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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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Sie waren nach ein, zwei Jahren alle so fertig gewesen wie ich, weil einem das Gift in der Pubertät wohl noch mehr zusetzt als später. Sie hatten wie ich keine Chance gehabt, bei den anderen Therapien unterzukommen.
    Die meisten brachten die Sessions nach einiger Zeit ebenso wenig wie ich. Wenn zwei von uns Jüngeren zusammen waren, dann wurde die ganze Session zu einer einzigen Alberei. Wie konnte man auf die Dauer auch ernst bleiben, wenn man einen Fußball anschreien sollte oder sich stundenlang gegenseitig in die Augen sehen musste. Wir brauchten dann auch gar nicht mehr an den komischen Lügendetektor, weil wir sowieso sagten, dass uns die Session nichts gebracht hatte. Außer Kichern nichts gewesen. Die armen Session-Leiter wurden immer hilfloser, wenn sie mit uns arbeiten sollten.
    Nach Feierabend gab es dann in unserer Clique nur noch ein Gesprächsthema: H. Mit einigen redete ich auch übers Abhauen.
    Nach zwei Wochen bei Narkonon hatte ich dann einen Fluchtplan ausgearbeitet. Mit zwei Jungs tarnten wir uns als das große Saubermachkommando. Mit Mülleimer, Schrubber und Eimer kamen wir durch alle Türen. Wir drei waren total happy. Wir machten uns fast in die Hose aus Vorfreude auf den Druck. An der U-Bahn trennten wir uns. Ich fuhr zum Bahnhof Zoo, um Detlef zu treffen.
    Detlef war nicht da. Aber Stella. Sie brachte sich bald um vor Begeisterung, mich wiederzusehen. Sie erzählte, dass Detlef von niemandem gesehen worden sei in letzter Zeit. Ich fürchtete, dass er im Knast war. Stella sagte, dass es auf dem Bahnhof ganz mies sei mit Freiern. Wir fuhren zum Autostrich Kurfürstenstraße. Da war auch nichts los. Wir rannten von der U-Bahn Kurfürstenstraße bis zum Lützowplatz, bevor endlich einer anhielt. Wir kannten den Wagen und den Typen. Er war uns schon öfter hinterhergefahren. Auch wenn wir zu einer Toilette gingen, um uns einen Druck zu machen. Wir hatten ihn immer für einen Zivilbullen gehalten. Aber er war nur ein Freier, der sich total auf blutjunge Fixerbräute spezialisiert hatte.
    Er wollte nur mich, aber Stella durfte mit einsteigen.
    Ich sagte: »Fünfunddreißig für französisch. Bei mir ist nur französisch drin.«
    Er sagte: »Ich gebe dir hundert Mark.«
    Ich war total perplex. Das war mir noch nie passiert. Die Freier in den dicksten Mercedessen schissen sich an wegen fünf Mark. Und dieser Typ in einem total verrosteten Volkswagen gab freiwillig hundert. Er sagte dann, er sei Offizier des Bundesnachrichtendienstes. Ein totaler Spinner also. Aber diese ausgeflippten Hochstapler waren die besten Freier, weil sie eben auch mit Geld aufschneiden wollten.
    Er gab mir dann auch tatsächlich hundert Mark. Stella kaufte gleich Dope und wir machten uns im Wagen erst mal einen Druck. Wir fuhren zur Pension Ameise. Stella blieb auf dem Flur. Ich ließ mir Zeit mit dem Typen, weil ich total breit war von dem ersten Schuss nach zwei Wochen. Und weil er ja anständig bezahlt hatte. Ich war so breit, dass ich gar nicht wieder von der schmalen Liege in diesem mistigen Pensionszimmer hochwollte.
    Ich quatschte noch ein bisschen mit dem Typen. Er war ein echt ulkiger Aufschneider. Zum Schluss sagte er, dass er zu Hause noch ein halbes Gramm Heroin habe. Das würde er uns geben, wenn wir in drei Stunden wieder auf der Kurfürstenstraße wären. Dann staubte ich noch dreißig Mark von ihm ab. Ich sagte, wir brauchten die, um mal richtig essen zu gehen. Und ich wüsste ja, dass er urisch Kohle habe und den alten VW nur zur Tarnung führe, weil er bei der Spionage sei. Da konnte er gar nicht anders und musste mir das Geld geben.
    Stella und ich fuhren wieder zum Bahnhof Zoo, weil ich die Hoffnung nicht aufgab, Detlef noch zu treffen. Da kam plötzlich ein kleiner schwarz-weißer wuscheliger Hund auf mich zugerannt und sprang an mir hoch. Ich musste den Hund wohl an irgendjemanden erinnert haben. Ich fand den Hund wahnsinnig. Er sah aus wie ein zu klein geratener nordischer Schlittenhund. Ein ziemlich abgerissener Typ kam hinter dem Hund her und fragte tatsächlich, ob ich das Tier kaufen wolle. Ich wollte sofort. Er wollte siebzig Mark haben, aber ich handelte ihn noch auf vierzig runter. Ich war breit und total happy mit dem Hund. Ich hatte also wieder einen Hund. Stella sagte, ich solle ihn Lady Jane nennen. Da nannte ich ihn Janie.
    Wir aßen in einem Restaurant an der Kurfürstenstraße Kotelett mit Beilagen und Janie bekam die Hälfte ab. Der Typ von der Spionage kam tatsächlich pünktlich und

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