen, aber was hätte er denn damals tun können? Keiner war mutig gewesen. Alle hatten sie einen feigen Entschluss gefasst. Aber schließlich und endlich hatte Elene dieser Lösung zugestimmt. Niemals hätte sie ihren abgehobenen Eltern die Wahrheit sagen können. Somit hatte jeder von der Lösung profitiert. Selbst Helga hatte ein Sahneschnittchen abbekommen. Sein Mund verzog sich zu einem frostigen Grinsen. Ihren Eltern hatte sie damals erzählt, sie hätte in einer Lotterie gewonnen, als sie sich auf den Führerschein stürzte und bald darauf mit einem schicken Wagen vorgefahren kam. Den Rest hatte sie verbraten und heute ging es ihr nicht sonderlich. Ihr Mann war arbeitslos, jobbte abends bei Freunden auf dem Bau, immer mit der Angst, bei der Schwarzarbeit erwischt zu werden. Johannes kam am Parkplatz › Bunte Kuh ‹ vorbei. Unwillkürlich musste er zur Bank sehen. Hier hatten sie sich oft getroffen. Getrunken, geraucht, gekifft. So wie es auch an dem Abend gewesen war. Er wandte seinen Blick wieder auf die Straße. Ja, dachte er, auch für ihn war es gut gelaufen. Er hatte die Welt kennengelernt, Abenteuer erlebt, bis er wegen Mary Ann in Neuseeland hängen geblieben war. Sein Herz krampfte sich bei dem Gedanken an sie zusammen. Wie glücklich waren sie gewesen, bis sie bei einem Autounfall schwer verletzt wurde, und er wochenlang in der bangen Hoffnung gelebt hatte, sie würde durchkommen. Er schmeckte das Salz der Träne, die ihm über die Wange in den Mundwinkel lief. Ihren Tod hatte er noch immer nicht verwunden. Es war ein schwerer Schlag gewesen. Er hatte seinen Kummer in Alkohol getränkt, übermäßig geraucht, die Farm vernachlässigt, bis er vor dem Nichts gestanden und als krönender Abschluss sein Herz versagt hatte. Zwei Bypässe hielten ihn am Leben. Die undichte Herzklappe hatten sie zusammengeflickt. Nach der Operation stand für ihn sein Entschluss fest, sterben wollte er in der Heimat, in den Weinbergen. Er war heute achtundvierzig Jahre und Invalide. Die schwere Arbeit in den Weinbergen würde er nur noch bedingt schaffen. Irgendwie hatte er gehofft, bei seiner Rückkehr hier aufgefangen zu werden, wenn er sich das auch nie konkret hatte ausmalen können. Aber was er letztendlich hier angetroffen hatte, übertraf seine kühnsten Erwartungen. Das bisschen Geld auf der Bank würde noch ein, zwei Monate reichen. Fakt war, danach brauchte er neues. Er dachte wieder daran, dass Leonie alles erben würde. Johannes, maßregelte er sich, du hast deinen Teil bekommen, sei nicht ungerecht. Trotzdem spürte er Missgunst in sich aufsteigen. Ein Gefühl, das ihm nicht behagte. Aber er brauchte Geld. Wenn alle Stricke reißen, dachte er, blieb nur noch Klaus übrig. Hoffentlich dachte Helga nicht ebenfalls so. Klaus könnte womöglich wütend werden. Zumal ein ungeheurer Gedanke in Johannes hoch kroch. Noch war er nicht bereit, ihn anzunehmen.

25
     
    Die Sonne ließ ihr strahlendes Licht über die Weinberge fluten. Über ihren Kämmen wölbte sich ein wolkenloser Himmel. Das alles konnte Leonie nicht erfreuen, obwohl sie ständig ihre Augen durch die Windschutzscheibe vom Weg ab zum Himmel rollte. Es war nur ein kurzes Stück, trotzdem fuhr sie mit Johannes zur Weinlage Pfaffenberg mit dem Auto. Für sie war es, als hätte sich seit dem Mord eine dunkle Wolke über das Weingut gesenkt, die keine Sonnenstrahlen zu durchbrechen vermochten. Würde ihr Leben jemals normal, schön, alles gut werden? Ja, es würde, gab sie sich hartnäckig die Antwort. Aber noch war sie nicht in ihrem neuen Leben angekommen. Heute hatte sie ahnungsvolle Momente durchlebt. Ein kurzzeitiges beschwingtes Gefühl vernommen, welches eine noch nicht klar auszumachende Fantasie über die Zukunft in ihr ausgelöst hatte. Die allgemeine, situationsbedingte Trägheit in ihr war allerdings rasch wieder hervor gekommen, aus der heraus sie sich auch nicht zu dem kleinen Fußmarsch hatte aufraffen können. Aber es war im Gegensatz zu sonst heute eine wohlige Trägheit, wenn sie sich auch merkwürdig beschwerlich anfühlte. Es war diese bestimmte, seltsame ahnungsvolle Angespanntheit vor einem eintretenden Ereignis. Noch vor einigen Tagen hing dieses Ahnungsvolle meist mit Vater zusammen, aber der war tot. Vielleicht ist dieses Gefühl, beruhigte sie sich, nur noch eine Auswirkung der Vergangenheit, ein Phantomschmerz sozusagen. Überhaupt war dieses heutige Ahnungsvolle mit einer schweren Süße verbunden und sie

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