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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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Vertikale Explosionen aus weißen Gladiolen in Glaskübeln stehen überall im Raum. Eigentlich war ich kein Fan von Gladiolen, solange ich in Sale wohnte, doch ihre majestätische Langbeinigkeit passt in diese Wohnung.
    »Bestattungsinstitut ohne Leiche«, meint Graeme mit einem Gesichtsausdruck, den er für ein spitzbübisches Grinsen hält und der offenbar alle seine Sünden entschuldigen soll.
    »Das könnte sich rasch ändern«, entgegnet Caroline und verschränkt die Arme.
    »Also«, Graeme fixiert mich mit seinen Knopfaugen, »unsere Göttin des ruinös teuren Geschmacks. Wie hoch ist die Miete?«
    »Das geht dich nichts an«, erwidere ich in hoffentlich liebreizendem Ton.
    »Ich will nur dein Bestes. Immerhin wirfst du dich als Alleinverdienerin auf den Wohnungsmarkt. Sechs Monate hier werden ein ordentliches Loch auf deinem Konto hinterlassen.«
    Ich sehe mich nach Caroline um, damit sie ihn zum Schweigen bringt, doch sie hat sich verdrückt, um sich etwas zu trinken zu holen.
    »Ich kann mir noch nichts kaufen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich mich gerade von jemandem getrennt habe, mit dem ich mein halbes Leben verbracht habe, und noch nicht weiß, wie oder wo ich wohnen will.«
    »Ein Dach über dem Kopf wirst du immer brauchen, richtig? Oder hast du vor, dich einem Beduinenstamm anzuschließen?«
    »Man kann sich nicht immer rein pragmatisch verhalten … Ach, etwas zu trinken, Caro, du bist ein Schatz.«
    Sie nickt, reicht Graeme ein Glas und trinkt mit gesenktem Blick aus ihrem eigenen.
    »In den Tag hineinzuleben ist in Ordnung, wenn man zwanzig ist. Aber irgendwann muss man an die Zukunft denken«, fährt Graeme fort. Sicher meint er damit, dass mir nun niemand mehr diese Arbeit abnehmen wird. »Man kann sich nicht auf den Zufall verlassen.«
    »Mag sein.«
    Als er zu einem neuen Monolog ansetzt, falle ich ihm ins Wort. »Graeme, Par-ty. Ein Substantiv mit zwei Silben, geselliges Beisammensein mit dem Ziel, sich zu amüsieren.«
     
    Ben, Olivia und Simon kommen, als ich dabei bin, einen verschütteten Drink aufzuwischen. Caroline lässt sie herein.
    Sie führt sie in die Küche, und als ich mich zu ihnen geselle, meint Simon gerade: »… hatte Cocktails in einer Bar in der Canal Street, oder sollte ich besser Anal Street sagen? Laut Ben sollte es eine gemischte Kneipe für Schwule und Heteros sein, doch die einzige Frau in dem Laden hatte einen Adamsapfel von der Größe eines Tennisballs. Es waren alles die Sorte Jungs, die Zierkissen sammeln, da bin ich sicher.«
    Die Adamsäpfel können mir gestohlen bleiben. Ich hoffe nur, dass Simon sich halbwegs zusammenreißt.
    »Wir haben dir einen Schwulenhasser mitgebracht. Und dann noch das hier«, verkündet Ben, während Olivia mir zur Wohnungseinweihung eine Friedenslilie in einem vergoldeten Topf überreicht.
    Ben trägt eine auf alt getrimmte graue Jeans und einen schwarzen Pulli. Hinreißend wie immer. Olivia hat ein elegantes graues Wickelkleid an. Offenbar ist Grau die Lieblingsfarbe der beiden. Er beugt sich vor, um mir wieder einen Kuss auf beide Wangen zu verabreichen. Diesmal bin ich besser vorbereitet, obwohl es mich immer noch verlegen macht, weshalb ich mich über die Pflanze als Barriere freue.
    »Die Wohnung ist ein Traum«, sagt Ben zu Olivia, sieht sich um und legt den Arm um sie.
    »Euer Haus ist viel schöner, und außerdem gehört es euch«, meine ich mit Nachdruck zu Olivia, worauf sie strahlt.

[home]
    37
    I ch hatte vergessen, dass nur schätzungsweise vier Prozent aller Partys wirklich der Renner sind, was übrigens gleichermaßen für Nachtclubbesuche gilt. Und das wiederum bedeutet, dass man in sechsundneunzig Prozent der Fälle Zeit, Geld, Stützunterwäsche und Hoffnungen verschwendet. Doch erstaunlicherweise gehört meine Wohnungseinweihung entgegen aller statistischen Wahrscheinlichkeit zu dieser winzigen Minderheit. Es wird angeregt geplaudert, der Alkohol fließt in Strömen, die Stereoanlage funktioniert, die Einrichtung wird bewundert, die Gäste mischen sich, und meine Auswahl an Knabbereien, die mich als miese Hausfrau verraten (viereckige Chips, runde Chips und welche, die wie winzige Speckstreifen aussehen), finden regen Anklang. Na ja, sie werden zumindest gegessen.
    Zoe amüsiert sich offenbar prima, unterhält sich lachend mit den Kollegen von der Zeitung. Grettons Inserat scheint vergessen.
    Ich fühle mich, als sei nach einem langen Fußmarsch den Berg hinauf plötzlich die Sonne durchgebrochen. Ich sitze

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