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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hatte er einmal eine neue Wirtschafterin zu engagieren. Das fünfundzwanzigjährige Mädchen fragte den weißhaarigen Greisen, was es wohl so zu tun hätte auf dem Hof, und er zählte auf: Essenkochen!
    Joa, kann ich.
    Hühner besorgen.
    Joa, Bur, kann ich. Wäsch waschen.
    Joa, Bur, kann ich auch.
    Schwein einschlachten.
    Joa, Bur, kann ich.
    Schlafen.
    Als wie was? Schlafen –?
    Dumme Deern, bi mi slopen, versteiht sick!
    Joa, wenn’t sin möt, Bur …
    Versteiht sick.
    Joa, wenn’t sin möt, Bur, kann ick.
    Nein, keine Probleme, es kam, aber es kam als letztes, hinter den Hühnern und dem Einschlachten.
    Dieser alte Malte Gäntschow ist es übrigens auch gewesen, der sich statt einer Kuh eine Frau gekauft hat, und noch dazu auf dem Festlande drüben, woher die Fiddichower sich im allgemeinen nicht ihre Frauen holen. Alle Jahre bis zu ihrem frühen Tod in einem Kindbett hieß die junge Frau statt ihres christlichen Taufnamens Justine die Silberkuh, und das kommt von der Sache mit den Silberkühen, über die die alten Leute der Insel heute noch zu erzählen wissen.
    Damals, als der noch ganz junge Malte Gäntschow unverheiratet nach seines Vaters Tode den Hof übernahm, also vor fast hundert Jahren, hatten die Bauern auf Fiddichow noch nicht das schöne schwarzbunte Niederungsvieh mit seinen |26| hohen Milcherträgen wie heute, sondern struppige, rotbraune Kühe, klein wie Ponys. Sie gaben wenig Milch und waren wild und ungebärdig wie die Katzen.
    Es verbreitete sich aber über die Halbinsel Fiddichow das Gerücht, daß jetzt drüben auf dem festen Lande eine andere Art Rind aufkäme, schwere, tief gebaute Rinder mit breiter Brust, mit einem Rücken gerade wie ein Eschenstamm, mit kurzen silbrigen Hörnern, gutartig, fromm, hoch in der Milch und mit einer nie vernommenen Sahnenausbeute. Das Gerücht mag mit den Holzfahrern aus den Buchenwäldern Jasmunds über die Kerbe gekommen sein. Oder Fischer, die nach Stralsund mit ihren Böten gefahren waren, mögen es mitgebracht haben. Jedenfalls, keiner, der davon sprach, hatte das Vieh mit eigenen Augen gesehen, konnte sagen, auf welcher Hofstätte, in welchem Dorf es denn nun eigentlich stand.
    Aber je weniger Deutliches man wußte, um so mehr wuchsen die Gerüchte, die im Schwange waren, die Bullen wurden zwanzig, ja fünfundzwanzig und dreißig Zentner schwer, wahre Urtiere, die durch die Tür keines Fiddichower Stalls zu bringen gewesen wären. Die Milch der Kühe floß aus einem übergroßen Euter so reichlich, daß man nicht mit einem, nein, mit zwei Melkeimern zu jeder Kuh kommen mußte, und daß ein starkes Mädchen von dem Melken zweier Kühe müde werden sollte. Was aber die Farbe anging, so wurde allmählich aus den Silberhörnern eine ganze Silberhaut. Ohne Flecken, schlohweiß sollten die Tiere sein, mit einem Glanz des Fells, von dem man noch nie vernommen. Die Bauern saßen in den Schenken und hörten mißtrauisch und grinsend auf dies Gerede, zuerst waren es ja keine Bauern, die davon sprachen, sondern fahrendes Volk: Fuhrleute, Fischer, auch die braunen Zigeuner in ihren grün gestrichenen Wohnwagen. Sie horchten darauf, als erzählte man Erwachsenen Kindermärchen, und sie fragten wohl auch, ob der Erzähler sich nicht verguckt hätte und dem Elefanten aus dem Naturgeschichtsbuch im Traum begegnet wäre. Eine |27| Weile waren die Wörter Elefantenmilch und Elefantenkäse beliebte Wörter für Lügen auf der Insel.
    Allmählich aber entzündete sich die Phantasie der Leute an diesen Geschichten, es gab in jenen Tagen so viel Neues, das erste Dampfboot hatte fauchend und qualmend im Rieker Hafen gelegen, neuartige Ackergeräte ganz aus Eisen waren aufgetaucht, und man sprach davon, daß die Schafwolle nichts mehr gelte, sondern daß eine andere Wolle, die auf Pflanzen wüchse, alle Schafe ausrotten würde. Die Spötter verstummten allgemach, ein und das andere vorsichtige Wort fiel, man solle doch einmal solch ein Tier mitbringen, über den Preis werde sich schon reden lassen. Oder man solle doch wenigstens genau verkünden, wo solche Tiere zu sehen seien.
    Natürlich waren es mehr die jungen Leute, die solche Äußerungen taten, die älteren hüteten sich wohl, ihren langsam erworbenen Ruf der Erfahrung und Weisheit durch irgendein Eingehen auf solches Gerede zu gefährden. Unter den jüngeren war es aber nun am meisten der Malte Gäntschow, der sein Herz an diese Geschichten hing. Er bedrängte alle, die etwas wissen konnten, mit Fragen, was die

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