Wir beide nahmen die Muschel
die gut in das Weltbild des
christlichen gegen die maurischen Herrscher kämpfenden Spaniens passte. Die
letzten vier Kilometer unserer Etappe sollte es eine Fahrstraße zum Kloster
Roncesvalles geben. Ich hatte sie auch gefunden. Leider hatte man das Schild am
Pfosten entfernt. Wir sind diese Straße ein Stück gegangen. Leider schwenkte
sie in der Entgegengesetzten Richtung ab. Wir haben dann abgebrochen. So blieb
uns nur der steile, 33 Prozent abschüssige Geröllweg übrig. Vier Kilometer
lagen noch vor uns. Im Nachhinein erfuhren wir, dass einige der Pilger, welche
wir auf dem Weg kennen gelernt hatten, hier verunglückt waren und ihre
Pilgerreise beenden mussten. Im Sonnenschein waren wir in
Saint-Jean-Pied-de-Port losgegangen. In den letzten drei Stunden hatte es sich
sehr zugezogen, es sah fast nach einem Gewitter aus. Auch wurde es sehr kalt.
Im Kloster angekommen, konnte ich vor Schmerzen kaum noch gehen. Wir waren bis
zur Erschöpfung gegangen. Wir gingen in die riesengroße Klosteranlage und
meldeten uns dort im Pilgerbüro an. Wir mussten unsere Wanderschuhe im
Eingangsbereich ausziehen, bekamen unseren Stempel ins Credencial (Pilgerpass)
und für 10,00 Euro eine Übernachtung ohne Frühstück. Es war eine neue Albergue
(Herberge) über vier Etagen. Alles aufs feinste. Jede Etage mit Stockbetten in
Vierernischen. Jedes Bett hatte ein verschließbares Rucksackfach. Jede Etage
hatte acht Duschen, Toiletten und eine Menge Waschbecken. Ich reservierte im
Hotelrestaurant für um 19:00 Uhr zwei Plätze. Es gab wie an jedem Tag im
Klosterrestaurant, eine gute Suppe so viel wie man wollte, eine sehr leckere
gebratene Forelle und Joghurt als Nachtisch für 9,00 Euro. Dazu noch kostenlos
eine gute Flasche Rotwein. Wie fast auf der gesamten Pilgerstrecke sind die
Zeiten für die abendliche Pilgermesse und die Essenzeiten im Restaurant die
gleichen. Wir mussten, wie so oft, auf die Pilgermesse verzichten. Ich wäre
dazu auch heute nicht mehr in der Lage gewesen. Beim Essen saß an unserem Tisch
eine Altpilgerin. Sie war den Camino schon öfters gegangen und konnte uns
wichtige Ratschläge geben. Um 21:15 Uhr duschte ich mich mit herrlich heißem
Wasser. Leider war ich an diesem ersten Tag zu fertig gewesen um meine
getragene Unterwäsche zu waschen, so musste ich sie am nächsten Tag wieder
anziehen. Wie hatte mein Altpilger Neunkirchen Karl im Vorfeld gesagt »Ein
Pilger darf ruhig auch einmal etwas streng riechen.« Die Wegstrecke stand im
Internet mit 11 Stunden, wir waren 10 Stunden gegangen. Also konnte ich fürs
erste sehr zufrieden sein. Morgen möchte ich 27 km gehen. Wir wären dann am
Samstagnachmittag in Pamplona und könnten dort den Palmsonntag erleben und in
der Albergue »Casa Paderborn« übernachten. Vielleicht werden es auch nur 10 km.
Ich überlasse das meinen Knien und dem lieben Gott. Es ist nun 21:40 Uhr, ich
höre um mich Stimmen aus aller Welt. Um 22:00 geht in der ganzen Albergue das
Licht aus. Wunderbar, dann kann ich hoffentlich einschlafen. Es war ein sehr
schöner und anstrengender erster Pilgertag. Mal sehen welche Knochen morgen
noch schmerzen.
Roncesvalles — Larassoaña
27,3 km, 410 m Aufstieg, 870 m
Abstieg
Freitag, den 15. April 2011
E in neuer
sehr kalter Tag hat für uns begonnen. Die Klosterdächer sind weiß gepudert. Die
ersten Pilger hatten schon kurz nach fünf Uhr im Licht ihrer kleinen Stirnlampen
ihre Rucksäcke gepackt und durch ihr Rascheln mit ihren Plastiktüten alle
aufgeweckt. Ich finde dies eine Unverschämtheit den anderen gegenüber. Aber
vielleicht sind das Berufspilger, da muss man natürlich Verständnis zeigen! Zum
Glück war ich noch einmal eingeschlafen. Kurz vor sieben Uhr wurde ich durch
das Geräusch der anderen Pilger wach. Es war draußen noch dunkel. Alle meine
Glieder schmerzten noch von der schweren Tour am Vortag. Schnell geduscht,
rasiert und Zähne geputzt. Ganz leise habe ich meine Mitpilgerin geweckt. Auch
ihr ging es nicht viel besser. Hoffentlich stehen unten im Regal noch unsere
Wanderschuhe, war meine Sorge. Es gab eine Kochküche und viele Automaten mit
allem was das Herz begehrt. Was nützt uns eine Küche, wenn es kein Geschäft
gibt, wo man etwas zum Kochen kaufen kann. Für ein Frühstück gab es alles in
den Automaten zu einem sündhaft teuren Preis. Da haben wir lieber verzichtet
und sind nüchtern losgegangen. Da wir beide Diabetiker sind, war es nicht die
beste Lösung, aber wir haben zur Not noch unseren
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