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Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Peters
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Umschlags seine Vernichtung bedeutet , daß bereits ganz Henneward über ihn lacht , ihn verabscheut wegen all des Dunklen in seiner Seele , von dem er in seinem Brief versucht hat , Regina eine Ahnung zu geben. Die Schwachköpfe , die dort zurückgeblieben sind , Arndts , Maaß , Leindecker können es gar nicht abwarten , ihn als Sau durchs Dorf zu jagen. Sein nächstes öffentliches Auftreten dort , ganz gleich ob beim Bäcker , in der Kirche oder an Kirmes , wird mit seinem Untergang enden , sie werden ihn teeren , federn , grün und blau prügeln. Nicht auszuschließen , daß Reginas Vater oder Bruder bereits einige von ihnen engagiert haben , um ihm eine Abreibung zu erteilen , daß er ihre Tochter und Schwester nie wieder mit seinem Dreck belästigt. Selbst das Unvorstellbare hält er für möglich: Nachdem der Brief ihren Eltern in die Hände gefallen ist , hat Regina alles geleugnet. Sie ist zu schwach gewesen , für ihre Liebe einzustehen , hat sich von jedwedem Gefühl abgeschnitten , um nicht in Verdacht zu geraten , die Todsünde vorzubereiten , die Todsünde womöglich schon begangen zu haben. Statt daß sie alles füreinander opfern , hat der Terror von Sittenwächtern , Tugendschützern , Unschuldbewahrern sie zu Jämmerlingen gemacht. Er erschrickt , schämt sich: Daß er Regina einen solchen Verrat zutraut , zeigt , daß er ihrer von Grund auf unwürdig ist. Er lacht sinnlos , halb laut , halb irre. Eging und Freyer sehen ihn fragend an. Er dreht sich weg , schließt die Augen. Ihm geht die Luft aus , eingequetscht im Pulk. Er will nur weg , stößt mit dem Ellbogen , um schneller voranzukommen. Versucht sich zu beruhigen , vergegenwärtigt sich , was eine unleugbare Tatsache ist: Er hält Reginas Brief in Händen. Allein der Umstand , daß sie ihm geschrieben , daß sie ihn einer Antwort für wert befunden hat , ist ein Zeichen , ein gutes , das beste aller möglichen. Es kann nur und nichts anderes bedeuten als daß sie ihn sehen will , mit vor Sehnsucht brennendem Herzen. Spätestens in den Ferien werden sie sich treffen an einem geheimen Ort außerhalb von Henneward – wenn es nach Regina geht , am liebsten noch vorher , nächste Woche schon. Vielleicht hat sie einen Plan , er soll sie heimlich anrufen , dann und dann sind weder ihre Eltern noch ihr Bruder zu Hause. Er wird den Reichswald auf halber Strecke vorschlagen oder den Stadtpark Forch. Regina kann eine Flötenprobe erfinden und die zwanzig Kilometer von Henneward mit dem Bus kommen , er mit dem Fahrrad oder per Anhalter. Dort auf der Vries-Insel im Park bei den Schwänen werden sie einander zum ersten Mal allein gegenüberstehen , ohne klatschsüchtige Nachbarn hinter Gardinen , die nur auf eine Gelegenheit lauern , sich das Maul zu zerreißen , vor allem ohne Eltern , die Angst vor Schande haben. Und dann beginnt der Sommer des ersten Jahres eines neuen Lebens. Kein Winter danach wird ihm je wieder etwas anhaben können. Schwebezustände. Schwindel. Sein Herz setzt aus. Er stolpert , fängt sich mit der Rechten an der Wand , stößt Dapper in den Rücken , Dapper schreit auf. Trotz des Durcheinanders ein Gefühl der Befriedigung , Dapper Schmerz zugefügt zu haben. Es ist unvorstellbar , daß sie ihm eine Abfuhr geschickt hat , einen Korb oder was für schreckliche Worte es sonst dafür gibt , wozu hätte sie sich die Mühe machen sollen? Wenn sie ihn nicht liebt , nicht will , hätte keine Veranlassung bestanden , ihm überhaupt zu antworten. Es wäre nichts , rein gar nichts passiert , wenn sie nicht geschrieben hätte. Er rempelt Torben , kippt gegen Bünting , um endlich ins Freie zu gelangen , hinaus aus diesem Menschenstall , quetscht sich durch die Glastür , springt mit der äußersten Hoffnung in seiner rechten Hand die Treppe vom Speisesaal hinunter , löst sich aus der Menge , rennt , so schnell er kann , Richtung See , um allein zu sein , ganz allein , vorbei an Buchbinderwerkstatt , Fotolabor , Töpferei. Nimmt den Weg nach rechts zum Graben , dorthin , wo die Böschung so dicht mit Sträuchern bewachsen ist , daß man nicht hindurchschauen kann , biegt Äste zur Seite , schlägt sich ins Unterholz , zu der natürlichen Höhle aus Buschwerk , die kaum jemand kennt. Er vergewissert sich , daß ihm keiner , nicht einmal Bart gefolgt ist , reißt den Umschlag auf , versucht mit einem Blick zu erfassen , was dort steht , weiß es schon , noch ohne gelesen zu haben , erbleicht. Ringt nach Luft. Glotzt wie irre das Blatt

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