Wir in drei Worten
mit vanille-karamell geschecktem Haar vor. Bestimmt war sie Stürmerin im Netzballteam der gegnerischen Schule, die so hart abgeworfen hat, dass alle Angst vor ihr hatten. Mein Blick wandert zu dem Mann neben ihr, der kleiner und dicker ist als sie. Sein lachsfarbenes Hemd betont seine gerötete Haut.
»Lucy, Matt, das ist Rachel. Simon kennst du ja schon …«
Simon, der gerade die Bücherregale inspiziert, hebt zum Gruß seine Sektflöte und kommt näher. Er trägt noch seine Bürokleidung.
»Kann ich dir einen Champagnercocktail anbieten, Rachel?«, fragt Olivia.
»Du kannst, und ich nehme ihn auch an«, erwidere ich in dem Versuch, den richtigen Plauderton zu treffen, klinge allerdings eher albern. »Euer Haus ist wunderschön, Olivia. Man würde nicht glauben, dass ihr erst so kurz hier wohnt.«
Es handelt sich zweifellos um ein richtiges Erwachsenen-Zuhause. Der hafermehlfarbene Teppich unter unseren Füßen ist dick und weich. In dem gewaltigen offenen Kamin stehen flackernde Altarkerzen. Und an den Wände hängen gerahmte Schwarzweißfotos von Barcelona oder Berlin, oder wohin sie ihre romantischen Reisen mit der Nikon sonst geführt haben mögen.
»Ach, hier muss noch viel getan werden. Wir haben zur Tarnung die Lichter gedämpft«, sagt Olivia auf dem Weg in die Küche.
»Liv ist zu bescheiden. Sie zieht einen Schweif aus Ordnung hinter sich her wie andere Leute das Chaos«, ruft Ben, der am Herd steht.
Der Tisch ist mit blauen Servietten und darauf abgestimmten dünnen Kerzen geschmückt. In der Mitte prangt eine Schmetterlingsorchidee in einem mit Kieseln gefüllten Gefäß. Aus einer Stereoanlage von Bang & Olufsen plätschert leise Hintergrundmusik. Während Ben noch auf dem Weg nach oben ist, hat Olivia es offenbar schon recht weit gebracht, denke ich, während ich die Atmosphäre von kostspieliger Gediegenheit und diskretem Wohlstand auf mich wirken lasse. Ich halte mir mein Haus in Sale vor Augen, und mir wird klar, dass Ben und ich uns in völlig unterschiedlichen Kreisen bewegen. Kurz denke ich daran, um wie viel sicherer ich mich mit Rhys an meiner Seite fühlen würde. Doch schon im nächsten Moment frage ich mich, ob es die Sache wert wäre. Er würde diese katalogreife Zurschaustellung von Bürgerlichkeit als Provokation empfinden, und ich würde beten, dass er nicht zu viel trinkt und sich danebenbenimmt.
Olivia kehrt zurück und drückt mir ein Champagnerglas in die Hand. Himbeeren tanzen in der Flüssigkeit.
»Sind jetzt alle da, Liv?«, fragt Lucy.
»Ja.«
»Gut, dann möchte ich einen Trinkspruch ausbringen: Willkommen in Manchester, Liv und Ben.«
»Prost«, murmle ich und stoße mit den anderen an.
»Prost, Ben!«, rufen alle, weil er in der Küche ist.
Das sind alle? Sechs Personen, zwei Paare, zwei Singles – Simon und ich sollen offensichtlich verkuppelt werden. Es ist also nicht nur ein Gerücht: Diese mit dem Zaunpfahl winkenden Hilfestellungen zur Beziehungsanbahnung gibt es wirklich. Ist es Simon ebenso unangenehm, dass ich ihm praktisch aufgedrängt werde? Lucy und Matt mustern mich neugierig. Ich werde tapfer sein müssen und so tun, als geschehe das alles nicht. Meine übliche Vorgehensweise.
Verzweifelt und mit einem starren Grinsen im Gesicht, drehe ich mich zu Simon um. »Wie geht es dir?«, frage ich.
»Ich habe mit Natalie gesprochen. Sie will sich unbedingt interviewen lassen«, erwidert er, und ich bin erleichtert, dass wir ein gemeinsames Gesprächsthema haben.
»Super.«
»Ich gebe dir Bescheid, wenn der Termin steht. Ist es in Ordnung, wenn es bei ihr zu Hause stattfindet?«
»Optimal.«
»Soll ich dabei sein?«
»Wenn es dir nichts ausmacht, wäre es mir lieber, wenn nicht.«
»Danke.«
»Ich wollte nicht unhöflich sein.«
»Ach, wirklich? Wie würdest du es dann nennen?«
Er macht ein gespielt ernstes Gesicht, worauf ich lachen muss.
»Wenn du danebensitzt«, erkläre ich, »ist sie nervös und schaut dich vor jeder Antwort hilfesuchend an. Dann wird das Ganze schrecklich steif. Ich weiß, dass es eine tolle Story ist. Aber sie ist nicht Barbra Streisand. Wir schaffen das schon.«
»Ich denke darüber nach«, erwidert Simon lächelnd.
»Das sind meine Bedingungen«, entgegne ich, ebenfalls lächelnd, und hoffe, dass ich nicht zu frech bin. »Anderenfalls wünsche ich dir viel Spaß mit den überregionalen Blättern.«
Die überregionalen Zeitungen würden sich um Simon reißen. Doch nach dem Gespräch mit Ben bin ich ziemlich
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