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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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schon alles ganz schön ausweglos. Weißt du, als wir noch auf Tabletten und Hasch waren. Da haben wir uns total frei gefühlt. Wir waren total unabhängig. Keinen Menschen und nichts haben wir gebraucht. So haben wir uns gefühlt. Jetzt sind wir ganz schön abhängig.«
    Es kamen noch drei oder vier Busse. Wir quatschten trauriges Zeug. Ich weinte und Detlef hielt mich im Arm. Er sagte schließlich: »Irgendwie wird das schon wieder. Wir werden demnächst einfach entziehen. Wir beide packen das. Ich werde Valeron besorgen. Ich hau gleich morgen jemanden an wegen Valeron. Wir werden dann zusammen sein, wenn wir entziehen.«
    Es kam wieder ein Bus und Detlef schob mich die Stufen rauf.
    Zu Hause machte ich alles ganz mechanisch wie jeden Abend. Ich ging in die Küche und holte mir noch ein Joghurt aus dem Eisschrank. Das Joghurt nahm ich eigentlich nur mit ans Bett, damit es nicht weiter auffiel, dass ich auch einen Löffel mitnahm. Den brauchte ich morgens zum Aufkochen. Dann holte ich aus dem Badezimmer noch ein Glas mit Wasser. Zum Säubern der Spritze am nächsten Morgen.
    Der nächste Morgen war auch wie jeder andere. Meine Mutter weckte mich um Viertel vor sieben. Ich blieb im Bett und tat so, als hörte ich sie gar nicht. Sie nervte mich alle fünf Minuten wieder. Ich sagte schließlich: »Ja, ich steh ja sofort auf.« Sie kam wieder rein und nervte und ich zählte die Minuten bis Viertel nach sieben. Da musste sie aus dem Haus, zur Arbeit, wenn sie ihre U-Bahn nicht verpassen wollte. Und sie verpasste ihre U-Bahn nie. Eigentlich hätte ich auch um Viertel nach sieben aus dem Haus gemusst, um rechtzeitig in der Schule zu sein.
    Als dann endlich die Tür von draußen zugeschlagen wurde, ging alles ganz automatisch. Die Jeans lagen vor dem Bett, aus denen ich das Stanniolpapier mit dem Puder rauspulte. Meine Plastiktüte war daneben mit meinen Schminksachen, einer Roth-Händle-Packung, einem Fläschchen Zitronensäure und der in Klopapier eingewickelten Spritze. Die Spritze war wie fast immer verstopft. Der verdammte Tabak der Roth-Händle-Zigaretten flog überall in der Plastiktüte rum und verdreckte das Besteck. Ich reinigte die Spritze im Wasserglas, tat das Dope auf den Joghurtlöffel, spritzte etwas Zitronensaft dazu, kochte das auf, band mir den Arm ab und so weiter. Das war für mich, wie wenn man sich morgens im Bett aus Gewohnheit die erste Zigarette ansteckte. Nach dem Druck schlief ich oft wieder ein und kam dann erst zur zweiten oder dritten Stunde in die Schule. Zu spät kam ich immer, wenn ich mir den Druck zu Hause setzte.
    Manchmal schaffte es meine Mutter, mich aus dem Bett zu kriegen und mit zur U-Bahn zu nehmen. Dann musste ich mir den Druck in der Toilette am U-Bahnhof Moritzplatz machen. Das war ziemlich unangenehm, denn diese Toilette war besonders dunkel und stinkig. In den Wänden waren überall Löcher. Da hockten dann Kanaken und andere Spanner dahinter, die sich daran aufgeilten, wenn ein Mädchen pinkeln ging. Ich hatte immer Angst, dass die aus Enttäuschung, wenn ich mir nur einen Druck setzte, die Bullen holten.
    Das Spritzbesteck nahm ich fast immer auch mit zur Schule. Für alle Fälle. Falls wir aus irgendwelchen Gründen mal länger bleiben mussten, noch eine Veranstaltung in der Aula angesetzt wurde oder ich mittags gar nicht erst nach Hause kam. Manchmal musste ich mir dann einen Druck in der Schule machen. Die Türen der Schulklos waren alle kaputt. Meine Freundin Renate musste mir deshalb die Tür zuhalten, während ich mir den Druck machte. Renate wusste Bescheid über mich. Die meisten in der Klasse wussten es, glaube ich. Sie machten sich aber nichts draus. Jedenfalls in Gropiusstadt war es schon gar nicht mehr sensationell, dass jemand von Drogen abhängig war.
    Während der Schulstunden, an denen ich noch teilnahm, pennte ich nun völlig apathisch vor mich hin. Oft richtig tief, mit geschlossenen Augen, den Kopf auf der Bank. Wenn ich morgens viel Dope gehabt hatte, bekam ich nur ganz mühsam ein paar Worte raus. Die Lehrer mussten merken, was mit mir los war. Aber nur ein einziger sprach mich in dieser Zeit mal auf Rauschgift an und fragte sogar nach meinen Problemen. Die anderen taten so, als wäre ich eben eine faule, verpennte Schülerin, und schrieben mir Sechsen an. Wir hatten ohnehin so viele Lehrer, dass die meisten schon froh waren, wenn sie unsere Namen kannten. Einen persönlichen Kontakt gab es ja kaum. Die sagten auch bald nichts mehr dazu, dass ich

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