Wir - die Unsterblichen
ja wohl auch hin. Gute Nacht, meine Herren. Und … seien Sie nachsichtig mit mir.«
Ich muß nicht ausdrücklich betonen, daß wir an diesem Abend noch lange zusammensaßen und diskutierten. Die Meinungen gingen stark auseinander, und Jack Williams und ich waren wohl die einzigen der Anwesenden, die geneigt waren, Koltow zu glauben. Cabrius hielt seinen Bericht für einen ausgemachten Schwindel, während sich Ackerbuild und Dr. Winters neutral verhielten.
Schließlich brachen wir dann doch auf. Winter schob den Stahlblock in die Rocktasche, packte den Karton ein und bedankte sich bei uns allen für den interessanten Abend.
Noch ahnten wir nicht, welche Überraschung uns am kommenden Mittwoch bevorstand …
Kaum waren wir gegen neun Uhr in Cabrius’ Bibliothek versammelt, da sagte Ackerbuild:
»Koltow hatte mich vor einer Woche gebeten, ihn täglich im Labor anzurufen. Seit zwei Tagen habe ich ihn dort nicht mehr erreicht. Ich bin nicht so sicher, ob er heute erscheinen wird.«
»Natürlich will er sich drücken«, behauptete Cabrius triumphierend. »Ich wußte es ja.«
»Das glaube ich nicht.« Ackerbuild schüttelte überzeugt den Kopf. »Er sagte mir voraus, daß er verreisen müsse, und er sagte es mir beim Abschied vor einer Woche mit einem recht merkwürdigen Unterton in seiner Stimme. Er meinte auch, es hinge mit seinem Beweis zusammen. Und wenn alles so verliefe, wie es nach seiner Theorie ganz logisch verlaufen müsse, würde er sich heute bei uns melden. Wir sollten ohne ihn anfangen, bat er mich, wenn er nicht pünktlich käme.«
Ich warf Williams einen Blick des Einverständnisses zu. Er hatte mich am Wochenende zu Hause aufgesucht, und wir waren Segeln gegangen. In der friedvollen Stille einer Schilfbucht, abseits vom Getriebe der lärmenden Gegenwart, war uns klargeworden, daß es für Koltow nur eine einzige Beweismöglichkeit gab, immer vorausgesetzt, seine Angaben und Theorien stimmten. Die Antwort auf alle Probleme der Zeit lag nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft.
Cabrius deutete auf den Wein.
»Also gut, fangen wir eben an …«
Seine Aufforderung hatte nur wenig Erfolg, denn es kam an diesem Abend keine rechte Diskussion in Gang. Die Unterhaltung schleppte sich nur müde dahin, und wir alle ignorierten Cabrius’ ständige Hinweise auf die möglichen Hintergründe von Koltows unentschuldigtem Fernbleiben. Williams und ich hüteten uns, auch nur ein Wort über unsere Vermutungen laut werden zu lassen.
Gegen halb elf fiel mitten auf dem Tisch klirrend ein Weinglas um, obwohl wir alle zurückgelehnt in unseren Sesseln lagen.
Zuerst nahm ich an, jemand habe mit dem Fuß ein Tischbein berührt, aber dann sah ich den Grund für das Malheur: Das Weinglas war wie von einer unsichtbaren Hand beiseite geschoben worden, während gleichzeitig genau dort, etwa zehn Zentimeter über der Tischplatte, ein Bündel beschriebenen Papiers aus dem Nichts heraus materialisierte.
Es fiel klatschend in die Weinlache.
Williams war geistesgegenwärtig genug, sich schnell vorzubeugen und die Papiere zu retten. Er hielt sie hoch, damit sie abtropfen konnten, dann breitete er sie vor sich auf dem Tisch aus.
»So also hat er es gemacht!« sagte er nur. Ich verstand sofort, was er damit meinte, Cabrius hingegen wetterte:
»Was soll der Unsinn? Zauberkunststückchen, und das in meinem Hause!« Er stand auf. »Ich hole ein Handtuch, warten Sie …«
Ackerbuild beugte sich vor, plötzlich sehr interessiert.
»Wenn das ein Trick war, dann aber ein großartiger.«
Cabrius kam mit dem Küchenhandtuch und wischte die Weinlache fort. Er warf es achtlos auf den Boden und sah Williams forschend an.
»Waren Sie das?« fragte er und deutete auf die feuchten Papiere.
Williams schüttelte den Kopf.
»Nein, Werner, das war Koltow. Erkennen Sie seine Handschrift nicht? Ein wenig verändert; reifer geworden, würde ich sagen, obwohl das in seinem Alter absurd scheint. Er hat uns eine Botschaft geschickt, den angekündigten Beweis.« Er nickte mir zu. »Wir haben es gewußt.«
Cabrius sah mich an.
»Natürlich, Sie haben es gewußt! Dann darf ich ja wohl um eine Erklärung bitten, wenn Sie es gewußt haben.«
»Vielleicht werden wir die Erklärung einfacher erhalten«, sagte ich ruhig, »wenn wir lesen, was Koltow uns mitzuteilen hat.«
»Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, daß ich auf den Trick hereinfalle?« knurrte Cabrius, unsicher geworden.
Williams reichte ihm die Papiere.
»Sie kennen
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