Wir beide, irgendwann
eingefallen, als ich vor einer roten Ampel gewartet habe«, sagt sie. »Okay, stell dir vor, du kommst bei einem Frontalaufprall ums Leben. Du fährst also gerade die Straße runter, als dir ein Ford Bronco entgegenrast. Du weißt, das ist das Ende, und wirfst einen raschen Blick auf den Beifahrersitz … wen siehst du?«
»Kel, das ist ja schrecklich!«
»Schnell, sag, wen du siehst. Das ist dein zukünftiger Ehemann.«
Ich kratze mir ein bisschen korallenroten Nagellack vom Daumen. »Und ich sitze am Steuer?«
»Ja, und ihr werdet beide sterben. Wer ist es?«
»Ich weiß nicht«, antworte ich. »Du vielleicht.«
»Unmöglich«, entgegnet Kellan. »Wir haben gerade in Soziologie gelernt, dass zwei Menschen desselben Geschlechts nirgends in der Welt heiraten dürfen. Davon wird mein nächster Artikel für die Schülerzeitung handeln. Jetzt komm schon! Wer sitzt neben dir?«
»Niemand«, sage ich und schüttle den Kopf. »Ich sehe eine getigerte Katze. Oder vielleicht einen der Kakadus, den diese Frau in der Stadt immer auf der Schulter hat.«
Kellan schiebt ihre Unterlippe nach vorn. »Du willst einfach nicht mitspielen.«
»Okay, ich sehe Cody vor mir. Und du? Wen siehst du?«
»Tyson«, antwortet sie und schlägt ihr Heft wieder auf.
» Tyson ?« Ich blicke mir über die Schulter, um sicherzugehen, dass die Bibliotheksaufsicht unser Gespräch nicht bemerkt. Sie sitzt am Empfang und liest im School Library Journal . »Er hat dein Herz gebrochen, zweimal! Warum vergisst du das immer?«
»So bin ich eben«, antwortet Kellan. »Daran ist nichts zu ändern. Aber willst du mal was Nettes hören? Tyson hilft den älteren Skatern beim Sammeln von Brennholz für das Lagerfeuer am Freitag. Ist das nicht süß?«
Als Kellan mit ihrem Persönlichkeitstest weitermacht, muss ich erneut an meinen zukünftigen Ehemann, Jordan Jones Jr., denken. Die Informationen auf seiner Webseite sind spärlich. Anscheinend geht er gern angeln, aber ich weiß nicht genug über ihn, um ihn mir auf dem Beifahrersitz meines Autos vorzustellen.
Dann kommt mir eine Idee. Ich stehe abrupt auf und eile quer durch den Saal. Dass meine Zukunft so düster aussieht, liegt doch offenbar an ihm . Vielleicht könnte ich ihn irgendwie loswerden, um das Blatt zu wenden.
»Ms Nesbit?«, sage ich. Die Bibliothekarin hat rosa Strähnen im Haar und zwei große Silberringe an einem Ohr. »Gibt es hier in der Bibliothek Telefonbücher?«
Sie legt das Magazin vor sich auf den Tisch. Auf den aufgeschlagenen Seiten geht es um Zensur in der Buchwelt. Ms Nesbit gehört definitiv zu den cooleren Lehrern der Lake Forest High.
»Ist es ein Notfall?«, fragt sie und wuchtet das lokale Telefonbuch auf den Tisch. »Du kannst das Telefon hinten im Büro benutzen, wenn du jemand anrufen musst.«
»Eigentlich suche ich nach Telefonbüchern anderer Bundesstaaten.«
Ms Nesbit nestelt an einem ihrer Ohrringe. »Irgendein bestimmter Staat?«
Mein Puls beschleunigt sich. »Kalifornien.«
»Versuch’s doch mal in der Stadtbibliothek«, schlägt Ms Nesbit vor. »Dort haben sie Telefonbücher aus dem ganzen Land. Kalifornien ist bestimmt auch dabei.«
20 ://Josh
Nach der Anwesenheitskontrolle führt uns Mrs Tuttle in Richtung Aula, wo wir mit einem anderen Sozialverhalten-Kurs zusammentreffen werden. Was auch immer wir dort machen sollen, es gibt keinen anderen Raum, der groß genug für uns alle wäre.
Am Ende des Gangs befindet sich hinter einer Flügeltür das Theater. Der Kurs von Mr Fritz ist schon da. Ich denke an Davids Rat, eine gute Gelegenheit nicht verstreichen zu lassen, und beeile mich, um Sydney Mills nicht aus den Augen zu verlieren. Als ich hinter ihr herlaufe, steigt mir ihr Kokosnussaroma in die Nase, was mich an Sonnencreme und Bikinis erinnert. Und an Waikiki! Ach nein, Acapulco.
Ich will mich ihr nicht aufdrängen, doch zumindest ein einziges Mal muss ich mit ihr reden, um es hinter mich zu bringen. Sonst werde ich mir andauernd den Kopf darüber zerbrechen, wann sie mich wohl endlich wahrnimmt. Noch gestern hätte ich es für ausgeschlossen gehalten, dass wir uns jemals ineinander verlieben könnten. Doch nachdem ich das Foto von Emma am See und die Aufnahme von Sydney und mir mit unseren Kindern gesehen habe, weiß ich, es kann kein Scherz sein.
Ich schließe zu Sydney auf und gehe unauffällig neben ihr her. Ich sollte jetzt irgendwas Geistreiches sagen. Etwas, woran sie sich später stets erinnern wird als die ersten Worte, die ich an
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