Wir haben Sie irgendwie größer erwartet
zurückzuverwandeln, aber schließlich erledigte sie auch das mit einem Lächeln.
»Werden der Wirt und die Gäste nicht ein wenig verwirrt sein?« erkundigte sich Malcolm besorgt.
»Nicht wirklich«, antwortete Floßhilde. »Ich habe sie lediglich in Tische und Stühle verwandelt, und sie haben nichts davon mitbekommen. Wenn ich Menschen anlächle und verwandle, scheinen sie aus irgendeinem Grund nicht mehr viel zu merken.«
»Das kann ich durchaus nachvollziehen. Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«
»Ich hätte gern einen Babycham, aber bitte ohne Eis.«
Als Malcolm mit den Getränken zurückkam, beugte sich Floßhilde zu ihm vor und flüsterte: »Dahinten in der Ecke sitzt übrigens Ihre Liz mit ihrem Freund. Der Typ, den Sie ins Wasser geworfen haben.«
»Ja und? Außerdem ist das nicht meine Liz«, widersprach Malcolm entschieden.
»Wenn Sie wollen, kann ich den Kerl in einen Frosch verwandeln«, flüsterte Floßhilde. »Oder ich könnte ihn einfach nur anlächeln, ohne ihn in einen Frosch zu verwandeln, das gefiele Ihrer Liz genausowenig.«
»Ich glaube, Sie sollten das lieber sein lassen«, wandte Malcolm ein. »Ich darf mich nämlich nicht so bösartig und heimtückisch verhalten, wie ich es hin und wieder vielleicht gern möchte.«
»Das klingt ja furchtbar.« Floßhilde schien aufrichtiges Mitleid für Malcolm zu empfinden. »Hätte das denn Folgen, wenn ich den Kerl verwandle?«
»Wahrscheinlich. Aber trotzdem vielen Dank für Ihr gutgemeintes Angebot.«
»Kein Problem. Vielleicht sollte ich’s aber trotzdem tun. Ich mag den Typ nicht, er ist so steif und spießig. Ich kann spießige Leute nicht ausstehen.«
»Dann sollte ich lieber auf der Hut sein«, sagte Malcolm. »Ich bin sehr spießig geworden, seit ich …«
»Dafür können Sie ja nichts«, unterbrach ihn die Rheintochter.
»Ich sollte hier nicht mit Ihnen sitzen. Wo soll das denn hinführen? Fraternisieren mit dem Feind womöglich?«
»Aber Sie betrachten mich doch nicht wirklich als Ihre Feindin, oder?« Floßhilde lächelte ihn an, aber das war kein bedrohliches Lächeln, sondern nur eine leichte Bewegung der Lippen, die freundschaftlich gemeint war. Malcolm war fasziniert.
»Ich meine, Sie haben sowieso nicht vor, mir den Ring zu geben«, fuhr Floßhilde fort. »Warum sollten Sie auch? Aber das heißt doch noch lange nicht, daß ich Sie deswegen verachte.«
»Wirklich nicht?«
»Natürlich nicht.«
»Woglinde ist deswegen in Tränen ausgebrochen und hat mich angeschnauzt.«
»Das kommt bei ihr öfter vor. Sie ist ein sehr übellauniger Mensch. Ich werde ihr sagen, sie soll Sie gefälligst in Ruhe lassen.«
»Das wäre sehr zuvorkommend von Ihnen.« Malcolm verspürte ein merkwürdiges Gefühl im Nacken, eine Art Taubheit. So nett hatte er sich schon seit ewigen Zeiten nicht mehr mit jemandem unterhalten.
»Bleiben Sie noch lange in England?« fragte er, wobei er sich Mühe gab, möglichst gleichgültig zu klingen.
Floßhilde schmunzelte. »Wenn Sie wollen. Wissen Sie, uns ist das egal. Wir drei sitzen alle im gleichen Boot. Natürlich bin ich immer nur in Begleitung meiner beiden Schwestern, aber Geschwister gehen einem mit der Zeit auf die Nerven.«
»Ich weiß, ich habe auch eine Schwester.«
»Dann sind wir beide ja wie füreinander geschaffen. Ich meine, wir könnten mit dem Auto ein wenig die Gegend erforschen oder mit dem Boot den Fluß rauffahren.«
Malcolm fiel Hagen wieder ein und sagte, er könne Bootsfahrten nicht ausstehen, und fügte beunruhigt hinzu: »Was würden Ihre Schwestern denn dazu sagen?«
»Ach, vergessen Sie die beiden. Außerdem kann ich denen ja erzählen, daß ich Sie noch weiter bearbeiten muß.«
»Und wollen Sie das wirklich?«
»Nun, wir werden ja sehen«, entgegnete Floßhilde geheimnisvoll, wobei sie bewußt nicht lächelte. »Warum laden Sie mich nicht zum Essen ein? Ich verhungere allmählich.«
Malcolm fuhr in einem völlig kopflosen Gemütszustand nach Combe Hall zurück und wäre kurz hinter Bagborough fast in eine Schafherde gedonnert. Beim Essen hatte Floßhilde den Ring so gut wie keinmal erwähnt, lediglich beiläufig (sie erzählte urkomische Geschichten über Götter, insbesondere über Wotan), und schien keinerlei Anstalten zu machen, Malcolm ins Verderben stürzen zu wollen. Das hätte natürlich genausogut bedeuten können, daß sie lediglich besonders heimtückisch vorging war, aber Malcolm hatte vorsichtshalber ihre Gedanken gelesen. Obwohl er wußte, daß
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