Wir beide, irgendwann
würde.«
Während wir die Mensa durch den Seitenausgang verlassen, fragt Kellan: »Wie sieht Graham ohne seine goldenen Locken denn aus?«
»Ehrlich gesagt waren seine Haare das einzig Attraktive an ihm«, antworte ich. »Jetzt sieht er aus wie ein Pfirsichlolli.«
Draußen scheint die Sonne, es ist noch wärmer als gestern. Während wir auf dem Campus unseren üblichen Lunchplatz ansteuern, drehe ich mich zu Kellan um. »Darf ich dich mal was Physikalisches fragen?«
Ihr Gesicht leuchtet auf. Am Dienstag- und Donnerstagnachmittag besucht sie am Hemlock State College einen Physikkurs, der zum dortigen Vorbereitungsprogramm gehört. Mich will sie ebenfalls zu so einem Kurs überreden, damit wir nächsten Herbst am College gemeinsam Biologie studieren können.
Ich nehme meine Lunchtüte in die andere Hand und frage so beiläufig wie möglich: »Was denken Physiker über die Möglichkeit von Zeitreisen?«
Sie hebt ihr Tablett bis zum Kinn und schnappt sich mit den Zähnen eine Fritte. »Warum?«
»Reine Neugier. Gestern Abend lief mal wieder Zurück in die Zukunft im Kabelfernsehen.«
Kellan bleibt vor einem matschigen Grasfleck stehen und setzt zu einer weitläufigen Erklärung über die Ausdehnung von Zeit und die Relativitätstheorie an. Ich versuche ihr zu folgen, verstehe aber schon die Sache mit den Wurmlöchern nicht.
»Ist alles nicht bewiesen«, sagt Kellan. »Allerdings auch nicht, dass es unmöglich ist. Ich persönlich glaube ja schon, dass es so was gibt, aber selbst ausprobieren würde ich’s lieber nicht.«
»Warum nicht?«
Sie zuckt die Schultern. »Was vorbei ist, ist vorbei. Darüber können wir in den Geschichtsbüchern lesen. Aber stell dir vor, wir würden heute schon erfahren, dass wir uns in Zukunft wieder im Krieg befinden oder dass wir es immer noch nicht geschafft haben, einen Farbigen oder eine Frau zum Präsidenten zu wählen, oder dass sich die alten Stones auch weiterhin auf die Bühne schleppen – das würde mich echt total abturnen.«
»Ich hoffe, die Zukunft ist besser als die Gegenwart«, sage ich, obwohl ich nicht mehr unbedingt damit rechne.
»Ich habe dir doch neulich von dem süßen Typ in meinem Physikkurs erzählt«, fährt Kellan fort. »Den hab ich gestern zufällig in der Stadt getroffen. Ehrlich, Emma, du musst unbedingt mit mir zusammen Bio belegen. Auf dem Hemlock sind echt unglaubliche Jungs – echte Männer !«
»Und wegen der Kerle soll ich Bio belegen?«
Kellan schüttelt den Kopf. »Du sollest am College Bio studieren, weil du ein kluges Mädchen bist und weil es generell zu wenige Wissenschaftlerinnen gibt. Aber wir beide können dazu beitragen, das zu ändern. Die Jungs sind nur die Sahne auf dem Kuchen.«
»Kann schon sein«, entgegne ich, mache mir jedoch mehr Sorgen über das, was ich von Kellan über Zeitreisen gehört habe. Wären diese prinzipiell unmöglich, dann hätte sie das klipp und klar gesagt. Hat sie nicht.
»Ich will aber nicht nur den Anteil der weiblichen Wissenschaftler erhöhen«, fährt Kellan fort. »Ich will, dass du dich richtig verliebst, bevor wir unser Examen machen. Das ist eines meiner persönlichen Ziele.«
»Du weißt, wie ich über die Liebe denke«, entgegne ich. »Die wurde doch nur erfunden, um Hochzeitstorten und Ferienreisen nach Waikiki zu verkaufen.«
»Meine Eltern lieben sich schon seit neunzehn Jahren«, sagt Kellan. »Und schau dir Tyson und mich an. Wir wären vielleicht das größte …«
»Er hat dir das Herz gebrochen! Wie kannst du von Liebe reden, nachdem er dir so wehgetan hat?«
Kellan schiebt sich eine weitere Fritte in den Mund. »Es war Liebe, weil es das wert war.«
10 ://Josh
Ich erreiche als Erster die Eiche am hintersten Ende des Campus, wo wir stets Mittagspause machen. Ich stelle meine Lunchtüte auf den Boden, ziehe mir mein Sweatshirt über den Kopf und stopfe es in meinen Rucksack. Dann setze ich mich mit dem Rücken an den Stamm und benutze ihn als Kopfkissen.
Mein Erdnussbutter-Marmeladensandwich ist zerquetscht, nachdem es Stunden in meinem Rucksack verbracht hat. Aber ich habe heute sowieso keinen Hunger. Emmas Gerede über diese Webseite ist mir auf den Magen geschlagen. Außerdem sitze ich gleich mit Sydney Mills in ein und demselben Kurs. Und ich kann sie nicht ansehen, ohne mir sogleich vorzustellen, wie sie auf Hawaii in einem knappen Bikini aus dem warmen Meer kommt.
Mit so was macht man keine Scherze!
Sydney Mills und ich sind wie verschiedene Planeten. Sie ist
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