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Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Titel: Wir haben Sie irgendwie größer erwartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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meine Familie eine Plage. Wenn ich noch mal von vorn anfangen könnte, dann …«
    »Der Staubsauger ist kaputt!« platzte Waltraute dazwischen, die plötzlich in der Tür stand. »Ich fürchte, ich muß die Treppe mit Handfeger und Schaufel saubermachen.«
    »Ja, das fürchte ich auch.« Wotan stand auf, und das eine Auge, mit dem er sehen konnte, funkelte. »Vor allem aber fürchte ich, daß es dir sogar noch Spaß macht.«
    Er durchquerte die langen Flure von Walhalla, wobei ihm Loge wie ein ängstlicher Schoßhund auf den Fersen hinterhertrottete. Von allen Seiten prasselten die Rufe der Walküren auf Wotan ein, die ihn über weitere hausgemachte Katastrophen in Kenntnis setzten, bis sich durch das an der gewölbten Decke reflektierende Echo die Stimmen überschlugen.
    »England hast du gesagt?« flüsterte er.
    »Ja.«
    »Gut. Dann laß uns sofort aufbrechen.«
     
    »Denk dran, ich weiß wirklich noch nicht, wie wir das Problem am besten in Angriff nehmen sollen«, sagte Wotan.
    »Können wir uns den Kerl nicht einfach schnappen?« schlug Loge vor. »Ich halte ihn an den Armen fest, und du ziehst ihm den Ring ab.«
    Die beiden standen vor dem elektronisch gesicherten Tor von Combe Hall. Ein Gärtner, der einen schicken neuen Overall trug und eine Harke in der Hand hielt, kam gemächlich auf sie zu und sagte: »Sie dürfen hier nicht parken.«
    Die langgestreckte elegante Mercedes-Limousine blockierte die Einfahrt. Wotan blickte den Gärtner finster an, was auf letzteren aber offenbar keinen Eindruck machte.
    »Entweder fahren Sie den Wagen da weg, oder ich rufe die Polizei. Ich sage das übrigens nur einmal.«
    »Gewiß, sofort«, murmelte Loge; schließlich gab es keinen Grund, unnötigen Ärger zu verursachen. »Entschuldigung.«
    »Mist!« fluchte Wotan, als sie von der Dorfwiese, wo sie den Wagen geparkt hatten, wieder nach Combe Hall zurückspazierten. »Ich habe versucht, dem Gärtner die Lunge abzuschnüren, damit er keine Luft mehr kriegt, aber das hat nicht geklappt. Wir sind einfach zu weit im Machtbereich des Ringträgers, um etwas mit Gewalt ausrichten zu können. Ich nehme an, dieser Idiot stand unter seinem Schutz.«
    Wotan blieb stehen und musterte den hohen Zaun.
    »Mit Gewalt kommen wir da nicht rein«, stellte er fest. »Wir müssen schon geschickter vorgehen.«
    Aus unerfindlichem Grund hatte Loge das schreckliche Gefühl, daß Wotan mit ›wir‹ ihn meinte. »Und woran hast du dabei gedacht?« erkundigte er sich vorsichtig.
    »Es gibt eine Menge Dinge in der Welt, die sterbliche Menschen noch mehr fürchten als die Götter«, antwortete Wotan schwülstig. »Ich denke, es ist an der Zeit, daß der Ringträger endlich wieder auf die Erde zurückgeholt wird. Er ist ein menschliches Wesen, kein Gott, und er ist Bürger eines demokratischen Landes des zwanzigsten Jahrhunderts.« Wotan gluckste vor Lachen. »Welch bedauernswertes Arschloch!«
     
    Malcolm fühlte sich glücklich wie schon lange nicht mehr. Er hatte gerade mit einem bemerkenswerten Mädchen zu Mittag gegessen und sich bereits für morgen zum selben Zweck mit ihr verabredet. Am schönsten aber war, daß seine Sekretärin ihm soeben verkündet hatte, sie werde in einer Woche ihren Jahresurlaub antreten, den sie wie immer in den Cotswold Hills verbringen wolle. Malcolm war dazu nur eingefallen, daß man sie dort wahrscheinlich demnächst zum Ehrenmitglied ernennen werde.
    Als nun die englische Rose gegen vier Uhr nachmittags gegen die Tür klopfte, erwartete er folglich nichts Gravierenderes als eine Darlegung ihrer Urlaubspläne. Er zwang sich zu einem Lächeln und fragte sie, was er für sie tun könne.
    »Unten steht ein Mann vor der Tür. Er sagt, er komme von der Regierung.«
    Bedenkt man, was er, seit er im Besitz des Rings war, alles getan hatte, war es verständlich, daß Malcolm diese Aussage mißverstand. Er erwartete, einen unterwürfigen Kurier der Regierung anzutreffen, der ihn inständig darum bitten würde, die Staatsgeschäfte zu übernehmen oder wenigstens die Adelswürde anzunehmen. Schließlich traf er auf einen Mann in einem dunkelgrauen Anzug, mit einem kantigen Gesicht und einer Aktentasche unterm Arm.
    »Herr Finger«, begann der ungebetene Gast, »ich komme von der Zoll- und Steuerfahndung. Wir stellen Untersuchungen über illegale Goldtransaktionen an.«
    Kurz vergaß Malcolm, zu wem er geworden war, und ihm erstarrte das Blut in den Adern. Wie alle ehrbaren Bürger wußte auch er, daß er sich irgend etwas

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