Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)
Wahnsinn. Unsere Blicke fließen ineinander , wie … als wenn … Mir fällt absolut nichts ein , womit ich das vergleichen könnte. Manchmal quetschen die Leute uns zusammen , und wir berühren uns. Das sieht wie Zufall aus , doch in Wirklichkeit steuern wir gezielt darauf zu , bloß eben so , daß es keiner merkt. Das läuft seit Monaten. Jedes Heimfahrtswochenende. Ich habe eine solche Intensität noch nie vorher gespürt.«
»Ist normal , wenn man verknallt ist.«
»Nein , Bart , das ist nicht normal. Und mit dieser Bravo-Nummer , willst-du-mit-mir-gehen , dieser ganze Scheiß , damit hat das nichts zu tun. Das reicht in eine völlig andere Dimension.«
Bart zuckt mit den Achseln.
»Es ist halt schwer , sie persönlich zu treffen und mit ihr zu reden. Im Grunde fast unmöglich. Es sind überall Augen.«
»Land ist hart. Ich bin froh , daß ich da nicht leben muß.«
»Das sag’ ich dir.«
»Bei uns in Düsseldorf kenne ich niemanden , der solche Probleme hat.«
»Was meinst du , wie die Leute sich das Maul zerreißen , wenn jemand etwas mitbekommt. Da werden offiziell Kontaktverbote verhängt und alles. Es gibt Eltern , die schalten den Pfarrer ein. Wahrscheinlich kann ich dann nicht mal mehr in die Kirche gehen , wenn sie auch da ist.«
»Irre.«
»Deshalb muß ich höllisch aufpassen. Ich versuche natürlich alles Mögliche , laufe stundenlang durch die Gegend , daß mich die Kinder auf dem Spielplatz schon für einen Psychopathen halten , immer in der Hoffnung , daß ich sie irgendwo treffe. Dann spaziere ich alle halbe Stunde von einer anderen Seite an ihrem Haus vorbei , wobei ihre Eltern oder ihr Bruder mich nicht entdecken dürfen. Ich hoffe halt immer , daß Regina gerade aus dem Fenster schaut und mich sieht und daß sie unter irgendeinem Vorwand herauskommt. Bis jetzt hatte ich allerdings Pech. Ich kann bloß nicht gezielter vorgehen , weil ich gar nicht weiß , wo ihr Zimmerfenster überhaupt ist. Anrufen kann ich auch schlecht. Ihre Mutter hat sowieso schon etwas gemerkt. So wie sie mich immer anstarrt , wenn ich ihr über den Weg laufe. Richtiggehend böse.«
»Bei uns kriegt man die Eltern von ’ner Freundin erst mal gar nicht zu Gesicht. Und wenn , ist das auch kein Problem , die sagen höchstens , daß man aufpassen soll , wegen Schwangerschaft , oder sie fragen , ob man Eier zum Frühstück will.«
»Wenn ich mit Regina zusammenkomme , wird das ein Kampf bis aufs Blut. Da kann alles passieren. Romeo-und-Julia-mäßig. Aber ich weiß nicht , ob ich überhaupt eine Chance habe. Regina ist ziemlich scheu. Extrem scheu sogar. Sie hat diese absolute Reinheit , diese … Mir fällt kein besseres Wort ein. Weißt du , was ich meine?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht.«
»… dieses Unberührte. Manche Frauen sind anders. Nicht wie die , die in Forch auf dem Markt herumhängen und jede Woche einen anderen Freund haben. Die , die ich meine , sind etwas Besonderes , fast wie Engel. Die lassen sich auch nicht auf diese lächerlichen Spielchen ein , bei denen es um nichts … Also , wo es gar nicht um einen bestimmten Menschen geht. Sie warten lieber , bis sie wissen , daß es die große Liebe ist. Kennst du diese Sorte nicht? Sie sind selten , aber man erkennt sie sofort , weil … dieses Unverdorbene – das drückt sich auch im Gesicht aus. Wenn du eine von ihnen ansiehst , merkst du , daß du eine andere Sphäre berührst. Daß sie dich erlösen könnte aus dieser Dunkelheit , in der du gefangen bist. So eine Frau muß man für sich gewinnen , wenn sich wirklich etwas ändern soll.«
»Ich denke bei Mädels meistens nicht an Erlösung. Eher das Gegenteil.«
»All der Schmutz in einem selbst – Mein Herz ist ein Dreckloch. Aber man muß sich dem aussetzen , man muß absolut schonungslos mit sich sein , keine Illusionen , sonst kommt man da nie wieder heraus.«
»Ich bin da pragmatisch. Geht was oder geht nichts? Sie sind doch auch einfach nett , die Mädels.«
»Wenn ich mich darauf einlassen würde , also auf das reine Spiel , man läßt alles los und fällt übereinander her , das würde in völliger Auflösung enden. Dafür habe ich zu tief in mich hineingeschaut. Dort unten ist die Hölle. Wenn ich die Kräfte dort entfessele , werden sie mich zugrunde richten. Kennst du das Gefühl nicht?«
»Klar hab’ ich auch schon mal Liebeskummer oder so.«
»Ich rede nicht von Liebeskummer , Bart. Mit Liebeskummer hat das nichts zu tun. Im Hinblick auf Regina , meine ich jetzt. Das
Weitere Kostenlose Bücher