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»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

Titel: »Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Poole
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seit unserem Umzug nach New York vergangen, und schon jetzt konnte das Leben schlimmer nicht sein!
    Doch dann geschah ein kleines Wunder. Die Dienstplangötter hatten offenbar ein Einsehen mit uns, denn Georgia und ich wurden auf denselben Trip nach Albany eingeteilt. Wir würden gemeinsam einen zweitägigen Trip über Heiligabend und den ersten Weihnachtstag absolvieren. Wenn wir Weihnachten schon nicht mit unseren Familien feiern konnten, hätten wir immerhin noch uns. Außerdem winkte ein fünfzigprozentiger Feiertagszuschlag zusätzlich zu unserem normalen Verdienst (nach dem 11. September wurde diese Regelung übrigens abgeschafft). Was wollte man mehr? Wir konnten es kaum erwarten. Na ja, ich konnte es kaum erwarten. Georgia hatte nur einen Wunsch: nach Hause zu fliegen. Während ich auf dem Bett saß und die Durchsagen probte, verzog sich Georgia mit dem Telefon unter die Bettdecke, um herauszufinden, wie teuer ein Ticket nach North Carolina war. Sie wollte ihrem Freund – Jack, John, Jake oder wie auch immer – einen Überraschungsbesuch abstatten, sobald wir zurück in New York waren. Mein Freund hingegen legte für meinen Geschmack viel zu großes Verständnis für meine Abwesenheit an den Tag, obwohl ich ihm einen Hinweis nach dem anderen lieferte, der ihm klarmachen sollte, dass er ohne mich eigentlich viel besser dran wäre. Jede andere Frau hätte sein Verhalten rührend gefunden. Mir aber ging das Ganze allmählich auf den Keks. Es war höchste Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.
    Hätten wir nicht gerade an Heiligabend fliegen müssen, wäre der Flug perfekt gewesen. Es war nur eine Handvoll Passagiere an Bord, die allesamt reizend waren, der Service ging reibungslos über die Bühne, und das Beste von allem war: In der First Class blieb so viel Essen übrig, dass ich uns ein regelrechtes Festtagsmenu arrangieren konnte. Frohe Weihnachten! Georgia und ich standen in der Bordküche und plauderten, als der dienstälteste Flugbegleiter, der sich freiwillig gemeldet hatte, um die Feiertage nicht mit seinen Schwiegereltern verbringen zu müssen, plötzlich rief: »O Gott, wir landen!«
    Normalerweise freuen sich alle, wenn die Landung angekündigt wird. Es bedeutet, dass die Schicht bald zu Ende ist und der Liegestuhl am Hotelpool ruft. Doch in Verbindung mit den Worten »O Gott!« schlägt auch die positivste Ankündigung ins Gegenteil; in diesem Fall zu etwas vom Ausmaß einer mittleren Katastrophe. Eilig begannen wir Essensreste, schmutziges Geschirr, Gläser und halbleere Weinflaschen einzusammeln und in die bereits vollen Schubfächer zu stopfen. Unter uns sah man schon die Dächer und Straßenlaternen.
    Ich klappte den Dessertwagen zu und rammte ihn ins Fach. »Hat irgendjemand mitbekommen, dass der Kapitän der Crew die Landung angekündigt hat?«, fragte ich panisch. Ich wollte nicht allein die Verantwortung für diesen Fauxpas übernehmen müssen.
    »Nein, er hat nichts gesagt. Lasst die Tabletts einfach im Herd stehen«, befahl der Senior-Flugbegleiter. »Macht die Wagen zu und setzt euch so schnell wie möglich hin. Ich sammle noch kurz ein, was in der First Class übrig ist, und stelle alles hinter die letzte Reihe.« Er zeigte auf Georgia, die wie angewurzelt dastand und ihn entsetzt anstarrte. »Du sammelst auf dem Weg nach hinten die Abfälle ein. Los, los, mach schon! Wir setzen in ein paar Sekunden auf.«
    Mir blieb noch nicht einmal Zeit, mich anzuschnallen, als die Gummiräder bereits den Asphalt berührten. Wir rollten über die Landebahn. Georgia und unser Senior-Kollege standen immer noch im Gang. Mit schweißnassen Händen griff ich nach dem Mikrofon und hieß unsere Fluggäste in Buffalo willkommen.
    »Albany«, riefen einige von ihnen. »Wir sind in Albany!«
    »Albany meinte ich natürlich«, korrigierte ich mich über die Sprechanlage.
    Unser Layover-Hotel entpuppte sich als ein abgehalftertes Motel. Überall roch es modrig, es gab keine Fernbedienung für den Fernseher, und auf dem Bett lag eine Tagesdecke, die aussah, als hätte sie die Großmutter des Portiers vor zwanzig Jahren gehäkelt. Tapfer tappte ich über den zerschlissenen Teppichboden, zog die Vorhänge mit Blümchenmuster zu und nieste heftig. Ich griff nach dem Telefon, um Georgia zu fragen, ob sie herüberkommen und mit mir etwas vom Zimmerservice bestellen wolle, konnte aber nirgendwo die Speisekarte finden. Weil es keine Speisekarte gab. Das Hotel bot keinen Zimmerservice an. Und das Restaurant war

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