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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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Basse Navarre im
französischen Baskenland, am Fuße des Passes von Roncesvalles. Im Jahre 1988
wurde es von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Hier treffen zwei große
französische Pilgerwege zusammen, bevor es über die Pyrenäen nach Spanien geht.
Fast elf Stunden hatten wir vom Flughafen Bilbao bis hier benötigt. Eine
unendlich lange Zeit. Wir trafen hier mit ca. 15 Peregrinos ein und bekamen
sofort einen kleinen Vorgeschmack auf unseren weiteren Wegen. Wir gingen vom
Bahnhof über gepflasterte Wege durch die Porte de St. Jacques in die
wunderschöne Altstadt zum Pilgerbüro hoch. Dort wurden wir wie alte Freunde
sehr herzlich begrüßt. Unsere Daten wurden erfasst, einen Stempel ins
Credencial del Peregrino (Pilgerpass) und für 8,00 Euro bekamen wir unsere
erste Übernachtung sogar mit Frühstück, in der Réfuge pour Pélerins de St.
Jacques de Compostelle (Pilgerherberge). Dorthin wurden wir von dem Mitarbeiter
des Pilgerbüros persönlich begleitet und über den weiteren Ablauf unterrichtet.
Es war ein sehr altes Haus mitten in der Altstadt, aber sehr modern von innen
restauriert. Unser Schlafraum lag im zweiten Kellergeschoss und hatte acht
Betten. Immer zwei übereinander. Ich bekam das Untere, Helga das Obere, wie
fast immer in den nächsten Monaten. Alles war im Raum sehr eng zusammen
gestellt, kaum Platz für unsere Rucksäcke abzustellen. Zwei Duschen und zwei
Toiletten für das ganze Haus. Wir waren an- und untergekommen, das war die
Hauptsache. Wir sind Peregrinos und keine Touristen, hatten ein Dach über den
Kopf und waren fürs erste zufrieden. Da wir heute noch sehr wenig gegessen
hatten musste zuerst einmal für das leibliche Wohl gesorgt werden. Auf unserem
Hinweg hatte ich ein schönes Restaurant gesehen, welches mir zusagte. Draußen
stand auf einer Tafel in deutscher Schrift »Pilgermenü 9,00 Euro«. Wir haben
für den ersten Tag ein gutes Abendessen bekommen und bestellten uns dazu für
11,20 Euro eine Flasche Vino Tinto Rose. Um 21:30 Uhr lagen wir übermüdet im
Bett. Mal sehen was der erste Pilgertag uns morgen bescheren wird.

Saint-Jean-Pied-de-Port — Roncesvalles
     
    27 km, 1350 m Aufstieg, 550 m
Abstieg
    Donnerstag, den 14. April 2011
     
     
    B is drei Uhr
in der Früh hatte ich fest geschlafen, dann war meine Nachtruhe vorbei. Ich war
einfach noch zu aufgewühlt vom Vortag. Um 6:30 Uhr wurden wir mit Musik aus
einem Lautsprecher geweckt. Wir haben uns geduscht, dann das Wichtigste,
genügend Toilettenpapier für alle Fälle eingesteckt und sind nach oben zum
Frühstück gegangen. Wir waren fast die Letzten. Die meisten waren schon
gestartet. Es gab eine Schale Kaffee oder Tee, getoastetes französisches
Stangenbrot mit Butter und Marmelade. Wir ließen uns viel Zeit an unserem
ersten Pilgertag. Im Internet hatte ich gelesen, dass man ab einem Alter von 55
Jahren nicht mehr den Bergweg zum Kloster gehen sollte. Diese »Route Napoléon«
hätte 1350 Meter im An- und 550 Meter im Abstieg. Bei schönem Wetter wäre sie
ein einzigartiges Erlebnis. Die Fahrstraße über Valcarlos zum Kloster hätte
hingegen nur 1080 Meter im Auf- und 280 Meter im Abstieg. Auch wäre diese
Strecke 2,5 km kürzer. Bei schlechtem Wetter oder im Winter würde dringend die
Variante über Valcarlos empfohlen. Ihr Nachteil, diese Route führte 17,5 km
über eine Asphaltstraße und nur 7 km auf Waldpfaden. Wie werden da wohl unsere
Füße schmerzen? Wer geht beim Wandern schon gerne auf Asphalt? Wir hatten noch
nicht Mitte April. Wie wird dort oben das Wetter sein? Auch wurde gewarnt vor
sehr starkem Nebel im Frühjahr. Wie soll ich mich entscheiden? Da ich die
gesamte Planung für unsere Zeit gemacht hatte, trug ich natürlich auch die
Mitverantwortung für meine Mitpilgerin. Ich werde nun auf meiner Wallfahrt 67
Jahre alt, sollte ich der Vernunft folgen und die Straße wählen? Verhalte ich
mich nicht wie ein Kind, das ein unbesonnenes, tollkühnes Abenteuer unternimmt?
Hätte ich vorher nicht mit jemanden sprechen sollen, der Erfahrung im Wandern
durchs Gebirge hat? Treffe du für uns eine Entscheidung war Helgas Antwort auf
meine Frage an sie. Du triffst sie auf all unseren Wegen und ich werde dich
deswegen nie kritisieren. Mit so einer Mitpilgerin und so einem Vertrauen kann
man jeden Weg gehen. Erst um 8:40 Uhr starteten wir los. Genügend Proviant und
Wasser hatten wir mit. Auch warme und Regenkleidung. Durch die rue de la
Citadelle welche abwärts führt, haben wir den Fluss überquert und

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