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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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für ein Wochenende auf dem Land«. Warum können die nicht den Stier bei den Hörnern packen und sich mit den wirklich heiklen Fragen beschäftigen? Zum Beispiel: »Was ziehe ich an, wenn ich der Frau meiner verlorenen Liebe gegenübertrete?«
    Ich weiß, dass das derzeitige Inventar meines Kleiderschrankes nichts für diese Abendeinladung hergibt. Die Auswahl ist so klein – und damit meine ich nicht die Kleidergröße –, dass ich mich für die Strategie verbrannte Erde entscheide, das meiste davon zusammenpacke und in das nächste Sozialkaufhaus bringe.
    Mein Heiligenschein verliert an Glanz, sobald ich, mit recycelbaren Müllsäcken bewaffnet, im Ladenlokal der Seniorenhilfe stehe. Die Frau hinter der Theke trägt ihr graues Haar in einem Dutt und die Brille an einer Kordel um den Hals und sieht aus wie die reizende Großmutter aus einer Geschichte von Roald Dahl, die einen adoptiert, wenn man im ersten Kapitel auf tragikomische Weise beide Eltern verliert.
    »Einfach hierhinlegen?«, frage ich fröhlich, in der Hoffnung, die Sachen abwerfen und mich rasch verdrücken zu können.
    Doch sie macht eine international anerkannte – nicht unbedingt höfliche – Geste mit dem Zeigefinger, um mir zu bedeuten: »Her damit.«
    Ich reiche ihr die Tüten, verwundert darüber, dass es sogar Castings für Leute zu geben scheint, die etwas verschenken wollen.
    Sie fängt an, den Inhalt herauszuziehen und vor mir auszubreiten. Dann schnuppert sie angewidert an einer Strickjacke. »Rauchen Sie?«, fragt sie.
    Noch ehe ich das verneinen kann, stößt sie einen Schreckensschrei aus, als hätte sie einen Dildo von der Größe eines Sahara-Kaktus gefunden.
    »
So
etwas können wir hier nicht gebrauchen«, verkündet sie und hält ein Paar geschmacklose Socken zwischen Daumen und Zeigefinger auf Armeslänge von sich.
    Hm, meine Haussocken mit den Gumminoppen an den Sohlen. Ich bin sicher, dass die noch jemand gebrauchen könnte. Zugegeben, wer Socken aus zweiter Hand trägt, hat vermutlich nicht nur einen finanziellen Engpass, sondern durchwühlt Mülleimer. Aber offenbar bleibt keine gute Tat ungestraft. »Für wen halten Sie sich?«, würde ich sie am liebsten fragen. »Die Schutzpatronin der chemischen Reinigung?«
    »Wiesinddienurdareingekommen?«, murmle ich stattdessen und setze meine Einkäufe mit von Socken ausgebeulten Manteltaschen fort, fest entschlossen, dass die Senioren und ihre doppelzüngigen Vertreterinnen sich in Zukunft verdammt noch mal selbst helfen können.
    Ich brauche ein Outfit mit einer Ausstrahlung von »erwachsen und dennoch jugendlich«, »gestylt, aber lässig« und »keine Schlampe, aber auch noch nicht im Ruhestand«.
    Wie nicht anders zu erwarten, erweist es sich als schwierig, etwas in meiner Preisklasse zu finden, das a) passt und b) sechs widersprüchliche Aussagen miteinander vereint. Eigentlich dachte ich bislang, dass ich Größe vierzig trage, eine Überzeugung, an die ich mich trotz aller gegenteiligen Hinweise klammere. Da können die Oberteile an der Brust spannen, wie sie wollen.
    Nach der Expedition durch die Boutiquen links und rechts der samstagnachmittäglich belebten King Street bin ich aufgelöst und den Tränen nah. Also beschließe ich, Mindy anzurufen. Sie hört sich mein Problem an und hat sofort eine Lösung parat.
    »Du hast den Überblick verloren und befindest dich in einem Zustand, in dem du nicht mehr entscheidungsfähig bist. Also gehst du jetzt in einen teureren Laden, zum Beispiel zu Reiss, und suchst dir ein schlichtes schwarzes Cocktailkleid. Kauf eine Nummer größer, wenn das besser aussieht, vergiss deinen Stolz. Nimm es, ganz gleich, was es kostet. Und dazu ziehst du Pumps mit Absätzen an, auf denen du auch laufen kannst. Thema erledigt.«
    »Aber ich hatte etwas Schwarzes an, als ich mich das letzte Mal mit Ben getroffen habe. Und mit seinem Freund«, füge ich hastig hinzu.
    »Er wird sich nicht daran erinnern, was du anhattest, solange es nicht das komische Vogel-Strauß-Kostüm von Bernie Clifton war. Vertrau mir.«
    Ihre Ratschläge erweisen sich als einfach und leicht zu befolgen. Doch mein Hochgefühl ist nicht von langer Dauer, denn zu Hause stelle ich fest, dass ich in der schummrigen Beleuchtung der Umkleidekabine zwar wie eine scharfe Braut aus dem
Addicted to Love
-Clip ausgesehen habe, im verblassenden Tageslicht aber eher einer Mafiawitwe ähnle, und zwar einer, die in ihrer Trauer zu kräftig den Tortellini zugesprochen hat. Entweder

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