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Wir Kinder von Bergen-Belsen

Wir Kinder von Bergen-Belsen

Titel: Wir Kinder von Bergen-Belsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hetty E. Verolme
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erste Soldat in Schach hielt, verlangte der andere unsere Papiere und wollte wissen, wohin wir gingen.
    »Keine Papiere, Kinder aus dem Kinderhaus, Bergen-Belsen«, sagte ich.
    Das schien ihm etwas zu sagen, denn er drehte sich um und rief etwas in die Richtung eines scheinbar leeren Feldes. Sechs andere Soldaten tauchten auf und kamen mit angelegten Gewehren auf uns zu. Sie bildeten einen Kreis um uns und ein Soldat, der aussah, als sei er der Befehlshabende, fragte grob: »Wohin geht ihr und wer seid ihr?«
    Ich erschrak und begann zu zittern. Iesie sagte: »Wir sind die Kinder vom Kinderhaus in Bergen-Belsen.«
    Die Soldaten diskutierten die Antwort, dann sagte einer: »Geht, geht, geht!« Dabei deutete er in die Richtung unserer Häuser.
    Das musste man uns nicht zweimal sagen - wir rannten, so schnell uns unsere Füße trugen. Offensichtlich waren wir, ohne es gemerkt zu haben, einer Kontrollpatrouille in den Weg gelaufen. Wir hatten einfach nicht daran gedacht, dass noch immer Krieg herrschte, und mussten die Demarkationslinie jener vierzig Quadratkilometer überschritten haben, die den Engländern von den Deutschen kampflos übergeben worden waren, bevor Bergen-Belsen befreit wurde.
    Außer Atem liefen wir am Friedhof vorbei, und als wir in der Ferne den englischen Wachposten sahen, wussten wir, dass wir nicht mehr weit von unserem Camp entfernt waren. Wir sagten uns immer wieder, was wir für ein Glück gehabt hatten. Wir sahen schon die Zelte der Soldaten, als wir plötzlich hinter uns ein Motorrad hörten. Wir schauten über die Schulter zurück, und als der Soldat auf dem Motorrad näher kam, hörten wir ihn rufen: »He, he!«
    Wir warteten keine Sekunde, sondern fingen wieder an zu rennen, aber der Soldat hörte nicht auf zu rufen: »He! He, Kinder! «
    Iesie musste die Stimme erkannt haben, denn er drehte sich um und rief dann laut: »Hetty, es ist Onkel Tinus, von dem ich dir schon erzählt habe.«
    Wir blieben stehen und wandten uns Onkel Tinus zu, aber aus sicherer Entfernung.
    Der Soldat bremste, stieg aber nicht vom Motorrad.
    »Children«, rief er, »the war is over.«
    Wir schauten uns an, konnten aber nicht verstehen, was er meinte. Onkel Tinus hob seinen Arm, als wäre er ein Gewehr, und rief laut: »Peng, peng, peng, vorbei!«, und winkte wieder.
    Max war der Erste, der es kapierte.
    »Hetty«, rief er, »der Krieg ist aus.«
    Iesie rannte zu Onkel Tinus und rief: »Peng, peng, vorbei?«
    »Ja, ja«, sagte Onkel Tinus, dann ließ er sein Motorrad wieder an und fuhr schnell weiter, um die gute Nachricht zu verbreiten.
    Wir hüpften herum vor Glück und schrien uns die Kehlen heiser. Dann rannten wir in Richtung unseres Hauses, und als wir an den englischen Zelten vorbeikamen, verkündigten wir laut die gute Nachricht.
    »The war is over, the war is over«, riefen wir Schwester Luba zu, als wir in ihr Zimmer platzten, aber wir mussten es auf Deutsch übersetzen, denn sie verstand nicht, was wir ihr zu sagen versuchten. Was für ein Glück! Wir lachten, wir küssten uns, wir sangen. Alle unterdrückten Gefühle brachen aus uns heraus, und wir dankten Gott dafür, dass er unser Leben gerettet hatte.
    Am nächsten Tag wurden auf dem Feld vor unserem Haus zwanzig Kanonen in zwei Reihen aufgestellt, je zehn einander gegenüber. Wir erfuhren, dass da eine offizielle Feier zum Kriegsende stattfinden würde. Am Morgen danach kamen Lastwagen, Soldaten luden Munition ab und stapelten sie neben jede Kanone. Ohne dass man es ihnen sagen musste, hielten sich die Kinder in sicherer Entfernung von den gefährlich aussehenden Geschützen, aber wir beobachteten jede Bewegung der Soldaten.
    Um sechs Uhr abends stellten wir uns auf, um die Schau zu sehen. Jeeps mit hochrangigen Offizieren kamen, um dem Salut zum Kriegsende beizuwohnen. Es gab weder eine Bühne noch Mikrophone, und wir konnten kaum verstehen, was gesprochen wurde. Danach jedenfalls jubelten alle britischen Soldaten laut, eine Trompete spielte »The Last Post« und dann herrschte für zwei Minuten absolute Stille. Genau um sieben Uhr wurde ein Kommando gegeben und ein Soldat schwenkte eine weiße Fahne. Die Soldaten, die neben diesen gefährlich aussehenden Kanonen Wache gestanden hatten, traten nun in Aktion und luden die Geschütze mit geübten Bewegungen. Wieder erklang ein Befehl und die Nasen der ersten zehn Kanonen wurden himmelwärts gerichtet und feuerten gleichzeitig. Sofort danach kamen die nächsten zehn dran. Jede Kanone feuerte

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