Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Lösegeldes hatte allen schwer im Magen gelegen, und Snilles verrückte Idee war tatsächlich durchführbar. Zumindest in der Theorie. Alle außer Anna-Greta hoben bei der Abstimmung ihre Hand, doch da sie selbst keinen besseren Vorschlag machen konnte, wurde für Snilles Plan entschieden. Zu guter Letzt stimmten sie auch darüber ab, ob sie zur Polizei gehen wollten oder nicht, doch in dieser Frage gab es noch immer verschiedene Meinungen, so dass die Entscheidung vertagt wurde. Noch ein paar Tage, dann würden sie die Selbstanzeige schon machen, dachte Märtha. Aber als Erstes galt es, das Geld zu verstecken. Snille sah auf die Uhr.
»Das schaffen wir heute noch«, sagte er, »aber nehmt euch erst so viel, wie ihr braucht. Vergesst nicht, dass von der Rente heutzutage immer weniger übrig bleibt.«
Das fanden die anderen auch, und Märtha, Stina, Anna-Greta und Kratze stellten sich um den Einkaufstrolley herum und bedienten sich. Einen kurzen Moment überlegte Stina, ob sie Emma und Anders einen Teil des Geldes geben sollte, doch die Kinder waren mittlerweile erwachsen und sollten schließlich auf eigenen Beinen stehen. Als alle fertig waren, bat Snille Märtha, ihm beim Aussuchen einiger Bilder aus dem Internet zu helfen. Snille rief verschiedene Homepages von Fallschirmspringern auf und wählte die buntesten und fröhlichsten Fallschirme aus, die er finden konnte. Märtha begriff, was Snille vorhatte, und suchte nach Texten über Abfindungen und Bonuszahlungen. Als die Seiten aus dem Drucker kamen, schnitt Märtha sie aus und legte sie ganz oben auf den Trolley. Schließlich dachte sie sich einen Namen aus und bastelte ein Schild.
Als es fast vier Uhr nachmittags war und sie nur noch eine Stunde hatten, bis das Moderne Museum schloss, verließen sie das Hotel.
»Hast du daran gedacht, dass die Leute auch denken könnten, dass es sich um einen Witz handelte, und nicht um eine ernsthafte Installation«, fragte Snille, dem langsam Zweifel kamen. »Heute ist immerhin der erste April.«
»Nein, ich denke mehr an zwei verlorene Bilder und die Hälfte des Lösegelds, die futsch ist. Es wäre schon gut, wenn wir die letzten Kröten nicht auch noch verlieren würden.«
»Aber wir hatten eine Menge Spaß, findest du nicht?«
»Ja, auf jeden Fall«, sagte Märtha und wurde rot.
Sie spazierten über die Brücke, und es dauerte eine Weile, bis sie den steilen Hügel, der zum Haupteingang führte, hinaufgegangen waren. Als sie ins Museum hineinkamen, hielt sie ein Wächter an, doch Märtha erklärte, dass ihr Rollator kaputtgegangen sei und sie sich auf den Einkaufstrolley beim Gehen stützen müsse. Da gewährte man ihnen Einlass, und nachdem sie ihre Mäntel in der Garderobe abgelegt hatten, gingen sie in die Ausstellungsräume. Eine ganze Weile wanderten sie herum. Schließlich fiel ihnen ein erhöhtes Podium ins Auge, auf dem eine Holzskulptur stand, die einen Mann mit einer ausgestreckten Hand darstellte.
»Snille, denkst du dasselbe wie ich?«
»Kommt wie gerufen«, gluckste er, und als für einen Moment niemand im Saal war, hoben sie den schwarzen Einkaufstrolley an und platzierten ihn direkt vor der ausgestreckten Hand auf dem Podium. Das sah so lächerlich aus, dass Märtha ihre liebe Not damit hatte, ernst zu bleiben, doch dann sammelte sie sich wieder und öffnete das Verdeck des Wagens, so dass die Bilder von den Fallschirmen und die bunten Scheine zum Vorschein kamen. Dann klebte sie einen Artikel über die Bonuszahlungen an die Finanzhaie daneben, und zu guter Letzt hängte Snille ein selbstgebasteltes Schild auf.
»Der Gierhals« von Gräfin Stina Adelshög stand dort in zierlicher, goldener Schrift, und damit war die Installation fertig. Die fiktive Künstlerin Stina zu taufen, fanden Snille und Märtha sehr naheliegend, denn ihre Freundin war über die verschwundenen Bilder so traurig gewesen, dass sie sie gern etwas aufmuntern wollten. Sie traten ein paar Schritte zurück und betrachteten ihr Werk.
»Glaubst du wirklich, dass da niemand rangeht?«, überlegte Märtha.
»Niemand wagt es, ein Kunstwerk zu berühren. Schon gar nicht, wenn es von einer Gräfin stammt.«
»Das ist richtig«, murmelte Märhta, doch wirklich überzeugt war sie nicht.
Sie gingen durch den Ausstellungsraum und betrachteten ihr Kunstwerk von verschiedenen Seiten und fanden, dass es sehr professionell wirkte. Nun waren sie fertig, holten ihre Mäntel und waren gerade auf dem Weg hinaus, als ihnen jemand
Weitere Kostenlose Bücher