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Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Peters
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eigentlich gekommen bin und hier meine Zeit vergeude: Ich habe vorhin mit Gräfin Warnstorf gesprochen. In den Ferien findet kein Symposion in Sudentropp statt. Der Kardinal wird auch nicht dort sein. Überhaupt niemand Interessantes. Nur so ein pensionierter Theologe , der ein Buch vorstellt: › Stoppt Goethe ‹ oder so ähnlich …«
    »Das ist dieser gräßliche Heckmann. Ich habe ihn letztes Jahr dort gesehen. Mir ist völlig schleierhaft , was die Warnstorf an ihm findet.«
    »Eben. Insofern glaube ich nicht , daß ich fahren werde. Aber es sind Zimmer frei , ihr könnt ungestört zusammen Urlaub machen. Jetzt , wo Carl seine Schickse zum Teufel gejagt hat , eröffnen sich vielleicht neue Perspektiven auf das Sauerland. Oder du hast Pech , Bernhard , und ihre Nichte ist da.«

Dreißig
    Sie teilen sich das Zimmer. Dadurch wird die Nacht für jeden zehn Mark billiger. Kuffel hat Carl gefragt , ob es für ihn in Ordnung ist , bevor er gebucht hat. Die Betten stehen weit auseinander. Dazwischen zwei Sessel , ein Nierentisch. Es riecht nach Bohnerwachs.
    »Schau mal: für heute Abend« , sagt er und zieht ein flaches Kistchen Zigarillos aus dem Koffer. »Jetzt , wo du sechzehn bist , darf ich dir sogar offiziell einen anbieten.«
    Carl lächelt. Ihm ist mulmig. Verschiedene Befürchtungen schieben sich übereinander. Vor allem die Sorge , vor dem strengen Blick der Gräfin nicht bestehen zu können. Wer weiß , welche Lügen Holzkamp über sie verbreitet hat? Das fiese Wort › Lustknabe ‹ .
    Dunkelgrauer Himmel. Dem Wetterbericht zufolge naht ein Sturm. › Besser , Sie halten sich heute und morgen nicht im Wald auf ‹ , hat Frau Munzinger gesagt , als sie ihnen die Schlüssel ausgehändigt hat.
    Die Heinrich-Erkenschwick-Akademie liegt ungeschützt auf einer kahlen Gipfelkuppe: ein herrschaftliches Forsthaus , etwas abseits davon der schlichte Gästeneubau. Sträucher , Blumenbeete mit letzten Astern , geharkte Kiesflächen , die als Parkplatz dienen.
    Kuffel hält seine Baskenmütze fest und schnaubt gegen den Wind an.
    Der Wald ist weiter entfernt , als Carl gedacht hat. Auf den umliegenden Hängen dunkelgrüne Tannen , die sich mit kahlen Laubbäumen abwechseln. Unten im Tal Ausläufer von Sudentropp: Eisenbahngleise ; eine verwaiste Fabrikanlage mit hohen Ziegelschloten , daneben das Sägewerk , ein Brückenkran , Berge aus geschälten Stämmen.
    »Sie ist nicht immer einfach« , flüstert Kuffel , während er den Schlüssel in die schwere Holztür schiebt. »Aber was soll man von einer alleinstehenden Frau erwarten , die in Pferdeställen groß geworden ist und schon als Göre Knechten Befehle erteilt hat. Du widersprichst ihr am besten nicht , selbst wenn du anderer Meinung bist.«
    »Auch keine Nachfragen?«
    »Da du weder zu ihren Untergebenen gehörst noch irgendeine Relevanz für sie besitzt , ist es ohnehin das Wahrscheinlichste , daß sie dich wie Luft behandelt.«
    »Und wie rede ich sie an?«
    »Gräfin Warnstorf. Ohne › von ‹ .«
    »Wenn du meinst , daß sie mich sowieso nicht mögen wird , warum hast du mich dann hierhergeschleppt?«
    »Ob sie einen mag oder nicht mag , weiß man vorher nie. Mich überschüttet sie auch nicht gerade mit Herzenswärme. Aber immerhin hat sie inzwischen begriffen , daß wir an einem Strang ziehen.«
    »Ich bin ein bißchen nervös.«
    »Wahrscheinlich sitzt sie sowieso noch am Schreibtisch und stößt erst später dazu.«
    »Und was machen wir bis dahin?«
    Kuffel schiebt den Kopf zur Tür hinein wie ein Dieb , der sich vergewissert , daß der Hausherr oder sein Hund nirgends lauern.
    »Wir werden Frau Munzinger fragen , ob sie uns Kaffee kocht. Meistens gibt es auch vorzüglichen Kuchen.«
    Der Vorraum ist mit dunklem Holz getäfelt , auf dem Boden schwarze und weiße Marmorfliesen. Weihrauch vermischt mit Rosenwasser. Eine grob geschnitzte Madonnenfigur starrt sie aus weit aufgerissenen Augen an.
    »Das Haus gehört der Familie von alters her , aber die genauen Besitzverhältnisse sind irgendwie unklar. Jedenfalls hat sie lebenslanges Nutzungsrecht.«
    Kuffel flüstert noch immer , als fürchtete er , bei etwas Verbotenem ertappt zu werden. Carl stößt Säure auf. Von Kaffee und Kuchen wird es bestimmt nicht besser , andererseits hat er seit dem Frühstück nichts gegessen.
    »Kalt hier.«
    »Pssst« , zischt Kuffel und fuchtelt mit dem Zeigefinger vor seinen Lippen.
    »Sag das auf keinen Fall in ihrer Gegenwart.«
    »Vielleicht kann sie …«
    »Die

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