Wir beide, irgendwann
diskutieren. Ich habe einen frühen Entwurf davon gelesen. Es geht um eine Schulregel, die es Mädchen untersagt, bauchfreie Shirts zu tragen, und die Frage, ob diese Vorschrift nicht den ersten Artikel der Verfassung verletzt. Das lässt mich an Graham denken, der gestern auf der Mannschaftsbank so scharf auf meinen Bauchnabel war. Auf dem Weg hierher habe ich ihm einen Zettel durch den Lüftungsschlitz seines Spinds geworfen, auf dem steht, dass wir uns erst bei der Musikprobe sehen. Auf diese Weise vermeide ich es am ehesten, dass er mir wieder hinterherjagt, um in aller Öffentlichkeit mit mir rumzuknutschen. Im Grunde sollten wir endlich unser Trennungsgespräch führen, aber heute Morgen ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Kellan schnappt sich ihren Rucksack. »Fertig?«
Wir schlendern den Gang hinunter, während immer mehr Schüler an ihren Garderobenschränken erscheinen. Ich habe keine Ahnung, was ich zu Josh sagen soll, falls ich ihm begegne. Als wir vom Fotogeschäft nach Hause kamen und uns voneinander verabschiedeten, war es schon spät. Doch jetzt, im hellen Licht der Schule, sieht man mir meine Gefühle zu sehr an.
»Hast du schon von Ricks Lagerfeuerparty am Freitag gehört?«, fragt Kellan, als wir die Stufen hinaufgehen. »Tamika hat mir davon erzählt. Freitag ist doch der Tag, an dem die Zwölftklässler die Schule schwänzen, und am Ende des Tages feiern sie am Strand hinter Ricks Haus eine Party. Es können aber alle kommen, die Lust dazu haben.«
Rick Rolland geht in die Abschlussklasse, spielt Football, schmeißt gern Partys und hat immer wunderhübsche Freundinnen. Letztes Jahr war er mit Sydney Mills zusammen, doch angeblich hat er sie mit einer Neuntklässlerin betrogen.
»Rick wohnt am See?«, frage ich und muss unwillkürlich an das zukünftige Haus von Josh und Sydney denken.
»Ja. Bist du dabei?«
»Glaub schon«, antworte ich, obwohl es nicht einfach ist, das Wochenende zu planen, wenn man ständig daran denken muss, wie das Leben in fünfzehn Jahren sein wird. Als wir an den Fremdsprachenräumen entlangspazieren, wende ich mich Kellan zu: »Meinst du, ich kann mich noch für diesen Biokurs am College einschreiben, oder ist es dafür schon zu spät?«
Kellan klatscht in die Hände. »Du hast deine Meinung geändert?«
»Glaube schon.«
Beim Aufwachen heute Morgen hab ich mir selbst ziemlich leidgetan. Doch wenn man erzählen kann, dass man bereits einen Collegekurs belegt, während man noch auf der Highschool ist, dann nötigt das den Leuten und auch mir selbst bestimmt Respekt ab. Außerdem hat mir Bio dieses Jahr wirklich gefallen, vor allem die Stunden über Vererbungslehre.
»Der Kurs ist zwar viel schwieriger als das, was wir auf der Highschool machen, aber du wirst bestimmt super damit klarkommen«, sagt Kellan. »Und die Qualifikationen hast du doch alle, also kriegst du auch definitiv einen Platz.«
»Ich hoffe es«, entgegne ich.
Kellan hakt sich bei mir ein und drückt meinen Arm. »Das ist unser erster Schritt in Richtung Medizinstudium!«
»Du willst mit mir Medizin studieren?«
»Klar. Vielleicht könnten wir sogar zusammenwohnen und unseren Facharzt an derselben Klinik machen!«
Als sie das sagt, fällt mir ein, dass ich ihren Namen mal auf Facebook suchen könnte. Vielleicht erfahre ich dort, ob sie wirklich eines Tages Medizin studieren wird. Es ist ein berauschender Gedanke, dass Facebook nicht allein auf Josh und mich beschränkt ist. Gut möglich, dass ich mich über die Zukunft eines jeden informieren kann!
18 ://Josh
In der dritten Stunde haben Tyson und ich Sport. Würden wir in irgendeinem Team mitspielen, brauchten wir Sport nicht zu belegen, aber das Opfer ist es wert. Wenn man die Zeit abzieht, die das Umziehen und der Weg zu und von den Volleyballfeldern in Anspruch nimmt, dauert eine Sportstunde nur dreißig Minuten.
Ich ziehe mein Handtuch unter beiden Armen hindurch, bevor ich es wieder in meinen Spind werfe. In der nächsten Reihe piept ein Beeper.
Tyson hat sich sein Handtuch eng um die Hüften gewickelt. Er greift darunter, um sich die Turnhose auszuziehen. »Ich wollte meinen Vater dazu überreden, mir zum Geburtstag einen Beeper zu schenken«, sagt Tyson, »aber er meinte, so was brauchen nur Ärzte oder Drogendealer.«
Ich schnuppere an meinen Achseln und schnappe mir mein Deo aus dem Spind. »Was willst du damit? Ich weiß, dass du kein Dealer bist, also musst du heimlich Arzt sein.«
Kyle Simpson kommt um die Ecke
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