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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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»Turkey.«
    Ich dachte: Aha, das ist also Turkey. Du bist echt auf Turkey, alte Fixerbraut. Ist doch gar nicht so schlimm, der Turkey. Was die anderen bloß immer für ein Getue drum machen. Ich hatte tatsächlich keine richtigen Schmerzen. Ich zitterte nur und die Farben machten mich ein bisschen verrückt und die Spucke im Mund.
    Detlef sagte nichts mehr. Er pulte ein Päckchen aus seinen Jeans und Ascorbinsäure, holte einen Löffel, kochte das Zeug über einer Kerze auf und gab mir das fertige Spritzbesteck. Das Zittern machte es mir schwer, die Vene richtig zu treffen. Aber es klappte doch ziemlich schnell. Mir ging es wieder gut. Die Farben waren sanft und der Speichel weg. Es gab im Moment keine Probleme mehr, und ich schlief neben Detlef wieder ein, der sich auch gleich einen Druck gemacht hatte. Als wir mittags aufstanden, fragte ich Detlef, wie viel Dope er noch habe.
    Er sagte: »Klar, du kriegst noch einen Druck, bevor du heute Abend gehst.«
    Ich sagte: »Aber ich brauch auch was für morgen früh.«
    Detlef: »So viel hab ich nicht mehr. Und ich habe echt keinen Bock, heute auf den Bahnhof zu gehen. Es ist Sonntag und da läuft auf dem Bahnhof sowieso nichts.«
    Ich hatte Panik und Wut: »Mensch, verstehst du nicht. Wenn ich mir morgen früh keinen Druck machen kann, dann komm ich auf Turkey und kann nicht zur Schule gehen.«
    Detlef: »Ich hab es dir immer gesagt, Mädchen. Nun ist es mit dir so weit.«
    Wir gingen nachmittags auf den Bahnhof. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Der erste Turkey. Ich war nun vom H abhängig und von Detlef. Dass ich von Detlef abhängig war, hat mich mehr erschreckt. Was war das für eine Liebe, wenn einer total abhängig war? Was war, wenn Detlef mich abends um Dope bitten und betteln ließ? Ich wusste, wie Fixer bettelten, wenn sie auf Turkey kamen. Wie sie sich erniedrigten und demütigen ließen. Wie sie dann zu einem Nichts zusammenfielen. Ich konnte nicht bitten. Schon gar nicht Detlef. Wenn er mich betteln ließ, dann war es aus mit uns. Ich hatte noch nie jemanden um was bitten können.
    Detlef fand schließlich einen Freier und ich wartete unheimlich lange, dass er zurückkam. Ich würde jetzt immer warten müssen, bis Detlef mir Dope für den Morgen gab.
    Ich war an diesem Nachmittag echt finster drauf. Ich führte halblaute Selbstgespräche. Ich sagte mir: »Also, Christiane, jetzt hast du ja alles erreicht, was du eigentlich immer wolltest. Hast du dir das so vorgestellt? Nee, nicht. Aber du wolltest das doch. Du hast sie doch irgendwie immer bewundert, die alten Fixer. Jetzt bist du selber einer. Jetzt kann dir niemand mehr was vormachen. Jetzt brauchst du nicht mehr ungläubig zu gucken, wenn andere von Turkey reden. Jetzt kann dich niemand mehr bescheißen. Jetzt bist du derjenige, der bescheißt.
    Es gelang nicht richtig, mir Mut zu machen. Ich musste immer wieder an Turkey denken. Ich dachte daran, wie ich Fixer, die auf Turkey waren, fertiggemacht hatte. Ich hatte das ja nie so richtig abgecheckt, was mit denen los war. Ich hatte nur gemerkt, dass die unheimlich empfindlich waren, leicht verletzbar und ohne jede Kraft. Ein Fixer auf Turkey wagt kaum zu widersprechen, so ein Nichts ist er. Ich hatte an denen manchmal meine Machtgelüste ausgetobt. Wenn man es richtig anfing, konnte man sie regelrecht kaputtmachen, ihnen einen richtigen Schock versetzen. Man musste nur ordentlich auf ihren wirklichen Schwächen rumhacken, immer wieder in ihren Wunden bohren, dann klappten sie zusammen. Auf Turkey hatten sie ja genügend Durchblick, um zu begreifen, was für elende Würstchen sie waren. Da war das ganze coole Fixergehabe weg, da fühlte man sich nicht mehr erhaben über alles und alle.
    Ich sagte mir: Jetzt machen sie dich fertig, wenn du auf Turkey bist. Die werden schon rausfinden, wie mies du eigentlich bist. Aber haste doch eigentlich alles vorher gewusst. Komisch, dass dir das heute erst einfallen muss.
    Die Gespräche mit mir brachten nichts. Ich hätte mit jemand anderem sprechen müssen. Ich hätte einfach zu einem der Fixer auf den Bahnhof gehen können. Stattdessen verkroch ich mich in einer Ecke beim Bahnhofspostamt. Ich kannte doch die Sprüche, die dann von den anderen kamen. Hatte ich doch oft genug als beinah Unbeteiligte mit angehört: »Nimm das doch nicht so verbissen, Alte. Mach erst mal weiter. Wird schon werden. Wenn du ehrlich Bock hast, kannst du ja entziehen. Ist doch Valeron auf dem Markt.« Detlef hatte doch auch nur Sprüche

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