Wir beide, irgendwann
Merkur und erstrahlt stets im hellen Licht der Sonne. Ich bin Pluto, habe zwar ein paar Freunde, halte mich aber am äußersten Rand unserer Galaxie auf.
»Achtung!«
Ein Subway-Sandwich segelt an mir vorbei und klatscht hinter mir auf die Erde. Tyson lässt sein Lunchpaket jeden Tag durch die Luft fliegen, den Grund dafür habe ich nie verstanden. Kellan sagt, es liegt daran, dass Tyson nur von seinem Vater aufgezogen wird und weit und breit keine Frau vorhanden ist, um ihn zu zivilisieren.
»Klotzkopf!«, sage ich.
»Hast du sie schon gesehen?«, fragt Tyson und reißt sein Lunchpaket auf.
Mein Herz beginnt zu rasen. Hat ihm Emma etwa von Sydney erzählt?
»Ich weiß, dass sie hinter meinem Rücken über mich herzieht«, fährt er fort. »Wenn wir zusammen sind, ist alles okay, aber wenn ich nicht in der Nähe bin …«
Er redet über Kellan. »Nee, hab ich nicht.«
Tyson und Kellan sind solche Gegensätze, dass Emma und ich uns nie hatten vorstellen können, dass aus den beiden mal ein Paar wird. Wir vier sind schon seit Ewigkeiten miteinander befreundet, doch letzten Juli begann es zwischen den beiden auf einmal zu knistern. Das blieb den ganzen Sommer so, aber am ersten Schultag hat Tyson die Sache auf einmal beendet. Später sind sie dann wieder zusammengekommen, ehe Tyson ihr erneut den Laufpass gab. Sie waren wie zwei Magneten, die sich nicht entscheiden können, ob sie voneinander angezogen oder abgestoßen werden. Nach der letzten Trennung war Kellan so am Boden zerstört, dass sie zwei Wochen lang nicht zur Schule kam. Doch seltsamerweise sind wir alle Freunde geblieben.
»Also mir gegenüber hat sie nie was Schlechtes über dich gesagt.« Ich ziehe mein zweites Sandwich aus der Tüte.
Tyson fingert eine Scheibe Putenschinken aus seinem Sandwich heraus und schiebt es sich in den Mund. »Weil sie genau weiß, dass du mir davon erzählen würdest.«
Ich erblicke Emma und Kellan, die uns entgegenschlendern, die Köpfe nah beieinander.
»Siehst du«, fährt Tyson fort. »Die reden bestimmt wieder über mich.«
Die Mädchen lächeln uns an, ehe sie sich neben uns setzen. Kellan quetscht sich Ketchup über ihre Pommes, während Emma ihre Tupperdose öffnet.
»Aloha«, sagt Emma, wirft mir einen verschmitzten Blick zu und spießt mit ihrer Plastikgabel eine Gurkenscheibe auf. »Hast du sie schon gesehen?«
»Wen gesehen?«, fragt Kellan.
»Anscheinend ist Josh in Sydney Mills verknallt«, sagt Emma.
Warum tut sie das?
»Wer ist das nicht«, sagt Tyson, den Mund voll mit Schinken und Käse.
»Ich hab nie gesagt, dass ich in sie verknallt bin«, gebe ich zurück.
Kellan blitzt Tyson zornig an. »Ach, wirklich? Jeder ist in sie verknallt? Wie einfallslos. Sydney Mills ist doch nur eine verzogene reiche Göre.«
»Hey, immer mit der Ruhe«, entgegnet Emma. »Ich wollte hier keinen Streit heraufbeschwören.«
»Ich kenne sie doch kaum«, verteidige ich mich. »Ich weiß, wer sie ist, aber ich würde niemals …«
Tyson sieht zu Kellan hinüber und schneidet mir das Wort ab: »Du hast ganz richtig gehört, Madame Besserwisser, ich fahre total auf Sydney Mills ab. Die ist nämlich echt der Hammer, falls du’s noch nicht bemerkt haben solltest.«
»Aber nur, wenn man auf Schlampen steht«, erwidert Kellan. Sie versenkt einen Strohhalm in ihrem Sprite und nimmt einen tiefen Zug.
Emma fängt meinen Blick auf und formt mit ihren Lippen ein Sorry.
Ich beiße in mein Sandwich und gebe mich gelassen. Die Webseite ist doch sowieso ein Witz.
➜
Ich überquere die Schwelle zum Kursraum, in dem wir Sozialverhalten haben, und schaue mich zaghaft um. Sydney Mills ist noch nicht da.
Ohne Umschweife eile ich zu meinem Platz. Meine Fingerspitzen trommeln auf die Tischplatte, während meine Mitschüler in das Klassenzimmer strömen. Bei jeder neuen Person beschleunigen sich meine Finger und mein Herzschlag.
Als Rebecca Alvarez den Raum betritt, lächle ich ihr kurz zu. Rebecca und ich waren zu Beginn unseres ersten Highschooljahres fünf Monate zusammen, meine bisher längste Beziehung. In der Schule reden wir manchmal ein bisschen miteinander, doch rufen wir uns nie an oder so was.
Von ihrem Platz aus, der sich auf der anderen Seite des Zimmers befindet, formt sie ihre Lippen zu einem lautlosen Ist was ?
Ich widme meine Aufmerksamkeit wieder der offenen Tür. Und da kommt Sydney!
Ich umklammere mit beiden Händen die Tischplatte, unfähig, meinen Blick abzuwenden. Ihre kastanienbraunen Haare wallen
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