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Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Peters
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dem Speisesaal , im Kreuzgang. Kuffel steht dann daneben , tut so , als ob er einfach wartet , doch in Wirklichkeit stellt er sich die Jünglinge auf den griechischen Vasen mit ihren spitzen Pimmeln vor.
    Carl könnte um Hilfe schreien , dann müßte Winkelmann einschreiten. Je nachdem , wie Winkelmann reagiert , würde es auch auf Carl selbst zurückfallen. Winkelmann wittert Kuffels Neigungen , aber er hat keine Beweise. Wahrscheinlich würde er die Gelegenheit nutzen und ihn , wenn nicht sie beide , zum Gespött machen.
    Es gelingt Carl , sich loszureißen. Er schwimmt an den Rand , zieht sich hoch. Kuffel erwischt gerade noch seinen Fuß , sein Griff ist gleichzeitig fest und weich. Er hat Frauenhände. Carl findet nirgends Halt auf den nassen Fliesen , rutscht zurück ins Becken , taucht unter , schluckt Wasser , bekommt Panik. Jetzt schlägt er wild um sich , entfesselt , ohne Rücksicht , trifft Kuffel mit dem Ellbogen an der Schläfe , so hart , daß er unwillkürlich losläßt , einen Moment benommen wirkt. Es war Absicht , war keine Absicht. Zumindest wollte er ihm nicht ernsthaft wehtun.
    Carl schnappt nach Luft , spuckt , hustet. Das eklige Gefühl eingeatmeten Wassers in den Nebenhöhlen. Kuffel hält sich den Kopf , verzieht schmerzhaft den Mund , wirkt trotzdem fast glücklich , sagt: »Vielleicht sollten wir es doch weniger wild treiben.«
    »Na endlich« , sagt Holzkamp. »Ich habe schon gedacht , du wärest ersoffen.«
    »Was suchst du überhaupt in meinem Zimmer , wenn ich nicht da bin?«
    »Du wolltest ein paar Bahnen ziehen , wie der Arzt es verlangt , eine halbe Stunde maximal , und danach wollten wir uns wegen der Herbstferien verständigen , wenn du dich erinnerst … – Oh , ich verstehe: Ihr wart zu zweit …«
    »Du solltest auch etwas für deinen Rücken tun , wenn ich mir anschaue , wie du im Sessel hängst.«
    »Und? Hat es dir gefallen , Carl? Ich meine: mit ihm das Badewasser zu teilen?«
    Carl sieht zu Kuffel hin , der den Blick auf den Boden gerichtet hat.
    »Es war ziemlich voll.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht.«
    »Das Wasser hat sich , dadurch daß er drin war , nicht anders angefühlt als sonst.«
    »Aber wenn man mit jemandem , der einem aus tiefster Seele zugetan ist , eine gemeinsame Aktivität in Angriff nimmt , ist es doch auch etwas Besonderes , oder nicht?«
    »Ich fand es normal.«
    »Bist du mit dieser Antwort zufrieden , Bernhard?«
    »Wir haben uns um unsere Gesundheit gekümmert und werden das auch weiterhin tun.«
    »Ist er gut gebaut? – Falls es überhaupt Sinn hat , dich danach zu fragen , denn du schaust ihn ja mit den Augen der Liebe an , nicht wahr.«
    »Athletisch. Eher der römische Typ.«
    »Also kein Tadzio. Hätte mich auch gewundert. Das muß eine große Enttäuschung für dich gewesen sein.«
    »Ach was!«
    »… wo du mir doch schon mindestens zwanzigmal erklärt hast , daß dir das griechische Schönheitsideal so viel mehr liegt als das römische.«
    »Unsinn.«
    » › Zu schwer in den Gliedmaßen ; massig , runde Hüften. Es fehlt das Überfeinerte und Zartgliedrige. ‹ – Das hast du gesagt , oder willst du es ableugnen?«
    »Dabei ging es um Skulpturen.«
    »Wenn man ein Idealbild im Kopf hat , mißt man doch alles , was einem begegnet , daran , oder nicht? Abgesehen davon , daß ich auch ein halbes Dutzend Äußerungen zitieren könnte , die sich auf Lebende bezogen haben. Päffgen zum Beispiel oder Stefan Kriens: Die hast du als › römische Kampfschweine ‹ bezeichnet.«
    »Ich habe dir ja gesagt , daß Carl und mich eine wirkliche Freundschaft verbindet und nicht irgendwelche schmutzigen Obsessionen. Die finden nur in deiner Phantasie statt.«
    »Glaubst du ihm das , Carl?«
    »Schon.«
    »Das klingt nicht sehr überzeugt.«
    »Man weiß nie , was in dem Kopf von jemand anderem vor sich geht , oder?«
    »Und wie ist es für dich , wenn du hörst , daß er sich unter einem schönen Mann eigentlich etwas anderes vorgestellt hat? Schmerzt dich das nicht?«
    »Warum sollte es?«
    »Weil du eitel bist.«
    »So.«
    »Es schmeichelt dir doch , wie er um dich herumscharwenzelt. Und wenn du dann hören mußt , daß ihm dieser oder jener viel besser gefällt? – Zum Beispiel unser Freund Bart. Der zwar ein Schwachkopf ist , aber um Intelligenz geht es dabei ja auch nicht …«
    Schweigen.
    »Gut. Ich sehe , ihr habt eine gemeinsame Regelung gefunden und wollt mich nicht daran teilhaben lassen. Spielt auch keine Rolle. – Weshalb ich

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