Wir kommen von der Presse
davon erzählt!« meinte Frau Krauß. »Na, dann weißt du ja auch den Grund dafür.«
»Natürlich«, sagte Klaus, »aber es war auch meine Schuld, daß sie gestern ein bißchen später nach Hause gekommen ist. Und deshalb möchte ich das Ausgehverbot gemeinsam mit ihr absitzen. Ist doch klar: Gemeinsame Schuld — gemeinsame Strafe.«
Frau Krauß war so verblüfft, daß sie zunächst keine Worte fand. Beinahe hilfesuchend blickte sie ihre Tochter an.
»Das stimmt, Mutti«, sagte Ute schnell. »Ich will Klaus nicht verpetzen, aber er ist wirklich mitschuldig.«
Frau Krauß war froh, daß gerade in diesem Augenblick das Telefon in der Diele klingelte. So brauchte sie wenigstens nicht sofort etwas zu erwidern.
Während die Mutter eilig das Zimmer verließ, knuffte Ute Klaus in die Seite. »Mensch, du kommst auf Ideen! Bin gespannt, was sie jetzt macht!«
Das Telefongespräch dauerte nur ein paar Minuten. Als Frau Krauß wieder ins Kinderzimmer kam, lachte sie und sagte: »Jetzt sitze ich ganz schön in der Klemme. Ich werde sozusagen von dir erpreßt, Klaus. Da ich nicht das Recht habe, dich mit Ausgehverbot zu bestrafen, muß ich Ute die Strafe wohl oder übel erlassen. Also: von mir aus könnt ihr jetzt abhauen.«
»Hurra!« riefen Ute und Klaus wie aus einem Munde. Ute sprang sofort auf und rannte fröhlich an der Mutter vorbei, Klaus folgte ihr langsam.
Beim Hinausgehen sagte er leise zu Frau Krauß: »Das war prima von Ihnen, ehrlich! Und heute wird es bestimmt nicht spät, da können Sie sich drauf verlassen.« Im Treppenhaus fiel ihm plötzlich ein, wie er sich gestern abend so phantasievoll vorgestellt hatte, er wäre der Retter der Kolonie »Felizitas«. So ein großartiger Kerl, dachte er, wird man in Wirklichkeit ja doch nie. Aber dafür hab’ ich ein armes, eingesperrtes Mädchen aus dem Gefängnis befreit. Und das ist doch immerhin auch etwas!
Der Baumensch Meier
Einige Tage danach machten sich Ute und Klaus auf den Weg zu dem Architekten, von dem Herr Neubert kurz gesprochen hatte.
»Weißt du überhaupt, wo dieser Baumensch wohnt?« fragte Ute schon nach wenigen Schritten.
Es stellte sich heraus, daß sie es beide nicht wußten. Einer hatte sich auf den anderen verlassen. Doch Klaus fand rasch eine Lösung. Sie gingen einfach in die nächste Telefonzelle und blätterten im Telefonbuch nach. Als sie die richtige Seite gefunden hatten, stöhnte Klaus auf. »Was? So viele Leute heißen Meier? Hätt’ ich nicht gedacht. Wie sollen wir da den richtigen finden?«
»Manchmal steht auch der Beruf dabei«, meinte Ute. »Wir müssen nach dem Architekten Meier suchen.« Und sie beugten sich beide über das Telefonbuch und gingen die Spalten durch.
Endlich fanden sie den richtigen Meier. Waldallee 10 wohnte er. Ute kannte die Straße zufällig.
Sie kamen auf ihrem Weg an einer riesigen Baustelle vorbei. Auf einem Schild war zu lesen: »Hier baut die Stadt eine neue Schule mit Turnhalle.«
»Ausgerechnet ‘ne Schule!« Klaus ärgerte sich. »Als ob es nicht schon genug Schulen auf der Welt gäbe!«
»Genau!« sagte Ute. »Womöglich sind deswegen sogar extra ein paar Häuser abgerissen worden. Und sicherlich haben darin Leute gewohnt, die gern darin wohnen geblieben wären.«
Darüber dachte sie noch einige Zeit nach, bis sie auf einmal fragte: »Geht es dir auch so? Seit wir Reporter sind, denk’ ich öfter über Dinge nach, die mir früher nicht im Traum eingefallen wären.«
Ja, Klaus war das auch schon aufgefallen, und er fand, daß das eigentlich ganz gut war.
Als sie die Waldallee erreichten, fiel ihnen gleich am Anfang der Straße ein Verkehrsschild auf: »Keine Durchfahrt — nur für Anlieger!«
Still und einsam lag die Allee vor ihnen. Nur wenige Autos parkten am Straßenrand. Zu beiden Seiten standen hinter säuberlich geharkten Vorgärten weiße Häuser mit breiten Eingängen, breiten Fenstern und auffallend breiten Garagentoren.
Und dann standen sie vor dem Haus Nummer 10. Neben der Haustür sahen sie ein großes, blinkendes Messingschild: »M. M. Meier — Architekt«.
Klaus gefiel das langgestreckte flache Haus gar nicht. »Sieht aus wie ein Schuhkarton mit ein paar viereckigen Löchern darin.«
Aufmerksam betrachteten sie den Garten vor und neben dem Haus, wie es ihnen Herr Neubert geraten hatte. Doch sie fanden nichts Sonderbares daran, höchstens, daß er vielleicht langweiliger aussah als die anderen Vorgärten. Eine gleichmäßige Rasenfläche mit einigen
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