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Wir Kinder von Bergen-Belsen

Wir Kinder von Bergen-Belsen

Titel: Wir Kinder von Bergen-Belsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hetty E. Verolme
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einundzwanzig Mal. Der Krach war unerträglich. Wir hielten uns die Ohren zu, aber es nützte nichts. Die Erde bebte, die Luft war erfüllt mit schwarzem, stinkendem Rauch, aber dann war es auch vorbei und es wurde wieder ruhig. Die Soldaten senkten die Kanonen, bedeckten sie mit Hauben und der Lastwagen kam zurück, um sie abzuholen.
    Innerhalb einer Stunde war das Feld leer, außer zwanzig Haufen leerer, schimmernder Messinghülsen, die von den Kanonen nach jedem Schuss ausgespuckt worden waren. Wir liefen hin, um sie uns genauer anzuschauen, und ein paar Leute hoben welche als Souvenir auf. Max, Jackie und ich taten es ihnen nach, jeder von uns nahm eine der Hülsen, die uns das Ende des Krieges verkündet hatten. Ich fand sie zu schwer, aber Iesie übernahm das für mich und trug sie in mein Zimmer. Da saß ich dann und streichelte die schimmernde Hülse und versuchte mir die Zerstörungen vorzustellen, die sie verursachen konnte. Diese Hülse aber hatte uns die Freiheit verkündet, und ich hob sie hoch und küsste sie.
    Eine Woche nach Kriegsende erfuhr ich, dass die Russen ihre Leute sofort zurückholen wollten. Polnische und ukrainische Ex-häftlinge konnten ebenfalls ihre Rückkehr beantragen. Sie bekamen achtundvierzig Stunden Zeit, der Zug sollte abends um sieben Uhr den Bahnhof Celle verlassen. Wir hatten es zuerst vom Lagertelegraphen gehört, doch dann schickte das Rote Kreuz Boten mit genaueren Angaben. In unserem Kinderhaus gab es niemanden, der zurückkehren wollte, und auch Schwester Luba hatte noch keinen Gedanken daran verschwendet. Am nächsten
    Tag wurde es ruhiger bei uns, es war nicht mehr so voll, eine ganze Menge Menschen mussten nach Russland und Polen zurückgekehrt sein.
    Nun, da der Krieg vorüber war, hatten die Soldaten weniger Dienst und stattdessen mehr freie Zeit. Viele von ihnen besuchten das Kinderhaus, sie brachten Geschenke und Süßigkeiten mit. Sie stellten eine Tischtennisplatte auf dem Feld auf und Jackie wurde ein richtiger Experte in Sachen Tischtennis.
    Eines Tages kam ein Filmteam. Ich war als Einzige da und saß wie üblich auf meinem Stuhl in der Diele. Sie baten mich, hinauszukommen auf die Schaukel, wo mich ein netter Soldat sanft anstieß. Nach einer Weile musste ich ihn bitten, aufzuhören, mir wurde schwindlig. Ich hatte mich noch immer nicht völlig erholt, obwohl ich nun viel besser aß. Die Kinder, die bis dahin unsichtbar gewesen waren, tauchten plötzlich wie durch Zauberhand auf. Sie wollten alle geschaukelt werden, um Filmstars zu werden. Ich ging zu Schwester Luba, sie war das Herz des Kinderhauses und musste unbedingt dabei sein. Die Filmcrew richtete die Kameras auf die Tischtennisplatte, wo Jack wie ein Profi spielte. Max, der zuschaute, erklärte Jacks Gegenspieler, wie er spielen solle. Aber Jack spielte einfach toll.
    Das Wetter war nicht so gut, und ich fühlte, wie die Kälte in mir aufstieg, deshalb beschloss ich hineinzugehen, gerade als die Kameraleute Schwester Luba eine große Glocke in die Hand drückten, um zu läuten, damit die Kinder wieder ins Haus gingen. Ich wurde fast überrannt, als die Kinder bei diesem Klang durch die Tür rannten. Die Filmleute verlangten, dass diese Szene mehrmals wiederholt wurde. Schließlich waren sie zufrieden, packten ihre Sachen zusammen und gingen wieder.
    Die Tage und Wochen gingen vorbei und langsam wurden wir kräftiger. Unsere Wangen wurden runder, unsere Körper voller. Die warmen, sonnigen Tage halfen uns, bis zu einem gewissen Ausmaß physisch und psychisch zu gesunden. Manchmal konnte man ein Kind nachts schreien hören, aber langsam tauchten wir aus den traumatischen und entsetzlichen Erfahrungen auf, die wir bis vor einem Monat hatten durchmachen müssen. Auch ich hatte mich inzwischen überzeugen lassen, dass die SS nicht zurückkommen würde und wir außer Gefahr waren.
    Ich hatte Jaap ein paar Mal gefragt, wann wir, seiner Meinung nach, heimkehren könnten, aber er hatte gelächelt und gesagt, ich solle geduldig sein. Ich bewunderte Jaap, alle Kinder taten es. Wir drängten uns um ihn, wenn er kam, und hatten ein Gefühl des Verlustes, wenn er ging.
    Schon vorher hatte er uns gesagt, wir sollten Briefe an Leute schreiben, denen wir mitteilen wollten, dass wir noch lebten. Ich hatte einen Brief an Familie Pomstra in Amsterdam geschickt und ihnen berichtet, wo wir waren, auch von unseren Sorgen bezüglich unserer Eltern und unseren Zweifeln, ob sie noch am Leben waren. Jaap hatte alle Briefe

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