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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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zu essen liefern. Ich komme morgen vorbei.«
    Nachdem ich aufgelegt habe, stelle ich fest, dass ich nicht hungrig bin, aber ich erinnere mich, eine Flasche Bombay Sapphire auf Rupas Regal gesehen zu haben. Ich hole sie und sage mir, dass ich sie vor meinem Auszug längst ersetzt haben werde. Ich habe kein Tonic, also mische ich den Gin stattdessen mit Fruchtsaft aus dem Tetrapack. Ich stelle den Fernseher an und lasse mich von einer Ärztesoap berieseln, als mich plötzlich ein weiterer Kummer plagt. Eine Sache, die ich verdrängt habe. Ben hat nicht angerufen. Und ich beginne zu glauben, dass er das auch nicht tun wird.
    Ich sollte überhaupt nicht darüber nachdenken. Es ist widerlich. Schließlich ist er verheiratet und kein Mann, mit dem ich ein Date haben könnte. Aber wenn er mich nicht anruft, sagt das eine Menge aus. Es wäre ein extrem beredtes Schweigen.
    Eine halbe Stunde mit dir war genug. Eigentlich war es schon zu viel, aber ich habe es lächelnd ertragen. Vorbei ist vorbei, und nur du lebst noch in der Vergangenheit. Wir sehen uns am zehnten Jahrestag unseres Nichts wieder. Und übrigens – mit diesem Haarschnitt siehst du aus wie Tom Hanks in
Sakrileg.
    Tief in meinem Inneren ist mir bewusst, dass nicht Ben, sondern mein paranoides Schuldbewusstsein zu mir spricht. Ben war derjenige, der sich völlig unnötig dafür entschuldigte, seine Hochzeit erwähnt zu haben, als ich ihm von meiner gelösten Verlobung erzählte. Warum also verändert sich ständig die Perspektive, wenn ich mir unsere Unterhaltung ins Gedächtnis rufe? Unwillkürlich denke ich an ein wesentliches Detail – er hat sich meine Telefonnummer geben lassen, mir aber seine nicht verraten, richtig?
    Er war derjenige, der sagte, es wäre toll, mal gemeinsam auszugehen, versichert mir der Engel auf meiner Schulter.
    So etwas sagt man eben, wenn man sich höflich von jemandem verabschieden möchte, ohne unbedingt vorzuhaben, es auch in die Tat umzusetzen, entgegnet der Teufel.
    Oh, Gott, er wird mich nie anrufen, und ich werde Ben und seiner schönen Olivia bei John Lewis über den Weg laufen, wo sie gerade feingewirkte Bettwäsche aussuchen. Und dann werde ich bei meinem hastigen Versuch zu entkommen rückwärts über einen Rollstuhlfahrer stolpern.
    Als bei dem Patienten im Fernsehen plötzlich Herzkammerflimmern auftritt und das Notfallteam einschreiten muss, lege ich mich auf eine Theorie fest, die sowohl meinem Fatalismus als auch meiner Kenntnis über Bens Charakter gerecht wird. Er hat es wirklich so gemeint, als er sagte, ein Wiedersehen wäre nett. Er hat in gutem Glauben nach meiner Telefonnummer gefragt und wahrscheinlich tatsächlich vorgehabt, mich anzurufen. Doch dann hat er noch einmal darüber nachgedacht und sich überlegt, was er seiner Frau von mir erzählen soll. Allein dieser Gedanke hat ihn möglicherweise daran zweifeln lassen, ob es eine so gute Idee war. Ich kann mir einige Erinnerungen vorstellen, die ihm bei der Entscheidungsfindung geholfen haben könnten. Und in diesem Moment hat er in seinem Telefonverzeichnis meinen Namen aufgerufen und einen Anflug von Bedauern empfunden. Er hat einen Entschluss gefasst, auf die Löschtaste gedrückt und ist zu seinem wunderbaren, Rachel-freien Leben zurückgekehrt.
     
    Eine halbe Stunde später klingelt mein Telefon. Mum, denke ich und wappne mich für fünf Minuten vorgetäuschte Fröhlichkeit. Als ich einen Blick auf das Display werfe, sehe ich eine unbekannte Nummer.
    »Hi, Rachel?«
    Ich erkenne die warme Männerstimme sofort. Gerade noch ziemlich verschlafen, bin ich in Sekundenschnelle die hellwachste Person in ganz Manchester. Er hat angerufen! Er hasst mich nicht! Er hat nicht gelogen! Adrenalin schießt durch meinen Körper, gefolgt von einer Endorphinausschüttung.
    »Hi!«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja, mir geht es gut!«
    »Hier ist Ben.«
    »Hallo, Ben!«, sage ich in einem Tonfall, als hätte ich nach einer langen Suche endlich mein Ziel erreicht.
    »Geht es dir wirklich gut? Du klingst ein wenig seltsam.«
    »Ich bin, ich war – ich war …« Himmel, ich will nicht zugeben, dass ich ein Nachmittagsschläfchen gemacht habe wie eine Zweiundachtzigjährige. »Ich … habe mich gerade … kurz hingelegt.«
    »Ah, ich verstehe.« Ben scheint das peinlich zu sein, und ich spüre, dass er glaubt, ich habe jemanden bei mir. Zu einem Schäferstündchen. »Ich melde mich später noch mal.«
    »Nein!«, brülle ich. »Ehrlich, mir geht es gut. Wie geht es dir? Es

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