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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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ich sehr einsam.
    »Viel Spaß«, wünschte Caroline uns mit einem leicht anzüglichen Unterton, der nicht so recht zur Frühstückszeit passte, schlenderte durch meine Tür und kehrte in ihr Zimmer zurück.
    Ich griff nach meiner Tasche und zog die Tür hinter uns zu. Wir hatten es beinahe ohne Zwischenfall den Gang hinaus geschafft, als Caroline mir hinterherrief: »Oh, Rachel, was das betrifft, worüber wir vorhin gesprochen haben. ›Annehmbar‹ war nicht das richtige Adjektiv. Als Englischstudentin solltest du das wissen!«
    »Tschüss, Caroline!«, brüllte ich und spürte, wie mein Magen ruckartig bis zu meinen Schuhen rutschte.
    »Was meint sie?«, erkundigte sich Ben.
    »Nichts«, murmelte ich und dachte, dass ich mir das verdammte Rouge hätte sparen können.
    Angesichts der Menschenmenge an der Bushaltestelle, die an ein Live-Aid-Konzert erinnerte, schlug Ben vor, die Meile zur Uni zu laufen. Wir stapften über den gelbbraunen Laubteppich, während der Verkehr an der Oxford Road an uns vorbeirumpelte, und tauschten unsere biographischen Daten aus – woher wir kamen, welche Abschlussfächer wir gehabt hatten, Familie, Hobbys und Sonstiges.
    Ben war im Süden von London mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester aufgewachsen. Sein Vater hatte sich aus dem Staub gemacht, als Ben zehn Jahre alt gewesen war. Als wir an dem Gebäude vorbeigingen, das aussieht wie ein riesiger Toastständer aus Beton, wusste ich bereits, dass er mit zwölf von einer Mauer gefallen war und sich das Bein gebrochen hatte. Er hatte sehr lange im Bett liegen müssen und irgendwann vom Fernsehprogramm die Nase voll gehabt. In seiner Verzweiflung hatte er alles gelesen, was er im Haus hatte finden können, darunter alle Klassiker der Folio Society und sogar die Catherine-Cookson-Romane seiner Mutter, bis er schließlich seine Schwester dazu gebracht hatte, für ihn zur Bücherei zu gehen. Ein zersplittertes Wadenbein legte den Grundstein für seine Begeisterung für Literatur. Ich erzählte ihm nicht, dass meine Leidenschaft für Bücher entstanden war, weil ich nicht sehr oft von anderen Kindern aufgefordert worden war, mit ihnen auf Mauern herumzutollen.
    »Du hast keinen ausgeprägten nördlichen Akzent«, meinte er, nachdem ich ihm kurz meine Herkunft beschrieben hatte.
    »Das ist ein Sheffielder Akzent. Was hast du denn erwartet? Ich wette, für dich beginnt der Norden schon in Leicester.«
    Er lachte und verstummte dann.
    »Mein Freund hat gesagt, ich darf mir auf keinen Fall den Manchester-Akzent angewöhnen«, fügte ich hinzu.
    »Er kommt aus Sheffield?«
    »Ja.« Ich konnte es einfach nicht lassen. »Er spielt in einer Band.«
    »Wie schön.«
    Das klang respektvoll und aufrichtig, und ich wusste es zu schätzen, dass Ben keine dummen Witze über Beziehungen riss, die die Entfernung nicht länger überdauerten als die Erstsemester-Grippe.
    »Dann führt ihr eine Fernbeziehung?«
    »Ja.«
    »Viel Glück dabei. Ich könnte das in unserem Alter nicht.«
    »Nein?«, fragte ich.
    »Ich finde, jetzt ist die Zeit, um sich auszutoben. Versteh mich nicht falsch – wenn ich mal zur Ruhe gekommen bin, dann lege ich mich mit allen Konsequenzen fest. Aber bis dahin …«
    »Bis dahin wirst du noch einige Bierdeckel sammeln«, beendete ich den Satz für ihn, und wir grinsten uns an.
    Als wir uns dem Universitätsgebäude näherten, zog Ben einen gefalteten Raumplan aus der Tasche. Ich bemerkte, dass die Kanten noch scharf waren, während mein Exemplar wie altes Pergament zu zerfallen drohte, weil ich es zu oft nervös und mit schwitzigen Händen auseinander- und wieder zusammengefaltet hatte.
    »Also, wo müssen wir hin?«, fragte er.
    Wir beugten unsere Köpfe gemeinsam über das Papier, schauten angestrengt auf das orangefarben markierte Rechteck und versuchten, uns zu orientieren.
    Ben drehte das Blatt und betrachtete es mit zusammengekniffenen Augen. »Irgendeine Idee, Ronnie?«
    Meine gute Laune verflog, und ich war betroffen. Wie viele Frauen hatte er denn gestern kennengelernt?
    »Mein Name ist Rachel«, erklärte ich kühl.
    »Für mich bist du Ronnie.«
    Jetzt fiel mir unsere Unterhaltung über das missglückte Passfoto wieder ein, und erleichtert und verlegen brach ich in viel zu lautes Gelächter aus. Er hatte mir meine Unsicherheit anscheinend angemerkt, denn als er in mein Gelächter einstimmte, schien er aufzuatmen.
    Die besten Freundschaften stellen sich normalerweise langsam und unauffällig ein, und man erinnert

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