Wir in drei Worten
Begleiter erkennt, erstarrt sein Lächeln.
»Hallo«, sage ich bemüht unbeschwert.
Rhys dreht sich um.
»Rhys, du erinnerst dich sicher noch an Ben von der Uni. Er ist vor kurzem nach Manchester gezogen.«
Ich bewahre die Fassung. Doch Ben sieht aus, als würde er am liebsten im Erdboden versinken.
»Hallo. Mann, es ist lange her.« Ben streckt die Hand aus.
Rhys schüttelt sie. »Hallo, wie geht’s dir?«
»Gut. Und dir?«
»Prima.«
Offenbar hat keiner von uns mehr zum Gespräch beizutragen. Ben betrachtet die Tasche in meiner Hand, weicht zurück und stößt dabei mit Passanten zusammen.
»Ich muss weiter«, verkündet er. »Muss pünktlich in der Kanzlei sein. Nett, dich zu sehen.«
»Wiedersehn«, erwidere ich.
»Ja, tschau«, fügt Rhys hinzu.
Ben fädelt sich wieder in den Passantenstrom ein, und zwar auf der Überholspur.
»Das war jetzt peinlich«, meint Rhys.
Ich schaue ihn verdattert an. »Warum?«
»Keine Ahnung, wer der Typ ist.«
[home]
36
E inen Vorteil hat es, wenn man die dreißig überschreitet, während man vor den Trümmern seines Lebens steht: Man kriegt wieder die richtige Partyfigur, auch wenn es als Diätmethode vielleicht ein wenig extrem ist. Das alte rote Kleid, das ich für meine Wohnungseinweihung zutage fördere, passt auf einmal wieder und gleitet mühelos über meine Doppelairbags und den seitlichen Aufprallschutz, wie mein Ex-Verlobter es auszudrücken pflegte.
Ich ernte Begeisterungsschreie, als Caroline und Mindy mit ihren besseren Hälften eintreffen und ihre Reisetaschen im Flur abstellen. Caroline hat mich gefragt, ob sie bei mir übernachten kann, weil sie am nächsten Morgen um halb neun ein Einführungstraining in einem Fitnessstudio in der Innenstadt hat (manche Dinge ändern sich nie). Und als Mindy davon hörte, wollte sie unbedingt auch bleiben.
»Mind, du wohnst nur zehn Autominuten entfernt«, wandte ich ein.
»Wenn Caroline bei dir übernachtet, will ich auch«, beharrte sie. »Wie in guten alten Zeiten!«
»Genau das befürchte ich«, erwiderte ich und erinnerte mich an unsere Gespräche bis zum Morgengrauen im Studentenwohnheim. Inzwischen brauche ich meinen Schlaf.
Mindy beendete die Diskussion mit der Feststellung, in Rupas Bett sei genug Platz für drei, was ich nicht abstreiten konnte.
»Rach, das ist Jake«, verkündet Mindy, als ein zierlicher, dunkelhaariger, nervös wirkender Mann der aufgestylten Mindy in die Wohnung folgt.
Mir gefällt die Vorstellung zwar nicht, dass wir alt aussehen, aber er sieht wirklich jung aus. »Nett, dich kennenzulernen«, sage ich.
Er errötet.
Ja, sehr jung.
Mindy, die ein schwarzes Paillettenkleid trägt, dreht sich um die eigene Achse. »Sieht das nach Studio 54 aus oder nach ›fünfzig Pfund fürs Zuschauen‹?«
Bevor ich antworten kann, ergreift Ivor das Wort. »So billig könntest du niemals aussehen, Mind.«
Sie beult die Wange mit der Zunge aus und dreht sich zu ihm um. »Wart’s nur ab.«
»Es sieht aus nach ›hundert Pfund fürs Zuschauen plus Reinigung, und nicht ins Gesicht‹.«
»Gekauft!«, entgegnet Mindy.
Ivor hält klirrende Einkaufstüten hoch. »Wohin damit?«
»Du bist schon angeschickert, was, Rach? Sind deine Wangen vom Alkohol gerötet?«, fragt Graeme.
»Das ist Rouge«, erwidere ich. »Ich wollte es mal mit dem Versailles-Look versuchen.«
Bei Graeme hat man keine andere Wahl, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Zumindest solange er mit meiner besten Freundin verheiratet ist.
Graeme späht ins Spülbecken. »Was zum Teufel ist das?«
Ich habe den Abfluss zugestöpselt und das Becken mit weißen Blumen gefüllt, Pfingstrosen, Flieder und Rosen, deren Stengel sich unter der Wasseroberfläche biegen und schlängeln. Dieses schicke Arrangement habe ich einmal auf einer Party bei einer Modejournalistin gesehen und wollte es immer schon kopieren. Als ich noch mit Rhys zusammen war, ging das natürlich nicht. Er hätte mich gefragt, was er dann mit den Resten in seiner Bierflasche machen soll, und wahrscheinlich hätte ich ihm sogar darauf geantwortet.
»Sind dir die Vasen ausgegangen?«
»Gray«, tadelt Caroline. »Hör auf, den Witzbold zu spielen.«
»Die Vasen sind für die Sauce«, erklärt Ivor.
Graeme zieht ein verdattertes Gesicht.
»Du hast dich selbst übertroffen«, stellt Caroline fest und sieht sich um.
Ich muss zugeben, dass sie recht hat. Ich habe sämtliche Oberflächen mit »Landebahnen« aus Teelichtern in gläsernen Haltern geschmückt.
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